Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
Vom Netzwerk:
zur Genüge gelitten. Sie wusste, dass das Verfolgungswahn war, aber sie fürchtete immer noch, was die Leute über sie reden könnten.
    »Sie fragen sich sicher, wie viel ich weiß, Frau Yamamoto, nicht wahr?« Satō lachte. Diesmal war es echt. Ein hämisches Lachen. »Keine Sorge, ich weiß alles.«
    »Was denn, was wissen Sie? Reden Sie nicht so sonderbar daher!« Ängstlich schaute sie zu dem Mann auf der anderen Tischseite hinüber. Sogar die naive, unerfahrene Yayoi ahnte, dass dieser Satō gefährlich war, an nichts und niemanden gebunden, und dass er eine Menge Gräuel und Freuden erlebt haben musste, die jenseits ihres eigenen Vorstellungsvermögens lagen. Ihre Wege hätten
sich sicher nie zufällig gekreuzt. Der Mann kam aus einer völlig anderen Welt; da verwunderte es sogar, dass sie dieselbe Sprache sprachen. Und mit einem solchen Mann hatte Kenji sich angelegt … Yayoi bewunderte ihren toten Ehemann schon fast dafür.
    »Was glotzen Sie so?« Satō sah ihren abwesenden Blick und grinste böse.
    »Wenn Sie so sonderbar daherreden...«, wiederholte Yayoi. Satō legte die Hand ans Kinn, als müsse er überlegen, was er sagen sollte. Der Anblick seiner langen, feingliedrigen Finger warYayoi zuwider.
    »An jenem Abend ist Ihr Mann nach dem Streit mit mir nach Hause gekommen. Dann haben Sie ihm dort in der Diele still und leise den Hals umgedreht. Die Kinder haben zwar etwas davon mitbekommen, aber Sie haben ihnen eingeschärft, den Mund zu halten. Ihr ältester Sohn, wie heißt er doch gleich, ja richtig, Takashi …«
    »Woher wissen Sie das, wieso kennen Sie seinen Namen!«, schrie Yayoi entsetzt.
    »Sie sind ja wirklich so naiv, wie ich gehört habe!« Sichtlich entzückt betrachtete Satō Yayois Gesicht. »Sie sind zwar schon etwas in die Jahre gekommen, aber wenn man die unschönen Spuren des Lebens nur ein wenig beseitigen würde, wären Sie sicher der Renner in jedem Etablissement, hübsch und lieb, wie Sie sind!«
    »Hören Sie auf!« Yayois Stimme wurde schrill. Ihr war, als habe man ihr mit dreckigen Fingern über die Wange gestrichen. Es war eine Hostess aus dem Nachtclub dieses Mannes gewesen, die ihr Kenjis Herz gestohlen hatte, erinnerte sie sich auf einmal, und die Zornesröte schoss ihr ins Gesicht.
    »Was ist?« Satō beobachtete Yayois Verwandlung. »Ist Ihnen etwas eingefallen?«
    »In Ihrem Club ist meinem Mann übel mitgespielt worden!«
    »Ach Gottchen«, seufzte Satō. »Sie haben ja gar keine Ahnung, was Ihr Mann da draußen gemacht hat. Sie haben sich Ihr hübsches Köpfchen doch noch nie darüber zerbrochen, wie Ihr Mann nach außen hin wirkt. Und dass Sie eine Mitschuld treffen könnte, wenn Sie davon nichts wissen, darüber haben Sie erst recht nicht nachgedacht. Tja, ja, als Hausfrau hat man’s gut, da kann man sich alles schön einfach machen!«

    »Aufhören!« Yayoi hielt sich die Ohren zu. Satōs Mund versprühte pausenlos Gift. Gift von einer Sorte, deren Geschmack ihr vollkommen fremd war. Gift und Galle der Außenwelt.
    »Ich wiederhole mich ungern, aber wenn Sie weiter so schreien, wird man Sie draußen hören, und das wollen Sie doch sicher nicht, wo Sie ohnehin schon im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stehen. Sie müssen schließlich an die Zukunft Ihrer Kinder denken!«
    »Woher kennen Sie den Namen meines Sohnes?«, fragte Yayoi flehentlich und mit einigermaßen gesenkter Stimme, da es um die Kinder ging.
    »Ja, ist Ihnen das denn immer noch nicht klar?« Satō machte ein mitleidiges Gesicht.
    Da fiel es Yayoi wie Schuppen von den Augen: »Hat womöglich... Frau Morisaki?«, fragte sie, und als sie sah, dass Satō stumm blieb, füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Sie hat mich verraten.«
    »Verraten?«, wiederholte Satō verständnislos. »Ihre Arbeit hat sie gemacht, das ist alles. Etwas anderes hatte sie sowieso nie vor.«
    Ihre Arbeit! Dann hatte sie ihr das alles also nur vorgegaukelt. Yayoi erinnerte sich, dass Masako von Anfang an etwas gegen Yōko Morisaki gehabt und ihr nicht über den Weg getraut hatte. Ich bin wirklich zu gutgläubig, dachte Yayoi voller Selbstmitleid und weinte still vor sich hin.
    »Das Heulen nutzt dir jetzt auch nichts mehr«, sagte Satō leise.
    »Ja, aber...«
    »Nichts ja aber! Jetzt ist Schluss damit!«, brüllte Satō sie an, und Yayoi hob erschrocken das verweinte Gesicht. »Ich weiß auch, dass du deine Freundinnen gebeten hast, dir deinen Mann zu zerstückeln!«
    Wortlos starrte Yayoi auf den Ringfinger

Weitere Kostenlose Bücher