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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
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können.
    Die Paarungen für das Turnier wurden ausgelost. Es waren zweiunddreißig Teilnehmer, und PMP war als Nummer eins gesetzt. Da die Veranstalter wussten, dass ich gut spielte, bekam ich die Nummer zwei. Es ging los.
    Ich war ein bisschen eingerostet – seit ich bei Goldman war, hatte ich so viel gearbeitet, dass ich kaum einmal den Schläger in der Hand gehabt hatte –, fand aber rasch zu meiner Form zurück. Aber es gab keinen einzigen ernstzunehmenden Gegner für mich. PMP und ich gewannen unsere Gruppenspiele und steuerten auf die unvermeidliche Konfrontation zu. Ich beobachtete ein paar seiner Spiele. PMPs Kontrahenten waren leichte Opfer: Gelegenheitsspieler in Jeans und Polohemden. PMP dagegen sah mit Spezialschuhen, Sporthose, T-Shirt und Stirnband sehr professionell aus und besiegte einen Gegner nach dem anderen. Natürlich hatte er einen eigenen Schläger dabei – kein Spieler, der etwas auf sich hält, tritt ohne sein eigenes Sportgerät an. Ich hatte selbstverständlich meinen bewährten Donic-Appelgren-Schläger mit Vario-Belag mitgebracht – auf der einen Seite rot, auf der anderen schwarz.
    Ted Simpson und ich sahen zu, während PMP einen weiteren Spieler deklassierte. «Wie gehen wir vor?», fragte ich ihn. «Wir werden im Entscheidungsspiel aufeinandertreffen, und wenn ich mich ins Zeug lege, schlage ich ihn 21 : 2. Was soll ich tun?»
    Ted schaute nachdenklich. «Tja», sagte er dann. «Er ist einer unserer wichtigsten Kunden. Und er nimmt das hier richtig ernst.» PMP schlug mit der Vorhand einen Ball, der gerade noch knapp die Tischkante berührte und dann unerreichbar davonschnalzte. Er hob die Arme in Siegerpose. «Wir müssen dafür sorgen, dass es knapp ausgeht», meinte Ted. «Liefern Sie ihm ein paar anständige Ballwechsel.»
    Ich entgegnete, dass ich mir das ganz ähnlich gedacht hatte. Ich musste PMP schlagen, weil offensichtlich war, dass ich das konnte, doch der Abstand durfte nicht zu groß sein. Es durfte nicht peinlich werden für ihn. Ich sagte, ich wüsste schon, wie: Ich würde einfach hier und da ohne Not einen Fehler machen.
    «Hmmm», meinte Ted.
    «Sie sehen das anders?», fragte ich.
    «Tja, der Mann ist einer unserer größten Kunden», wiederholte er und warf mir einen vielsagenden Blick zu.
    «Sie wollen sagen …?»
    «Vielleicht», entgegnete er und setzte hinzu: «Achten Sie auf mein Zeichen.»
    Ich erwiderte Teds Blick – er lächelte – und holte meinen Donic aus der Hülle.
    Wir hatten jede Menge Zuschauer. Alle waren locker und amüsierten sich – bis auf mein Gegner, für den das Spiel bitterer Ernst war. Als ich gleich zu Anfang ein paar Punkte machte, sah ich, wie ihm das zusetzte.
    Ich ließ es also langsam angehen. Ich hätte ihm sicher mehr Druck machen und ein paar unorthodoxe Bälle am Ohr vorbeizischen lassen können, aber ich tat es nicht. Ich wollte lediglich den Ball im Spiel halten. Für das Publikum gab ich Schmetterbälle von PMP nicht zurück, sondern lobbte sie, damit er wieder schmettern konnte. Schmettern, lobben, schmettern, lobben. Ohs und Ahs. Nach drei, vier solcher Ballwechsel traf ich entweder ins Netz oder machte ihm eine solche Vorlage, dass er mich abservieren konnte. Ich überließ ihm die Bühne, sodass er seine Kollegen beeindrucken konnte. Das gefiel ihm sichtlich.
    Den ersten Satz gewann er 21 : 17.
    Wir spielten drei Sätze, und ich hatte vor, den zweiten knapp für mich zu entscheiden und den dritten dann noch etwas höher. Doch als ich im zweiten Satz 15 : 12 führte, fing ich Ted Simpsons Blick auf. Er schüttelte unmerklich den Kopf und zeigte hinter der vorgehaltenen Linken mit dem rechten Daumen nach unten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass außer Ted und mir niemand mitbekam, was da wirklich gespielt wurde. Ich nickte. Der erste von John Whiteheads «Vierzehn Grundsätzen» war schließlich, dass der Kunde König ist, nicht wahr?
    Der Portfoliomanager von Putnam war ein großherziger Gewinner. Und ich ein guter Verlierer.
     
    Das Tischtennisturnier war ein Lichtblick in einem ansonsten düsteren Sommer. Die Rezession dauerte weltweit an, und die Schwellenmärkte, schon in guten Zeiten nur ein Nischensegment, befanden sich förmlich in Auflösung. Im Sommer wurde die slowakische Analystin mit den spitzen Ellenbogen aus meinem Team in die Londoner Niederlassung von Goldman versetzt, als Sales-Trader für European Shares, und wechselte bald darauf zur UBS. Nun waren nur noch Rudy und ich übrig. Über uns hing das

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