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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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offenbar an die Geldeintreiber des Kredithais denken musste, verbiss sich schnell jedes weitere Wort. Die Tränen waren getrocknet, stattdessen sah man jetzt, wie sich auf den auffällig großen Poren ihrer Nasenspitze die Schweißperlen bildeten.
    »Du wolltest Geld und hast mitgemacht. Wenn das kein klarer Fall von Beihilfe ist! Führ dich also nicht auf, als wärst du was Besseres!«
    »Ja, aber...«, begann Kuniko, schwieg dann aber, wobei ihr wieder die Zornestränen in die Augen traten.
    »Ich will euch ja nicht unterbrechen, aber ich muss nach Hause.« Yoshië, der man den Schlafmangel an der aufgequollenen
unteren Augenpartie ansah, hielt es offenkundig für ganz und gar unpassend, sich jetzt zu streiten, und drängte. »Die Oma ist längst wach. Für mich ist der Arbeitstag noch längst nicht zu Ende, ich hab noch unendlich viel zu tun.«
    »Ich weiß, Meisterin, geh ruhig schon, aber nimm ein paar davon mit.« Als Masako mit dem Finger auf die Beutel mit den Fleisch- und Knochenstücken deutete, verzog Yoshië mit unverhohlenem Widerwillen das Gesicht.
    »Ich bin doch mit dem Fahrrad! Willst du, dass ich die da in den Korb setze! Den Schirm muss ich auch noch halten!«
    Masako sah aus dem Fenster. Es hatte aufgehört zu regnen, und hier und da schaute blauer Himmel zwischen den Wolken hervor. Bald würde die Temperatur wieder steigen. Wenn sie nicht schnell machten, würde die Verwesung weiter fortschreiten. Bei den Eingeweiden hatte sie schließlich schon eingesetzt.
    »Es regnet nicht mehr.«
    »Ich will aber nicht!«
    »Und wie sollen wir die Beutel dann loswerden, könnt ihr mir das mal verraten?« Masako verschränkte die Arme vor der Brust, lehnte sich mit dem Rücken an die gekachelte Badwand und schaute Kuniko an, die wie versteinert im Vorraum stand: »Du nimmst auch welche mit!«
    »Heißt das, ich soll das da in meinen Kofferraum tun!«
    »Natürlich! Oder hast du etwa Angst, dir deinen schicken Schlitten schmutzig zu machen!« Masako war aufgebracht. Dachten sie denn überhaupt nicht mit? »Hier geht es nicht zu wie in der Fabrik, wo die Arbeit zu Ende ist, sobald das Band stillsteht! Die Beutel müssen an geeigneten Stellen weggeworfen werden, und wir müssen dafür sorgen, dass sie nicht entdeckt werden. Dann bekommt ihr euer Geld, und dann erst ist Schluss. Für den Fall, dass man die Beutel doch entdeckt, ist zu hoffen, dass die Identität der Leiche nicht zu ermitteln ist, und falls das auch noch passiert, sollte man nicht herausbekommen, was wir damit zu tun haben.«
    »Und was ist, wenn Yayoi redet?«
    »Dann können wir behaupten, sie hätte uns dazu gezwungen.«
    »Tja, dann darf ich ja ruhig sagen, dass Masako mich gezwungen hat«, sagte Kuniko, die einfach nicht zurückstecken konnte.

    »Darfst du, darfst du. Nur kriegst du eben kein Geld von mir, wenn du das von vornherein vorhast.«
    »Du bist schrecklich, Masako, wirklich schrecklich«, schluchzte Kuniko mit gequetschter Stimme und wechselte das Thema: »Der Ärmste hier kann einem richtig Leid tun. Niemand ist traurig, weil er tot ist, niemand findet es schlimm, was mit ihm passiert ist.«
    »Hör auf!«, brüllte Masako. »Das geht uns gar nichts an! Das ist einzig und allein eine Sache zwischen Yama-chan und ihm selbst!«
    »Aber es stimmt auch nicht, glaube ich«, fiel Yoshië ihr nachdrücklich ins Wort, und Masako und Kuniko schauten sie an. »Es mag vielleicht merkwürdig klingen, aber es kommt mir immer mehr so vor, als würde sich die verstorbene Seele sogar darüber freuen, dass wir das mit ihm gemacht haben. Wenn ich bisher von einem Mord gehört habe, bei dem man die Leiche zerstückelt hat, habe ich mir das immer als schrecklich grausamen, brutalen Akt vorgestellt. Aber das stimmt nicht. Man behandelt die verstorbene Seele anständig, wenn man die Leiche geschickt und sorgfältig zerlegt!«
    Da ist sie wieder, Yoshiës unnachahmliche Art der Selbstrechtfertigung, mit der sie sich die Dinge so lange zurechtbiegt, bis sie damit leben kann, dachte Masako. Doch ganz von der Hand zu weisen war es sicher nicht, dass das Abpacken der Fleischklumpen in dreiundvierzig Plastiktüten etwas von anständiger, sorgfältiger Arbeit gehabt hatte. Masakos Augen wanderten wieder zu den Müllbeuteln auf der abgedeckten Badewanne.
    Zunächst hatten sie den Kopf abgetrennt, dann die Arme und Beine, die sie wiederum an den Gelenken zerteilt hatten. Füße, Unter- und Oberschenkel hatten sie jeweils in zwei Teile gestückelt und jedes Bein

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