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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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kann. Die Chancen sind verschwindend gering.«
    »Kommst du zum Mittagessen vorbei?«
    »Ja. Okay. Es sei denn, ich habe einen Notfall, mit dem die Techniker nicht allein fertigwerden und den ich nicht an Amos Renfrew weitergeben kann. Er ist der beste Kuhdoktor weit und breit und von Pferden versteht er auch genug, aber für die medizinische Versorgung von Kleintieren hat er nicht viel übrig. Ich würde ihn nicht empfehlen, wenn ein Hund ernsthaft erkrankt ist. Er könnte etwas Entscheidendes übersehen.«
    Merlin ließ sich ermattet auf dem Boden zusammensacken. Puzzle und Riddle kuschelten sich auf beiden Seiten an ihn, da sie offenbar endlich erschöpft waren. Der Wolfshund lag da wie ein riesiger wollener Mantel, den jemand hingeworfen hatte, und das Paar mit den goldenen Augen bildete den schimmernden Besatz des Mantels.
    Als Cammy die Hintertür öffnete und auf die Veranda trat, folgte ihr Grady, doch die Tiere blieben im Haus zurück.
    »Ich bin ziemlich sicher, dass sie schon eingeschlafen
sind«, sagte Grady. »Manchmal glaube ich, es wäre ein echter Segen, auf allen vieren zu laufen und ein kleineres Gehirn zu haben.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das, was sie so leicht einschlafen lässt, sind nicht ihre kleineren Gehirne. Es ist ihre Unschuld.«
    »Wenn das so ist, dann werde ich die ganze Nacht wach bleiben, vielleicht sogar für alle Zeiten.«
    Mit einem besseren Anblick als Gradys einzigartigem Lächeln konnte ein Abend gar nicht enden, und daher sagte Cammy nur noch: »Ich rufe dich morgen Vormittag an«, und ging auf die Stufen zu.
    Er legte ihr eine Hand auf die Schulter und zwang sie damit, sich noch einmal zu ihm umzudrehen. »Das ist keine Theorie und auch keine Hypothese, und es sind erst recht keine großartigen Spekulationen, die ich anstelle. Ich habe nur so ein Gefühl im Bauch. Nichts wird mehr so sein wie bisher.«
    »Nicht jede Veränderung ist eine Verbesserung«, sagte sie.
    Er nahm sie an beiden Schultern und senkte sein Gesicht zu ihrem herab. Einen Moment lang glaubte sie, er würde mit den lautersten Absichten das Schlimmste aller Übel begehen. Aber der Kuss, den er ihr gab, der erste in diesen vier Jahren, war ein brüderlicher Kuss, bei dem sich seine Lippen keusch auf ihre Stirn legten, und das war ein Ausdruck von Zuneigung, mit dem sie umgehen konnte.
    »Danke für Merlin«, sagte er. »Was auch immer Puzzle und Riddle sein könnten – ich glaube nicht, dass sie mir
nach Hause gefolgt wären, wenn ich diesen Spaziergang allein unternommen hätte. Ich glaube, es war Merlin, der sie hierhergelockt hat.«
    »Er besitzt eine magnetische Anziehungskraft, so viel steht fest«, sagte sie. »So war es schon vom Moment seiner Geburt an. Sei vorsichtig heute Nacht, Grady. Ich weiß, dass sie keine Bedrohung darstellen, und ich weiß auch, dass sie so unschuldig sind wie Merlin, aber Unschuld hat immer Feinde. Immer.«
    Auf der Heimfahrt in ihrem Wagen hoffte sie, sie habe sich nicht verkrampft, als er sich hinuntergebeugt hatte, um ihr den Kuss auf die Stirn zu drücken; sie hoffte, er hatte nicht gespürt, wie sie sich abwehrend verspannt hatte. Sie hätte darauf vertrauen sollen, dass, obwohl er nichts über ihre früheren Jahre wusste, seine Intuition immer die eines Herzensheilers sein würde. Er wusste um den Schweregrad, wenn nicht sogar die exakte Natur der Wunden, die man nicht sehen konnte. Denn das war er von Anfang an und in all der Zeit, die sie ihn mittlerweile kannte, gewesen – ein guter Mann mit vorzüglicher Intuition, nicht nur ein Freund, sondern auch eine Gnade, für die sie überaus dankbar war.
    Falls es sich bei Puzzle und Riddle um mehr als eine Art Kuriosität handeln sollte, um mehr als den Gegenstand einer unglaublichen, aber kurzlebigen Nachrichtenmeldung im Kabelfernsehen, um mehr als eine Mutation, falls sie also tatsächlich etwas waren, wovon sie ausging, etwas Monumentales von großer Tragweite, dann hätten sie sich keinem Besseren als Grady anvertrauen – oder ihm anvertraut werden – können.
    Sie kam von den Ausläufern der Berge zu den tiefer gelegenen Wiesen, deren Gras das Mondlicht bleichte.
    Die seltsame Nacht schien subtile Veränderungen an der vertrauten Landschaft bewirkt zu haben, und die Straße, die ihr so vertraut war, schien sie an unbekannte Orte zu führen.
    Zwanzig Jahre lang, seit sie fünfzehn und endlich frei gewesen war, hatte sich Cammy nur das gewünscht, was sie jetzt besaß: eine Tierarztpraxis und ein Leben mit

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