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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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dieses Geschäft einzusteigen,
nach einigem Zögern zu ihr gesagt: »Und mit dir fahr ich sogar zur Hölle.« Ob ihre Endstation wirklich die Hölle war? Masako musste sich an der Sofalehne abstützen. Weniger die Erschöpfung als vielmehr die Vergeblichkeit all ihres Tuns ließ sie mutlos zusammenknicken.
    Plötzlich klingelte Jūmonjis Handy. Masako starrte eine Zeit lang unschlüssig darauf, ehe sie sich dazu durchringen konnte abzunehmen.
    Am anderen Ende der Leitung blieb es eine Weile still. Masako gab keinen Mucks von sich und lauschte.
    Endlich sagte jemand: »Du bist der Nächste!«
    Masako erwiderte mit dunkler Stimme: »Hallo?«
    Für einen Moment schien der Mann am anderen Ende überrascht. Er schwieg.
    »Satake«, nannte sie ihn kurz entschlossen beim Namen.
    »Masako Katori?«, erwiderte Satake gepresst. Ein heller, fast freudiger Ton schwang in seiner Stimme mit, so als habe er nur darauf gewartet, endlich mit Masako zusammenzutreffen.
    »So ist es.«
    »Na, wie fühlt man sich beim Leichenzerstückeln?«
    »Warum sind Sie hinter uns her?«
    »Ich bin hinter dir her.«
    »Weshalb?«
    »Weil du ein unverschämtes Weib bist. Ich werd’s dir schon zeigen! Du wirst dir noch wünschen, diese Welt verlassen zu dürfen, darauf kannst du dich gefasst machen!«
    »Sparen Sie sich die Mühe!«
    Satake lachte. »Du wirst die Nächste sein. Jūmonji kannst du ausrichten, ich hätte ihn um einen Platz zurückgesetzt!«
    Sie hatte diese Stimme schon einmal gehört. Aber kaum dass Masako begonnen hatte, in Windeseile die Tiefen ihres Gedächtnisses zu durchforsten, legte Satake auf.

3
    Sie hatte die Stimme noch im Ohr. Sie musste sie vor ganz kurzer Zeit und in unmittelbarer Nähe gehört haben. Masako sprang auf. Sie schnappte sich die Daunenjacke, die auf dem Sofa lag, warf sich die Handtasche um
die Schulter und rannte aus dem Haus. Der Motor ihres Wagens war noch warm.
    Sie hatte Satake schon mehrfach getroffen, davon war sie überzeugt, aber es fehlte ein sicherer Beweis, und den wollte sie sich beschaffen. Und zwar, während dieser Kerl noch schlief.
    Satō, der Wachmann. Wenn er Satake war, wurde alles plausibel: Er hatte Kuniko unauffällig kennen lernen und auch mit ihr ins Gespräch kommen können, während er sie zur Fabrik begleitete. Außerdem war es genau die richtige Arbeit, um Masako selbst beobachten zu können.
    Sie erinnerte sich daran, wie Satō sie am Anfang auf dem Parkplatz so lange mit der Taschenlampe angeleuchtet hatte. Damit hatte er sich ihr Gesicht einprägen wollen. An die Feindseligkeit in seinen Augen, als sie auf dem Gehweg zur Fabrik abrupt zu ihm herumgefahren war und sie sich für einen Moment gegenübergestanden hatten. An das Gefühl, als er ihr in der vergangenen Nacht so fest die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Jedes Mal hatte sie dieses Unbehagen gespürt.
    Es gab keinen Zweifel mehr. Aber eben diese Gewissheit konnte leicht in Angst umschlagen, falls ihre Entschlossenheit ins Wanken geriet. Dann würde ihr Kampfgeist zusammenbrechen, und sie wäre dazu verdammt, kriechend das Weite zu suchen. Masako hatte sich entschlossen, Satake zu töten, um sich selbst sicher davonmachen zu können. Aber war sie überhaupt fähig zu solch einer tollkühnen Tat? Nein, es ging nicht, sie würde unmöglich einen Menschen umbringen können. Aber sie wollte auch nicht erdrosselt werden wie Kuniko. Angst blähte sich in ihr auf und drohte zu explodieren; unwillkürlich schoss Kraft in ihren Fuß auf dem Gaspedal, so dass sie fast auf den Lastwagen aufgefahren wäre, der vor ihr die Straße versperrte.
    Satō, der Wachmann, war Satake. Masako sah seine dunklen Augen vor sich und erinnerte sich lebhaft an den Alptraum, den sie Wochen zuvor gehabt hatte. Der Traum, in dem sie ekstatische Lust verspürt hatte, während ihr jemand von hinten die Kehle zudrückte. Sie begriff, dass das eine Vorahnung gewesen war, und entdeckte zu ihrer eigenen Verwunderung in einem Winkel ihres Herzens ein Gefühl, das es Satake gestatten würde, sie umzubringen. Sie musste an das Magnetfeld denken, das in der vergangenen
Nacht auf dem dunklen Weg für einen winzigen Augenblick zwischen ihnen beiden entstanden war – vielleicht hatte sie da schon unbewusst gespürt, dass Satō Satake war.
    Auf den Straßen hatte der allmorgendliche Stau eingesetzt, und während sie nur langsam vorankam, kreisten Masakos Gedanken von der Vergangenheit in die Zukunft und zurück. Jagte sie oder wurde sie gejagt? Würde sie

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