Die unbeugsame Braut
dringen, die über sie und Bedford im Umlauf sind. Sie muss vor allem Klatsch und allen Verleumdungen geschützt werden. Deshalb sollte sie vorerst weg aus London.«
Die Duchess of Gordon machte sich in aller Eile daran, die ihr nahestehenden gesellschaftlichen Kreise dahingehend zu informieren,
dass Francis Russell und Lady Georgina verlobt gewesen seien, als der Tod ihn ereilte.
Die engsten Freunde des Duke of Bedford bestritten dies jedoch entschieden, allen voran Sir Robert Adair und der Earl of Lauderdale. Als sie behaupteten, die Herzogin habe die ganze Geschichte nur erfunden, gab es einen bösen Streit, und Jane sprach bald nur mehr mit jenen Leuten, die an die Verlobung glaubten.
Janes Erzrivalin, die Duchess of Devonshire, versicherte allen ihren Freunden, dass ihr teuerster »Loo« niemals eine Gordon für die Rolle der Herrin auf Woburn in Betracht gezogen hätte. Das Thema spaltete schließlich die feine Londoner Gesellschaft. Denjenigen, die der Duchess of Gordon die geheime Verlobung abnahmen, standen jene gegenüber, die diese Möglichkeit generell ausschlossen. Noch ehe der März zu Ende ging, war Georgina Gordon Gegenstand des Klatsches in allen gesellschaftlichen Zirkeln.
Vergeblich wartete die Herzogin auf ein Wort von John Russell, das die Verlobungsgeschichte bestätigen würde. Verstimmt schrieb sie ihm einen Brief, in dem sie sein Verhalten tadelte.
»Wenn ich nach London gehe, muss ich einen Sekretär einstellen.« John Russell saß in der Bibliothek von Woburn und sah die Post durch, die Burke auf seinem Schreibtisch aufgehäuft hatte. »Die Beileidsbriefe nehmen kein Ende.« Er fügte die neu eingetroffenen zu jenen hinzu, die er bereits in Kartons auf dem Boden verstaut hatte.
Johns Herz setzte für einen Schlag aus, als er zu einem Umschlag griff, der das herzogliche Wappen der Gordons trug. Georgina. Er riss ihn auf und verspürte in seiner Enttäuschung einen Stich, als er die Unterschrift sah.
Euer Gnaden,
schweren Herzens muss ich Sie um mitfühlendes Verständnis und um Schutz für meine Tochter bitten. Ihr Stillschweigen zu Lady Georginas Verlobung mit Ihrem Bruder Francis hat dazu geführt, dass
sie öffentlich verunglimpft wird. Gleich mir müssen auch Sie daran glauben, dass der verstorbene Duke of Bedford lautere und ehrenhafte Absichten bezüglich meiner Tochter hatte. Ihr Schweigen, das von der Gesellschaft als Leugnung aufgefasst wird, vertieft den Kummer derjenigen, der nun ewiges Unglück droht. Jane, Duchess of Gordon
»Verdammt!« John zerknüllte den Brief in seiner Faust. Seit Francis’ Tod habe ich jeden Tag an Georgina gedacht, jawohl, und schon Monate davor tagtäglich, um ehrlich zu sein. Er konnte die Vorstellung kaum ertragen, dass ihr fröhliches Lachen vor Kummer verstummt war.
John war sich der Kontroverse durchaus bewusst, die sich um die angeblichen oder tatsächlichen Heiratsabsichten seines Bruders entzündet hatte. Er betrachtete es als Gipfel der Geschmacklosigkeit, dass Francis’ Freunde ebenso wie die Duchess of Gordon die Debatte unmittelbar nach seinem schrecklichen Tod an die Öffentlichkeit gezerrt hatten.
Das ist nicht der einzige Grund meines Schweigens. Der Gedanke an eine Verlobung Georginas mit Francis ist für mich unerträglich. Ich habe meinen Bruder geliebt, war aber für seine Fehler nicht blind, vor allem nicht für sein ausschweifendes Leben.
John klammerte sich an die letzten Worte seines Bruders: Ein Jammer, dass ich sie nie fragte.
Ratlos, wie er den Brief beantworten sollte, legte er ihn aus der Hand und griff nach einem Schreiben seines Freundes Henry. Als er es öffnete, fand er darin ein Flugblatt mit der Gillray-Karikatur, dazu eine kurze Nachricht.
John,
diese gemeine Karikatur, die nach dem Maskenball auf Kimbolton die Runde machte, taucht nun wieder in großer Zahl auf.
Henry
»Verdammt, diese Lästermäuler!« John durchmaß den Raum, um das beleidigende Machwerk ins Feuer zu werfen, besann sich jedoch anders. »Mr. Burke, ich fahre sofort nach London.«
Als John mit seinem Anwalt in der Druckerei erschien, gab er sich erst gar nicht die Mühe, seinen abgrundtiefen Zorn zu verbergen. »Mein Bruder war zu Lebzeiten Freiwild für die Presse«, sagte er zu dem Besitzer, »doch werde ich nicht zulassen, dass sein Tod ausgenützt wird, um Geld mit dem Druck und Verkauf dieser oder anderer beleidigender Zeichnungen zu machen. Sie werden einen Boten zu allen ihren Straßenhändlern schicken, sämtliche
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