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Die Unermesslichkeit

Die Unermesslichkeit

Titel: Die Unermesslichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
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Schlafsack, zog den Reißverschluss zu und rollte sich ein. Der nächste Heulkrampf, sein Herz ein schrecklicher Knoten. Er fragte sich, wie lange das noch so gehen sollte. Er wollte, dass sie zurückkam. Er wollte, dass sie sich auf ihn legte, am Boden hielt. Monique, sagte er.
    Leere in ihm, nichts als Leere. Kein Inhalt. Sie hatte irgendwie seine Mitte weggesprengt. Er sah ihr Gesicht vor sich, wie es damals war, als sie zum ersten Mal zusammenkamen, als es so schien, als ob sie ihn liebte. Ihr Lächeln ein wenig zaghaft sogar, als wäre auch sie nervös.
    Carl tat sich unendlich leid, ein grenzenloses Leid, und er lag stundenlang da, bis der Campingplatzleiter kam, um ihm zu sagen, er müsse jetzt gehen oder bezahlen.
    Entschuldigung, brachte Carl zwischen Schluchzern heraus. Ich gehe ja schon. Nur ein paar Minuten noch.
    Jetzt sofort.
    Okay. Ich gehe ja schon.
    Jetzt.
    Carl kroch aus Moniques Schlafsack und in den leichten Nieselregen, schutzlos und frierend unter dunklem Himmel. Er zog beide Rucksäcke heraus und baute dasZelt ab. Musste sich wieder schnäuzen, weil er so eine Heulsuse war.
    Sein Rucksack war schwer, fast dreißig Kilo, und Moniques Rucksack, den er jetzt an den Riemen hochhob, wog um die zwanzig. Carl richtete sich auf und schulterte ihn von vorn. Geriet etwas ins Rutschen, stieß mit dem Gesicht ans Gestell und verschränkte unten die Hände. Fünfzig Kilo Rucksack, und selbst wog er gerade mal fünfundsechzig, daher wusste er nicht, wie weit er kommen würde. Er musste sich zur Seite drehen, um zu sehen, wohin er ging, dann blind geradeaus laufen, dann wieder den Weg prüfen.
    Carl wankte zum Ausgang und einen Kiesweg hinunter zum Highway. Niesel und Wind. Ihm war, als würden seine Knie mit den Schenkelknochen verwachsen, sein Kreuz knirschte, die Arme brannten.
    Es war ein langer Weg den Kiesweg hinunter, und als er den Gehsteig erreichte, warf er beide Rucksäcke ab, worauf er sich fühlte, als würde er in die Luft springen, Schwerkraft ausgesetzt. Wow, sagte er.
    Er streckte den Daumen raus, als ein Truck vorbeibrauste. Nie und nimmer konnte er diese beiden Rucksäcke drei Stunden in die Stadt schleppen.
    Mehrere Autos fuhren vorbei, ohne ihr Tempo zu drosseln, und er merkte, dass er sie ein paar Minuten lang vergessen hatte. Das war der Schlüssel. Er musste sich beschäftigen. Er brauchte einen Job. Geld habe ich ja auch keins, sagte er laut. Vielleicht konnte Mark ihm etwas besorgen.

R hoda beschloss, ihre Eltern nach Anchorage zu begleiten. Ich kann mir freinehmen. Ich muss jetzt für meine Mutter dasein.
    Okay, sagte Jim.
    Morgen bin ich zurück. Wir bleiben über Nacht.
    Als Rhoda gegangen war, holte Jim Monique vom King Salmon Hotel ab und fuhr mit ihr nach Hause. Sie trug Jeans und Stiefel und ihre alte Daunenjacke. Setzte sich auf einen Barhocker und betrachtete das, was bei entsprechendem Himmel eine Aussicht gewesen wäre.
    Sieht aus, als könntest du eine neue Jacke gebrauchen, sagte Jim.
    Die hat meinem Dad gehört.
    Oh.
    Macht nichts, sagte sie. Mir egal. Bloß eine kleine Sentimentalität. Ein bisschen ist erlaubt.
    Klar, sagte Jim.
    Ich langweile mich zu Tode, sagte Monique. Ich glaube, ich muss zurück nach D. C. Hier ist ja nichts.
    Ich bin hier.
    Tja.
    Das klang nicht gut.
    Mir ist einfach langweilig. Vielleicht nehme ich ein Bad.
    Also saß Jim schmollend auf der Couch, während siebadete. Über eine Stunde war sie dort drin. Er dachte praktisch die ganze Zeit an Sex, und als sie rauskam, wirkte sie fröhlicher. Sie trug ein weißes Handtuch um den Kopf, sonst nichts. Lang und makellos. Sie kam herüber und setzte sich auf einen Polsterschemel, aufrecht mit geradem Rücken, und er fand, dass selbst ihre Haltung Klasse verriet.
    Ich bin noch nie für Sex bezahlt worden, sagte Monique. Die Vorstellung, bezahlt zu werden, macht mich irgendwie an. Ich glaube, dann würde ich auch Dinge tun, die ich sonst nicht tun würde, und das macht mich noch mehr an.
    Geld?, fragte Jim.
    Genau, Geld. Das macht es interessant, glaube ich. Muss aber eine ordentliche Summe sein. Hol fünftausend in Hundertern. Das deckt den Nachmittag ab, glaube ich.
    Fünftausend?
    Jetzt, sagte sie. Und bring ein bisschen Eis mit. New York Superfudge Chunk. Und was immer du magst. Bondage, Spielzeug, Verkleidung, perverses Zeug, worauf immer du stehst. Mach’s spannend. Und bring noch mehr Kleingeld mit, falls du auch den Abend willst.
    Ist das dein Ernst?
    Bist du über vierzig? Bin ich

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