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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
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einem neuen Managertypus weichen. Die jüngeren Partner und MDs traten ganz anders auf, nicht mehr so dezent, sondern deutlich arroganter. Die bescheidene Casio-Uhr wurde von der goldenen Rolex verdrängt. So richtig bedauern konnte man es zwar nicht, wenn jemand den Laufpass erhielt, der zig Millionen verdient hatte, doch der Traditionalist in mir fand es dennoch traurig, dass wir Mitarbeiter verloren, die das Unternehmen wie ihre Westentasche kannten. Außerdem fiel mir auf, dass Goldman Anfang 2002 einen Topmanager von einem anderen Unternehmen abgeworben hatte, der den Bereich Sales übernehmen sollte. Vor dem Börsengang, also vor 1999, hätte so ein Quereinstieg bei Goldman Sachs als Sakrileg gegolten. Schließlich sollte die Firma Eigengewächse als Führungskräfte heranziehen.
    Eine Kündigung während der Baisse 2002 ist mir ganz besonders im Gedächtnis geblieben. Der Betroffene war Absolvent einer Business School und galt als sehr vielsprechend. Gerade hatte man ihm eine ganze Gruppe von Neukunden übertragen, die er betreuen sollte. Dass er gehen musste, kam für uns alle überraschend. Doch er war der Rangniedrigste in seinem Team und daher entbehrlich. Die Wall Street hielt sich an die Last-In-First-Out-Methode, und Goldman Sachs bildete keine Ausnahme. Wer als Letzter kam, der ging als Erster. Ich weiß noch genau, wie der frisch Entlassene mit hochrotem Gesicht aus dem Büro stürmte. Am Schreibtisch eines Managing Directors blieb er stehen und machte eine sonderbare Handbewegung – vor der Stirn schnippte er mit den Fingern. Ich kannte die Geste nicht, aber ein freundlicher Abschied war das nicht.
     
    2002 taten wir alles, um unsere Kunden bei der Stange zu halten. Einmal wurde mir dabei ein sehr persönliches Opfer abgefordert.
    Während ich noch dabei war, mich in meiner Funktion als Verkäufer in unserem Team zurechzufinden, kümmerte ich mich um meine ersten eigenen Kunden. Darunter war zu meinem großen Glück auch ein ehemaliger Studienkollege und alter Freund aus Stanford, ein Inder namens Prakash. Die Welt ist klein. Prakash arbeitete in Boston am Hauptsitz eines großen Investmentfonds, der mehrere hundert Milliarden Dollar verwaltete. Er war Sektorspezialist für Technologiewerte. Seine Aufgabe als Analyst bestand darin, sein Unternehmen über seinen Eindruck von den Aktien aus diesem Sektor zu informieren, damit es sich eine objektive Meinung bilden konnte – und sich bei Anlageentscheidungen nicht ausschließlich auf die Beratung der Wall Street (durch Goldman Sachs, Morgan Stanley etc.) verlassen musste.
    (Kunden wie Prakashs Arbeitgeber betrieben gern eigenes Aktien-Research, weil Investmentbanken von Haus aus in einem Interessenkonflikt stehen, der Ende 2003 zu einem Vergleich über 1,4 Milliarden Dollar zwischen den zehn größten Instituten und der US-Regierung führen sollte. Der damalige New Yorker Generalbundesanwalt Eliot Spitzer sollte Licht in diesen Konflikt bringen. Er wollte eine strikte Trennung zwischen Investment-Research und Investmentbanking durchsetzen. Research-Analysten – die objektive Kundenempfehlungen erstellen sollten – maßen Internetfirmen ohne erkennbare Erträge astronomische Bewertungen bei, um sich lukrative Investmentbanking-Geschäfte derselben Internetfirmen zu sichern, über die sie in ihren Berichten schrieben. Das Ergebnis: eine gigantische Internetblase, die am Ende platzte.)
    Prakash arbeitete mehreren Portfoliomanagern – PMs – zu, die seine Research-Ergebnisse und Auffassungen heranzogen, um zu entscheiden, ob sie für ihre spezifischen Fonds die von Prakash analysierten Tech-Werte kaufen sollten.
    Damals saßen etliche gefragte und zukunftsorientierte Technologieunternehmen in Israel, und Israel gehörte zu den Regionen, die mein Team abdeckte. Meine Aufgabe war es, Prakash in Bezug auf israelische Technologieaktien zu beraten. Die Welt war klein. Ich hatte fast täglich geschäftlich mit ihm zu tun. Es war ein eigenartiges Gefühl, mit einem Kumpel, mit dem ich früher Bierchen gezischt hatte und zu Basketballspielen gegangen war, über heiße Werte wie Check Point Software oder Comverse Technology zu diskutieren.
    Prakash war kein einfacher Kunde. In Israel war der Technologiemarkt noch intakt, doch Prakash war grundsätzlich skeptisch gegenüber Aktien, für die viele Anleger bereit waren, hohe Multiples zu bezahlen. Aus diesem Grund war er (und ist es noch) sehr gut in seinem Job.
    Eliot Spitzer stand mit seinem Argwohn gegenüber

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