Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)
gegen mich keine Chance mehr.
Mir gefiel das Spiel, und ich wurde schnell besser. Eine Zeitlang hatte ich ziemlich intensiv Tennis gespielt, und das kam mir zugute. Ich schlug gern harte Bälle und hatte ein ausgeglichenes Temperament. An der King David School gab es eine Tischtennismannschaft, der ich beitrat. In der fünften Klasse gewann ich das Schulturnier. Ich schlug einen Siebtklässler im Entscheidungsspiel mit einem atemberaubenden Dreisatzspiel nach fünf Matchpunkten Rückstand, während fünfzig Schüler und Lehrer zusahen und jubelten. Da schickte mich mein Lehrer in einen Tischtennisclub, damit ich in der Liga spielen konnte, und dort bekam ich Unterricht. Mit dreizehn wurde ich zur Landesmeisterschaft geschickt und 1993 – ich war vierzehn Jahre alt – zur Makkabiade.
Die Makkabiade ist eine jüdische Sportveranstaltung nach dem Vorbild der Olympischen Spiele – eines der fünf größten Sportereignisse der Welt. Alle vier Jahre finden sich dazu fünftausend jüdische Sportler aus über fünfzig Ländern in Israel zusammen. 1993 durfte Südafrika – das zuvor wegen der Apartheid von internationalen Sportverbänden boykottiert worden war – erstmals teilnehmen. In jenem Jahr fuhren wir mit einer großen Mannschaft nach Tel Aviv. Wir waren mehrere hundert Sportler. Für mich war es eine einmalige Erfahrung. Ich hatte gerade die Bar Mitzwa hinter mir und fuhr zum ersten Mal ins Ausland.
Unser Dreierteam setzte sich in der Juniorenklasse (ich war die Nummer eins im Einzel) durch gegen die Mannschaften aus Argentinien, Brasilien, Kanada, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Mexiko und die USA. Israel fegte alle von der Platte und gewann Gold. Australien gewann Silber. Mein bester Freund, Lex, hatte ebenfalls an der Makkabiade teilgenommen – als Torwart der Fußballmannschaft. Zurück an der King David School, bekamen wir beide besondere Blazer, blau mit goldenen Tressen.
Als Rudy das hörte, schickte er Ted Simpson umgehend eine E-Mail: «Springbock nimmt für die New Yorker Handelsabteilung am Tischtennisturnier teil.»
Simpson fragte zurück. «Wer ist Springbock?»
Seiner Antwort legte Rudy ein Foto von einem echten Springbock bei, was ich damals zum Brüllen komisch fand.
Also flog ich auf Firmenkosten nach Boston (mit der Rechtfertigung, dass ich dort ja Prakash treffen und über israelische Technologiewerte reden konnte) und lernte Ted Simpson kennen.
Ted war VP, Mitte dreißig, ein Verkäufer der alten Schule vom selben Schlag wie Rudy, dem er bis hin zu seinem kahlen Schädel auch körperlich ähnelte – nur ganz so groß war er nicht. Wie Rudy war Ted extrem fleißig und sehr besonnen. Er tat das Richtige für seine Kunden. In der Bostoner Investmentwelt war er gut vernetzt. Die größten Akteure waren (und sind) Fidelity, Putnam Investments, Wellington Management, State Street und The Boston Company. Diese Investmentfonds-Giganten verwalten unter anderem die Altersersparnisse der amerikanischen Mittelschicht. In Boston war die Kultur mehr durch traditionelle, langfristig orientierte Investmentfonds (die das Geld von Privatanlegern verwalteten) geprägt, weniger von hochfliegenden Hedgefonds. Mit seiner ruhigen Art und seinem trockenen Humor passte Simpson gut ins Bostoner Umfeld und auch zu den Kunden, die er betreute.
Ted erzählte, dass das «Goldman Sachs Ping-Pong Tournament» eine ehrwürdige Tradition war, und es hatte sich ergeben, dass seit fünf Jahren in Folge ein bestimmter indischer Portfoliomanager von Putnam gewonnen hatte, für den der Sieg jedesmal der absolute Höhepunkt des Jahres war. Sobald ich das Jillian’s betrat – einen Vernügungspalast mit guter Alkoholversorgung, scharfen Chicken-Wings, Bowling-Bahnen, Plasmabildschirmen und Dutzenden von Kicker-und Billardtischen und Tischtennisplatten – und meinen vermeintlichen Konkurrenten trainieren sah, wusste ich, dass er gegen mich keine Chance hatte.
Ich will nicht angeben. Wie bei jeder Wettbewerbssportart gibt es auch beim Tischtennis verschiedene Niveaus, und jeder Spieler von internationalem Rang hätte Hackfleisch aus mir gemacht. Das Gleiche galt aber auch für den Portfoliomanager von Putnam – nennen wir ihn PMP – und mich. Wir spielten einfach nicht in der gleichen Liga. Ich war mir ziemlich sicher, dass er meinen Aufschlag nicht parieren konnte und dass er meinen angeschnittenen Bällen nicht gewachsen sein würde. Er war ein guter Amateur, mehr nicht. Ich hätte ihn im Schlaf besiegen
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