Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out
auf sechs Müllbeutel verteilt. Für die Arme hatten sie je fünf Beutel gebraucht. Die Finger konnten ihnen wegen der Abdrücke gegebenenfalls gefährlich werden, deshalb hatte sie Yoshië angewiesen, die Knochen nach Sashimi-Manier auszulösen und die Fingerhaut in hauchdünne Scheiben zu schneiden. So hatten sie allein für Arme und Beine zweiundzwanzig Beutel gebraucht.
Problematischer war der Rumpf gewesen, der sie viel Zeit gekostet hatte. Zunächst hatten sie einen Längsschnitt gemacht,
um die Eingeweide herauszuholen, die acht Beutel gefüllt hatten. Dann hatten sie die äußere Fleischschicht in Streifen von Rippen und Wirbelsäule geschnitten, die Knochen herausgebrochen und in Ringe zersägt. Insgesamt benötigten sie für den Rumpf noch einmal zwanzig Tüten, kamen also, wenn man den Beutel mit dem Kopf mitrechnete, alles in allem auf dreiundvierzig. Drei Stunden hatte die ungewohnte Arbeit gedauert; sie hatten sie erst nach ein Uhr mittags beendet. Und sie waren dabei an die Grenzen ihrer zeitlichen wie auch körperlichen Möglichkeiten gestoßen.
Sie hatten nur die von der Stadt Tōkyō empfohlenen, mit Kalziumkarbonat versetzten Polyethylen-Müllbeutel verwendet und über jede oben zugebundene Tüte noch einmal in umgekehrter Richtung eine weitere gezogen, so dass man nicht mehr hindurchsehen konnte. Einwandfrei verpackter »brennbarer Müll«, der problemlos entsorgt werden würde, solange man den Inhalt nicht entdeckte. Jeder Beutel wog deutlich mehr als ein Kilo, und damit man nicht auf den ersten Blick erkennen konnte, dass es sich um Teile eines menschlichen Körpers handelte, hatten sie dafür gesorgt, dass alle möglichst verschiedene Stücke enthielten: Eingeweide und Fußrist, Fingerspitzenscheiben und Schulterstück – und so weiter. Das nachträgliche Mischen hatte Kuniko besorgt, obwohl sie sich unter Tränen dagegen gesträubt hatte.Yoshië hatte noch vorgeschlagen, die einzelnen Stücke in Zeitungspapier einzuwickeln, doch Masako hatte sich dagegen entschieden, weil sie fürchtete, dass man über die Zeitungen möglicherweise das Auslieferungsgebiet bestimmen konnte. Die Frage war nun, wo sie die Müllbeutel am besten abstellen sollten.
»Da du nur den Drahtesel hast, brauchst du nur fünf Beutel mitzunehmen, Meisterin. Kuniko kriegt fünfzehn, ich übernehme den Rest und überlege mir eine Lösung für den Kopf. Und achtet darauf, die Beutel nur mit Handschuhen zu berühren, da ihr sonst Fingerabdrücke hinterlasst!«
»Was willst du denn mit seinem Haupt machen, Masako?«, fragte Yoshië und blickte mit verstörter Miene auf das runde Etwas, das als Einziges in einem schwarzen Beutel verpackt war. Tatsächlich, mit der Würde eines menschlichen Hauptes thronte Kenjis Schädel, den sie als Allererstes abgetrennt hatten, auf der Badewannenabdeckung und beherrschte das Bild.
»Mit seinem Haupt?«Yoshiës Ausdrucksweise verleitete Masako zum Lachen. »Ich werde es später irgendwo vergraben. Eine andere Lösung fällt mir nicht ein. Wenn der Kopf gefunden wird, fliegt alles auf.«
»Aber er verwest doch...«, sagte Yoshië.
»Ja, aber man kann die Identität auch dann noch an Spuren von Zahnbehandlungen und so weiter feststellen«, unterbrach sie Kuniko mit fachmännischem Gesicht. »Das machen sie doch bei Flugzeugabstürzen und ähnlichen Katastrophen immer so.«
»Geht die Beutel jedenfalls an Müllsammelplätzen abstellen, möglichst weit weg von eurem Wohnort und auf mehrere Stellen verteilt. Und achtet darauf, dass euch niemand dabei beobachtet – aber ich denke doch, dass euch das klar ist.«
»Dann wäre es vielleicht am besten, es heute Nacht zu tun, wenn wir zur Schicht fahren, oder?«
»Aber dann hätten Katzen oder Raben die ganze Nacht Zeit, sich darauf zu stürzen«, bemerkte Kuniko. »Morgen früh nach der Schicht wäre vielleicht doch besser.«
»Ganz egal, solange es nur Stellen sind, die von niemandem bewacht werden. Trotzdem, erledigt das möglichst schnell.«
»Um noch mal auf unser Gespräch von eben zurückzukommen, Masako-san«, begann Kuniko vorsichtig, »kann ich nicht doch jetzt schon etwas Geld bekommen? Fünfzig-, nein, fünfundvierzigtausend würden fürs Erste reichen. Damit wäre ich wenigstens die Geldeintreiber los. Aber dann hätte ich nichts mehr zum Leben und müsste mir morgen wieder eine Kleinigkeit leihen …«
»Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben.« Masako holte das Geld und gab es Kuniko. »Ich zieh’s dir von deinem
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