Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out
Frau also, doch ihre reine weiße Haut war ihr ganzer Stolz, deshalb trug sie eine tief ausgeschnittene Bluse, die ihren Hals und Brustansatz freigab, und als Make-up nur tiefroten Lippenstift. Um ihren langen weißen Hals trug sie eine Kette mit einem kunstvoll gravierten Jadeanhänger und einer großen Goldmünze. Sie schien sich gerade eine Zigarette angezündet zu haben, denn als sie sich zum Gruß leicht vor Satake verbeugte, stieß sie den Rauch aus.
»Verzeihen Sie, dass ich Ihnen die Zeit stehle.«
»Keine Ursache, Sie rufen, ich komme, wann immer Sie wünschen.«
Er bemerkte sehr wohl die Koketterie in ihrem Ton, ließ es sich aber nicht anmerken und setzte sich. Zufrieden schaute er sich in seinem Nachtclub um. Die Einrichtung war im Grundton Dunkelrosé gehalten, die Möblierung im Rokoko-Stil. Im Eingangsbereich standen die Karaoke-Anlage, ein weißes Klavier und vier
Tische. Dahinter ging es eine Stufe hinab zum Hauptbereich mit zwölf Tischen – alles in allem ein Shanghai-Club von passabler Größe. Lì-huá wandte sich Satake zu, wobei sie die Hände mit den weißen, schlanken Fingern faltete. An einer Hand leuchtete ein weiterer großer Jadestein. Wie um ihre Erwartungen zu durchkreuzen, deutete Satake auf die großen Blumenvasen, die an verschiedenen Stellen des Raumes aufgestellt waren.
»Lì-san, so geht das aber nicht! Das Blumenwasser muss regelmäßig ausgetauscht werden, sorgen Sie dafür!«
Casablanca-Lilien, Rosen, Orchideen – allesamt edle, luxuriöse Blumen, doch ließen sie die Köpfe hängen, da das Wasser trübe und faul geworden war.
»Wie? Ah, ja.« Lì-huá folgte seinem Blick.
»Und vergessen Sie nicht, die Stängelenden abzuschneiden!«
Er hatte die Mahnung lächelnd ausgesprochen, insgeheim ärgerte ihn Lì-huás mangelnde Sorgfalt in diesen Dingen jedoch ständig. Aber mit dem Gedanken, dass eine ähnlich geschäftstüchtige Frau wie sie schwer zu finden sein dürfte, wandte er sich ihr wieder zu.
Lì-huá wollte offenbar das Thema wechseln und fragte mit einem süßen Lächeln: »Was wollten Sie mit mir besprechen? Geht es um den Umsatz?«
»Nein, um einen Gast. Es scheint da in letzter Zeit Probleme gegeben zu haben, nicht wahr?«
»In welcher Hinsicht?« Lì-huá machte ein Gesicht, als durchforstete sie rasch ihr Gedächtnis.
»Anna hat mir davon erzählt.« Satake lehnte sich vor. Er spürte, wie eine Welle der Anspannung Lì-huá durchlief. Anna Lee aus Shanghai war die Top-Hostess des »Mika«, die Haupteinnahmequelle des Clubs. Satake nahm Anna sehr ernst, er fürchtete, dass sie ihm abgeworben wurde, und tat alles, um das sie ihn bat.
»Anna-chan? Was hat sie denn gesagt?«
»Es geht um einen Gast, der Yamamoto heißt.«
»Yamamoto? Der Name kommt häufiger vor... Ach ja, ich glaube, ich weiß, wen sie meint«, nickte Lì-huá, als erinnere sie sich jetzt. »Den Gast, der sich bis über beide Ohren in Anna-chan verliebt hat, nicht wahr?«
»Ja, das sagte sie. Es ist zwar schön, wenn er sein Geld bei uns lässt, aber er scheint Anna auf dem Heimweg aufzulauern und ihr nachzustellen.«
»Wirklich?« Lì-huá lehnte sich zurück, als hörte sie das zum ersten Mal.
»Ja. Und gestern rief sie mich an, dass er sogar vor ihrer Wohnung gestanden habe. Weiß der Himmel, wie er ihre Adresse herausbekommen hat.«
»Wie unangenehm! Ein Habenichts also!« Lì-huá war offenkundig fassungslos.
»Scheint so. Der Kerl ist wohl noch zu blöd dazu, seine Ausgaben hier als Spesen abzusetzen. Sorgen Sie deshalb bitte dafür, dass er wieder verschwindet; wenn er das nächste Mal hier auftaucht, lassen Sie ihn am besten gar nicht erst herein. Ich will nicht, dass Anna sich mit so einem armen Schlucker abgeben muss.«
»Ja, verstehe – aber wie soll ich das machen?«
»Lassen Sie sich was einfallen, das ist schließlich Ihre Aufgabe als Mama-san!«, ließ Satake sie kalt abblitzen. Lì-huá presste die Lippen aufeinander, als wäre sie aus einem Traum erwacht und wieder auf dem harten Boden der Tatsachen angekommen. Augenblicklich verwandelte sich ihre Miene in aufmerksame Geschäftsmäßigkeit.
»Verstehe. Ich werde es dem Manager einschärfen.«
Auch der Manager war Taiwanese, ein junger Mann, der jedoch seit gestern wegen einer Erkältung fehlte.
»Und rufen Sie ihr in Zukunft ein Taxi, wenn sie den Club ohne Begleitung eines Gastes verlässt!«
»Ja, Sie können sich auf mich verlassen.« Lì-huá nickte ein paar Mal. Für Satake war das Gespräch damit
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