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Die Unermesslichkeit

Die Unermesslichkeit

Titel: Die Unermesslichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
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dunkelgrünem Regenzeug an ihm vorbeigestapft und kletterte eine lange schmale Leiter zu den unten dümpelnden Jollen hinunter.
    Verzeihung, sagte Carl, als sie schon halb unten war.
    Keine Antwort, also versuchte er es erneut, diesmal etwas lauter, und räusperte sich.
    Ja?, fragte sie und blickte hinauf.
    Ich soll irgendwie zur Slippery Jay kommen. Wissen Sie, wo die liegt oder wie ich da hinkomme?
    Das ist eins von unseren Booten, sagte sie. Ich kann Sie mitnehmen.
    Dabei lächelte sie, nur kurz, aber es gab Carl Auftrieb, und er fand, dass Monique eigentlich doch nicht so ein guter Fang war. Sie war ehrlich gesagt ein bisschen rücksichtslos.
    Strahlend stieg Carl in die Jolle. Und stellte sich ganz trottelig an bei dem Versuch, den zweiten Fuß übers Seitendeck zu bekommen. Danke, sagte er forsch und baute sich direkt vor ihr auf.
    Achtung, sagte sie. Sie warf den Außenborder an, jagte ihn hoch, und sie schossen in den Fluss. Carl, der sich gerade noch rechtzeitig gesetzt hatte, fiel beinahe auf den Schiffsboden, während sie stehen blieb.
    Wow, sagte er, doch selbst er konnte es bei diesem Röhren kaum hören. Die junge Frau behielt den Blick auf dem Wasser. Sie wendete scharf flussaufwärts, schlängelte sich im Zickzack an diversen Booten vorbei und stoppte dann abrupt, Motor im Leerlauf, wenige Handbreit von der Slippery Jay entfernt.
    Carl stieg unbeholfen aus, musste rittlings über die Seitenwand des größeren Bootes klettern und wurde in verschiedene Richtungen geschaukelt. Doch er schaffte es, ohne zu stürzen oder sein Mittagessen fallen zu lassen.
    Danke, sagte er.
    Kein Thema, sagte sie, gab Gas und war verschwunden.
    Warum war er hier? Er stand auf dem hinteren Deck und blickte unbestimmt zum Horizont. Die Frage schien größer als dieses Boot oder dieser Sonnenaufgang oder Monique oder sogar Alaska. Etwas, das mit seinem Leben zu tun hatte, etwas Unmögliches und irgendwie Dringliches, aber das kam wahrscheinlich bloß von fehlendem Schlaf.
    Carl gähnte gewaltig den Horizont an, dann drehte er sich um und bewegte sich in Richtung Kajüte. Sein Mittagessen legte er auf die Bank im oberen Cockpit oder der Steuerzone oder wie immer man das nannte. Brücke? Aber auf einem so kleinen Boot? EinigeStufen hinunter war ein Koch- und Essbereich mit einem kleinen Tisch, Regalfächern und einem alten Gussofen mit Metallschienen. Hinter einer weiteren Tür lag der Schlafbereich. Von dort hörte er Atmen.
    Carl setzte sich an den Kajüttisch neben seine Verpflegung, ließ die bestiefelten Beine baumeln, beobachtete durch zerkratzte Plexiglasscheiben, wie der Himmel hellblau, dann gelblich weiß wurde, und wartete, bis ein Armbandwecker losging.
    Mark brummte eine Begrüßung, dann begrüßte Carl auch Dora, die Besitzerin, die kurz winkte, Kaffee kochte und einen Donut aß. Die Donuts sahen auf einmal sehr verlockend aus, und Carl fragte sich, ob er den Tag überstehen würde, ohne einen zu stibitzen. Anderer Leute Essen hatte schon immer besser ausgesehen als sein eigenes.
    Kurz darauf waren sie unterwegs und pflügten durch die Fahrrinne. Schlammufer und bröckelnde Kliffs. Kühle Luft hier und niedrige Wolken in der Ferne, die sich an den Rändern orange färbten.
    Carl saß auf dem Oberdeck, über der Kajüte. Auch hier ein Steuer und Instrumente. Dora saß neben Carl auf der Bank und fuhr mit einer verdrossenen Konzentration, die nicht zu einer Unterhaltung ermunterte. Hin und wieder rief sie durch eine Bodenluke zu Mark hinunter und erkundigte sich nach der Tiefe.
    Als sie die Hafeneinfahrt hinter sich hatten und in die Bucht einfuhren, hielten sie südwestlich auf die offene See zu, und mehrere Aluminiumboote, Treibnetzkutter mit einer großen Winsch am Heck, flitztenvorbei. Kraftvolle Motoren, die kehlig die Slippery Jay übertönten. Ein Boot schwenkte dicht vorbei, der Steuermann winkte, Dora winkte zurück, und glitt weiter.
    Benzin, sagte Dora. Die schaffen über zwanzig Knoten. Wenn allerdings einer ihrer Sniffer aussetzt, gehen sie hoch.
    Sniffer?, fragte Carl.
    Sensoren für Gasdämpfe im Motorengehäuse. Sie können die Luft rauspumpen, bevor sie fahren, und mit frischer Luft fluten, aber trotzdem, wenn Dämpfe bleiben, wird das ganze Boot zur Granate.
    Und wir haben Diesel? Carl wollte nur die Unterhaltung fortführen, mehr erfahren, aber diese Frage klang wohl ziemlich offensichtlich und dämlich.
    So sieht’s aus. Genau das haben wir.
    Carl nickte. Um sie herum eine ganze Flotte von

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