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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
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plausibel. Trotzdem wurde diese Antwort zum Running Gag: «Wo ist Bobby?» – «Physiotherapie.» Augen verdrehen. Er machte, was er wollte, und die Firma sagte nichts, weil man Angst hatte, ihn und seine Umsätze zu verlieren.
    Und so war Bobby quasi im Handumdrehen vom Trottel zum coolen Typen geworden. Er nahm an Charity-Events in Manhattan und in den Hamptons teil. Er ging mit Models aus. Zu Tim Connors Hochzeit erschien er in Begleitung einer umwerfend gutaussehenden jungen Frau, die er eigens zu diesem Anlass aus London nach Martha’s Vineyard hatte einfliegen lassen. Ich stellte fest, dass sie ursprünglich aus Südafrika stammte (was an ihrem Akzent unschwer zu erkennen war), und ich erfuhr, dass sie eine Oppenheimer war, also aus einer der reichsten Familien der Welt stammte. Bobby fuhr mit einer Vespa zur Arbeit und kaufte einen Anteil an der Surf Lodge, die zu der Zeit der angesagte neue Szene-Club in Montauk war.
    Die Partner liebten das alles. Einige von ihnen versuchten, sich an Bobby dranzuhängen, wenn er ausging (was er an fast jedem Abend der Woche tat), weil sie hofften, ein wenig von seiner Coolness würde auf sie abfärben. Und Bobby glaubte an seine eigene PR. Er prahlte mit dem Geld, das er verdient hatte, mit den Apartments, die er gekauft hatte. Er war ein «Master of the Universe» geworden, während die Finanzmärkte einbrachen. Ein Regenmacher inmitten des Hurrikans.
     
    Am 16. März 2008 schaute ich mir im Fernsehen gerade die Ausgabe von Meet the Press vom vergangenen Sonntag an, die ich aufgezeichnet hatte, als ich auf meinem BlackBerry die Nachricht sah, JPMorgan Chase habe Bear Stearns für zwei Dollar pro Aktie gekauft. Zuerst hielt ich diese Zahl für einen Tippfehler. Noch im Januar 2007 war Bear Stearns für 172 Dollar pro Aktie gehandelt worden und vor gerade einmal einem Monat, im Februar 2008, immer noch für 93 Dollar. Das Unternehmen hatte kurz zuvor einen glänzenden neuen Büroturm an der Madison Avenue fertig gestellt. Schon das Gebäude war 5 Dollar pro Aktie wert.
    Aber es handelte sich nicht um einen Tippfehler. Der Hintergrund war, dass die New Yorker Niederlassung der Federal Reserve JPMorgan Chase einen 30-Milliarden-Dollar-Kredit gewährt hatte (immer noch besichert durch die unbelasteten Vermögenswerte von Bear Stearns), um das Unternehmen für 2 Dollar pro Aktie zu kaufen – sieben Prozent des Marktwertes, den es vor dem Wochenende gehabt hatte.
    Die Leute zählten zwei und zwei zusammen und erkannten sofort den Grund für den Spottpreis: Die Aktiva in der Bear-Stearns-Bilanz waren so toxisch, dass JPMorgan in Wirklichkeit Milliarden von Dollar an unmittelbaren Verlusten erwarb. Dennoch hatte der Verkauf den Ruch eines Gefälligkeitsdeals, und bald begann man in der Finanzwelt der Federal Reserve vorzuwerfen, sie habe das Unternehmen unter Wert an JPMorgan verscherbelt. Letztendlich erhöhte Jamie Dimon von JPMorgan den Kaufpreis auf 10 Dollar pro Aktie, was aber immer noch ziemlich günstig war.
    Doch selbst zu diesem Zeitpunkt herrschte, trotz des taumelnden Hypothekenmarktes, noch immer die Ansicht vor, der Sturz von Bear Stearns sei nur eine Panne gewesen.
    Im Handelssaal von Goldman war man sich an diesem Montag einig, dass Bear sich einfach zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte. Christopher Cox, der damalige Chef der Börsenaufsicht, erklärte, Grund für den Untergang von Bear Stearns sei eine Vertrauenskrise der Investoren gewesen und weniger ein Mangel an Kapital, kurz gesagt: ein Run auf die Bank. Darin steckte mehr als ein Körnchen Wahrheit, doch in unserer Abteilung war man überzeugt davon, dass Bear eine Firma mit einem unverantwortlich großen Appetit auf Risiko gewesen war und dass mit Goldman so etwas nie passieren konnte. Wir waren einfach intelligenter und besser.
    Dennoch machte sich die Angst breit, dass andere Banken Probleme bekommen könnten. Alle brauchten liquide Mittel, aber niemand wollte sie leihen. Die Kosten für langfristige sichere Kredite waren für die verbliebenen reinen Investmentbanken – Lehman Brothers, Merrill Lynch, Morgan Stanley und Goldman Sachs – plötzlich sehr hoch. Investmentbanken hatten keine Kontoinhaber, sie führten keine Girokonten für das Familieneinkommen – und ebenso wenig hatten sie Zugang zu billigen Finanzierungen über das Kreditfenster der Federal Reserve.
    Um also Geld hereinzubekommen – als Sicherheitsreserve zur Stabilisierung der Bilanz oder zum «Weiterverpfänden» (Umschichten)

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