Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out
Entsorgungsdienst so?«
»Das dürfte vom Objekt und den Umständen abhängen. Aber so eine Angelegenheit ist immer verdammt brenzlig. Zehn Millionen wird man schon locker machen müssen, schätze ich mal. Wie viel würdest du denn nehmen, solltest du einsteigen?«
»Tja, ich würde auch so zehn Millionen sagen.«
»Na, na, nicht so raffgierig, gleich von Anfang an.« Soga warf dem jüngeren Jūmonji einen strengen Blick zu. Der lachte verlegen.
»Gut, dann neun Millionen?«
»Auch in diesem Geschäft herrscht Preiswettbewerb. Mach’s für acht, das sieht besser aus!«
»… wenn’s denn sein muss.« »Und für jeden Auftrag, den ich dir vermittle, kassiere ich die Hälfte, klar?«
»Ist das nicht ein bisschen viel?«
Soga grinste, als er sah, wie Jūmonji die Stirn runzelte. »Vielleicht. Na, dann will ich mal nicht so sein – sagen wir drei Millionen, okay?«
»Okay.«
Soga nickte zufrieden, und Jūmonji rechnete alles im Kopf durch. Von den restlichen fünf Millionen würde er selbst drei kassieren, blieben zwei für Masako. Jemand wie Kuniko war zu gefährlich, sie durfte man gar nicht erst fragen. Die Zerlegung der Leiche würde er Masako und dieser Yoshië überlassen. Wie Masako ihren Anteil von zwei Millionen dann weiter aufteilte, war ihre Sache.
»Gut. Solche Dienste werden gar nicht so selten verlangt, wenn ich also in nächster Zeit etwas höre, steige ich sofort ein, klar? Aber bau mir ja keinen Mist, wenn’s so weit ist, hast du kapiert? Ich hab schließlich ein Gesicht zu verlieren, du weißt, was das bedeutet.«
»Bevor ich’s nicht versucht habe, kann ich zwar nicht sagen, wie’s laufen wird, aber ich glaube, es geht in Ordnung.«
»Das willst du wohl hoffentlich nicht von der Sache im Koganei-Park behaupten, Akira, oder etwa doch?«
»Nein, keine Sorge.« Jūmonji schüttelte weiter den Kopf, obschon ihm Sogas Scharfsinn insgeheim einen gehörigen Schrecken eingejagt hatte. Aber immerhin, die Saat war erst einmal gelegt. Jetzt hing alles davon ab, Masako zu überzeugen.
3
Rosa Schinken. Rote Rinderschulter, von weißen Sehnen durchzogen. Zart pfirsichfarbene Schweinehüfte. Gehacktes halb und halb, fein gekörnt in Rot, Blassrosa und Weiß. Dunkelrote Geflügelinnereien mit gelbem Fett.
Masako schob ihren Einkaufswagen an der Fleischtheke im Supermarkt entlang. Sie konnte sich nicht entscheiden, was sie nehmen sollte, sie war zu unkonzentriert. Ihr war nicht einmal mehr klar, wozu sie eigentlich hier war. Masako blieb stehen und starrte in ihren Einkaufswagen. Auf dem Gestell aus Edelstahl thronte ein blauer Plastikkorb. Natürlich herrschte immer noch gähnende Leere darin. Sie war hergekommen, um Sachen fürs Abendessen zu besorgen, doch in letzter Zeit war es ihr lästig geworden, sich einen Speisenplan zu überlegen und zu kochen.
Ein fertiges Abendessen war der Beweis für die Existenz einer Familie. Yoshiki, der es lange gewohnt war, dass sie mitverdiente, würde sich wahrscheinlich nicht beschweren, wenn das Essen einmal nicht auf ihn wartete. Aber er würde sie fragen, warum sie nicht gekocht hatte. Und wenn sie ihm keinen triftigen Grund dafür nennen konnte, würde er Masako für nachlässig halten. Nobuki hatte seinen Mund wieder fest verschlossen wie eine Muschel ihre Schale, nachdem er ihn vor dem Inspektor so unverfroren aufgerissen hatte, aber essen wollte er selbstverständlich immer noch zu Hause.
Männer verfügten nach Belieben über ihre Zeit, aber abends, als wäre das eine Art Fixpunkt in ihrem Leben, kamen sie in dem Glauben heim, einen gedeckten Tisch vorzufinden. Masako fand dieses naive Vertrauen der Männer erstaunlich. Wenn sie alleine wäre, würde sie sich nicht groß ums Essen kümmern, aber in ihrem Leben mit Familie war es ihr zur Gewohnheit geworden, vor dem Kochen immer erst zu überlegen, wer was mochte oder nicht mochte. Sie richtete sich mit dem Abendessen ganz nach dem Geschmack der anderen, doch die beiden bemerkten das nicht einmal, für sie war es selbstverständlich. Obwohl sie drei inzwischen so wenig miteinander zu tun hatten, dass man sie kaum mehr als Familie bezeichnen konnte, war die Rollenverteilung unverändert geblieben, und die Pflichten lasteten immer noch schwer
auf Masako. Dabei kam ihr das alles wie vergebliche Mühe vor, so als würde sie mit einem löchrigen Eimer Wasser schöpfen. Wie viel Wasser wohl bisher schon zu Boden geflossen und versickert war? All die Dinge, die sie bisher wie selbstverständlich
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