Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
Vom Netzwerk:
hängen: «Der Vorstand der Federal Reserve hat den Anträgen von Goldman Sachs und Morgan Stanley zugestimmt, in Bankholdinggesellschaften umgewandelt zu werden.» Ach du Scheiße! Das war also der Grund, warum Gary Cohn das ganze Wochenende in seinem Büro verbracht und rund um die Uhr gearbeitet hatte. Das war ein Riesending.
    An einem einzigen Wochenende war die Institution der Investmentbank, so wie man sie einst verstand, für immer verschwunden. Das Unternehmen Goldman Sachs von Sidney Weinberg, Gus Levy und John Whitehead hatte sich aufgelöst. Verzweifelte Männer (darunter Lloyd Blankfein, Gary Cohn und Morgan Stanleys damaliger CEO John Mack) hatten in letzter Minute diese geschickte Überführung in eine Institution in die Wege geleitet, die sich von der Regierung zinslos Geld leihen und es dann zu den gleichen Konditionen wie Staatsanleihen investieren konnte. Im Grunde genommen eine Lizenz zum Gelddrucken. Goldman Sachs und Morgan Stanley wurden also von der Regierung dafür bezahlt, dass sie im Geschäft blieben.

Kapitel 7
    Der Blick in den Abgrund
    Aus den Augenwinkeln sah ich, wie unser CEO Lloyd Blankfein inmitten einer Menschentraube im Handelssaal erschien. Der ganze Pulk befand sich auf der anderen Seite des fußballfeldgroßen Saals, bewegte sich aber stetig in unsere Richtung, der Abteilung Derivatives Sales. Ein paar Fotografen und jemand mit einer Kamera waren auch dabei. Es war ein seltsamer Anblick. Bei uns gab es niemals Fotografen im Handelssaal, schon gar nicht in einem Moment, der uns wie das finanzielle Armageddon vorkam. Die Märkte brachen zusammen, und Lloyd grinste von einem Ohr zum anderen, ebenso wie alle anderen in der Gruppe. Als sie näher kam, erkannte ich, dass jede Menge hohe Tiere dabei waren: Harvey Schwartz, der globale Chef des Bereichs Securities, Enrico Gaglioti, der Verkaufschef für Nordamerika – es müssen sieben oder acht Partner gewesen sein, die in meine Richtung gingen. Aber keiner von diesen Eminenzen war so groß wie der Mann, der sich in ihrer Mitte befand. «Das Orakel von Omaha» – Warren Buffett. Ohne Zweifel der größte Investor seiner Zeit, vielleicht sogar aller Zeiten. Sein Unternehmen Berkshire Hathaway hatte sich für seine Fähigkeit, Wert zu erkennen und für die Anleger Jahr um Jahr Renditen zu generieren, einen legendären Ruf erworben.
    Inmitten all der Turbulenzen war dies ein guter Tag für Goldman Sachs. Warren Buffett war gekommen, um die Firma vor der Auslöschung zu bewahren. Wir waren alle völlig überrascht: Nur zwei Tage nachdem wir in eine Bankenholding umgewandelt worden waren, warf uns Buffett eine Rettungsleine zu in Form von 5 Milliarden Dollar frischem Geld. Für ihn war es ein unglaublich attraktiver Deal, einer, den er nicht ausschlagen konnte. Er bekam eine jährliche Dividende von zehn Prozent (Goldman Sachs zahlte ihm über seine Investition hinaus zusätzliche 500 Millionen Dollar pro Jahr), obendrein räumte ihm die Firma Bezugsrechte (ähnlich wie Call-Optionen) auf Firmenaktien im Wert von weiteren 5 Milliarden Dollar zu einem ermäßigten Preis ein. Ein teurer Deal für Goldman, doch das Gütesiegel von Warren Buffetts Zustimmung war Gold wert. Es war ein Schub, der es uns erlaubte, rasch weitere 5 Milliarden Dollar Kapital bei unseren Kunden aufzunehmen, zu denen einige der größten institutionellen Anleger der Welt gehörten. Noch wichtiger als das 5-Milliarden-Dollar-Investment des «Orakels» war der mächtige Schub Selbstvertrauen, den wir daraus zogen, und die Botschaft, die es an die Märkte schickte. Sowohl das Geld wie auch die Geste hatten uns stabilisiert.
    Die Menschentraube kam den langen Gang in der Mitte des Handelssaals entlang. Warren schaute sich um und lächelte. Lloyd zeigte ihm verschiedene Bereiche. Und dann entschlossen sie sich, stehen zu bleiben. Direkt an meinem Schreibtisch.
    «Lloyd, lassen Sie mich ein paar Worte sagen», bat Buffett.
    Ein Associate beeilte sich, Buffett das Tischmikrophon meines Schreibtischnachbarn in die Hand zu drücken, damit er über die Anlage für jeden einzelnen der sechshundert Trader im Raum zu hören sein würde.
    In dem Moment, als er zu sprechen begann, brandete Applaus auf. Es war die Art von Applaus, die ich ansonsten in meiner Karriere nur einmal gehört hatte: am ersten Jahrestag des 11. September, als alle ebenso erleichtert wie begeistert applaudierten, dass New York sich nicht hatte in die Knie zwingen lassen. Auch jetzt stand jeder im Raum auf,

Weitere Kostenlose Bücher