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Die unendliche Geschichte

Die unendliche Geschichte

Titel: Die unendliche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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und wie hilflos er ohne es war. Nicht der Schutz, den es ihm gewährt hatte, war das Eigentliche - alle Mühen und Entbehrungen, alle Ängste und Einsamkeiten hatte er ja dennoch aus eigenen Kräften bestehen müssen - aber solange er das Zeichen getragen hatte,’ war er sich nie unsicher gewesen, was er tun mußte. Wie ein geheimnisvoller Kompaß hatte es seinen Willen, seine Entschlüsse in die rechte Richtung gelenkt. Aber jetzt war das anders, jetzt war keine geheime Kraft mehr da, die ihn führte.
    Nur um nicht wie gelähmt stehen zu bleiben, befahl er sich selbst, dem Gespensterzug zu folgen, dessen dumpfer Trommelrhythmus noch immer aus der Ferne zu hören war. Während er durch den Nebel huschte - immer darauf bedacht, gebührenden Abstand von den letzten Nachzüglern zu halten -, versuchte er, sich über seine Lage klar zu werden. Warum nur, ach, warum hatte er nicht auf Fuchur gehört, als der ihm geraten hatte, sofort zur Kindlichen Kaiserin zu fliegen? Er hätte ihr die Botschaft der Uyulála überbracht und den »Glanz« zurückgegeben. Ohne AURYN und ohne Fuchur konnte er nicht mehr zur Kindlichen Kaiserin gelangen. Sie würde bis zum letzten Augenblick ihres Lebens auf ihn warten, hoffen, daß er käme, glauben, daß er ihr und Phantasien die Rettung brächte - aber vergebens !
    Das war schon schlimm genug, schlimmer aber war, was er durch die Windriesen erfahren hatte: daß es keine Grenzen gab. Wenn es unmöglich war, aus Phantasien herauszukommen, dann war es auch unmöglich, ein Menschenkind von jenseits der Grenzen zu Hilfe zu rufen. Gerade weil Phantasien unendlich war, war sein Ende unabwendbar!
    Während er weiter über das unebene Pflaster durch die Nebelschwaden stolperte, hörte er in seiner Erinnerung noch einmal die sanfte Stimme der Uyulála. Ein winziges Hoffnungsfünkchen glomm in seinem Herzen auf.
    Früher waren oft Menschen nach Phantasien gekommen, um der Kindlichen Kaiserin immer neue, herrliche Namen zu geben - so hatte sie doch gesungen. Also gab es doch einen Weg von der einen Welt in die andere!
    »Für sie ist es nah, doch für uns ist es weit, zu weit, um zu ihnen zu kommen.« Ja, so hatten Uyulálas Worte gelautet. Nur, daß die Menschenkinder diesen Weg vergessen hatten. Aber konnte es nicht sein, daß eines, ein einziges sich wieder daran erinnerte? Daß es für ihn selbst keine Hoffnung mehr gab, kümmerte Atréju wenig. Wichtig war allein, daß ein Menschenkind den Ruf Phantâsiens hörte und kam - so wie es zu allen Zeiten geschehen war. Und vielleicht, vielleicht hatte sich schon eines aufgemacht und war unterwegs!
    »Ja! Ja!« rief Bastian. Er erschrak vor seiner eigenen Stimme und fügte leiser hinzu: »Ich würde euch ja zu Hilfe kommen, wenn ich nur wüßte wie! Ich weiß den Weg nicht, Atréju. Ich weiß ihn wirklich nicht.«
    Der dumpfe Trommelklang und die schrillen Pfeifchen waren verstummt, und ohne es zu merken, war Atréju der Prozession so nahe gekommen, daß er fast auf die letzten Gestalten auflief. Da er barfuß war, machten seine Schritte kein Geräusch - aber nicht das war es, was diese Leute dazu brachte, ihn überhaupt nicht zu beachten. Er hätte auch mit eisenbeschlagenen Stiefeln dahertrampeln und laut schreien können, niemand hätte sich darum gekümmert.
    Sie standen nun nicht mehr in einem Zug, sondern weit verteilt auf einem Feld aus grauem Gras und Schlamm. Manche schwankten leichthin und her, andere standen oder hockten reglos herum, aber ihrer aller Augen, in denen ein blinder fiebriger Glanz lag, blickten in dieselbe Richtung.
    Und nun sah auch Atréju, worauf sie hinstarrten wie in einer grausigen Verzückung: Auf der anderen Seite des Feldes lag das Nichts.
    Es war, wie Atréju es schon vorher bei den Borkentrollen aus dem Baumwipfel gesehen hatte oder auf der Ebene, wo die Magischen Tore des Südlichen Orakels gestanden hatten, oder von Fuchurs Rücken aus, aus großer Höhe - aber bisher hatte er es immer nur aus der Ferne gesehen. Jetzt aber stand er ihm unvorbereitet ganz nah gegenüber, es ging quer durch die ganze Landschaft, es war riesig, und es kam langsam, langsam, aber unaufhaltsam näher. Atréju sah, daß die Spukgestalten auf dem Feld vor ihm zu zucken begannen, daß ihre Glieder sich wie in Krämpfen verdrehten und ihre Münder aufgerissen waren, als wollten sie schreien oder lachen, doch es herrschte Totenstille. Und dann - als seien sie welke Laubblätter, die ein Windstoß erfaßt - rasten sie alle gleichzeitig auf

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