Die ungehorsame Tochter
als verwegen, wenn nicht gar teuflisch. Das Hamburger Wahrzeichen, die Michaeliskirche, war sein berühmtestes
Werk. Als Bauhofmeister, so eine Art städtischer Oberbaudirektor, stellte ihn der Rat zwar nicht an, aber er arbeitete sehr
häufig im Auftrag der (→) Commerzdeputation, auch als Gutachter in Sachen Versandung der Elbe. Eng verbunden mit den aufklärerischen
Kreisen Hamburgs, gehörte er zu den Gründern der
Patriotischen Gesellschaft,
einer beispielhaften Vereinigung zur Beförderung des Gemeinwohls, die noch heute außerordentlich aktiv ist.
Struensee, Dr. Johann Friedrich
(1737 – 1772) wurde schon mit 20 Jahren Stadtphysikus von Altona, damit zugleich Armen- und Gefängnisarzt. Er war ein Freidenker und seiner Zeit besonders
auf medizinischem und sozialpolitischem Gebiet weit voraus. Seine zahlreichen streitbaren gesundheits- und sozialpolitischen
Publikationen fielen oft der Zensur zum Opfer. 1768 wurde er zunächst Reise-, 1769 Hofarzt und dann Geheimer Kabinettsminister, so eine Art Regierungschef, des dänischen Königs Christian VII. Seine radikalenReformen gegen die Interessen von Kirche, Patriziat und Adel (und vielleicht auch eine Liebschaft mit Königin Karoline Mathilde)
führten zu seinem schnellen Sturz. Der vehemente Gegner der Todesstrafe wurde auf grausamste Art durch Rädern und Vierteilen
hingerichtet. Die Königin wurde nach Celle verbannt, wo sie schon 1775, gerade 24 Jahre alt, starb.
Tranbrennerei
Im 17. Jh. erwarb Hamburg als erste deutsche Stadt im Walfanggebiet der nach ihrer Hauptinsel Spitzbergen genannten Inselgruppe im
Nordpolarmeer einen Hafen. Die erlegten Wale wurden direkt am Fangort zerlegt und der Speck am Ufer ausgekocht, «gebrannt».
Als die Wale vor der schnell zunehmenden Jagd weiter in die Eisregion und ins offene Meer zurückwichen (ca. ab 1650), wurde
der Speck in Fässern in die Heimathäfen transportiert, wo er in zumeist an den Ufern errichteten, übelstinkenden T.n «ausgebrannt»
wurde. Mit dem Rückgang der Wale wurde die Jagd auch auf Robben und Walrosse ausgedehnt. Die hier nahe dem Hanfmagazin erwähnte
T. nahe der heutigen St.-Pauli-Hafenstraße gehörte Berend Roosen, der ca. 1736 die Tochter des (→) Grönlandfahrer-Reeders
und Werftbesitzers Kramer (1. Werft am Reiherstieg, gegr. 1705) heiratete. Ab 1758 besaß Roosen, zu seiner Zeit einer der bedeutendsten Hamb. Reeder, auch
die Werft.
Unschlitt
wird der Talg von Rindern, Schafen und anderen Wiederkäuern genannt, der u. a. zur Herstellung von Seifen und Kerzen verwandt wird. Während die besseren (nicht qualmenden) Bienenwachskerzen von Wachsziehern
hergestellt wurden, wurden die billigeren und weniger hell brennenden U.kerzenhäufig von Seifensiedern und Metzgern gegossen und verkauft.
Vaudeville
Die derben Schwänke aus den Pariser Vorstädten (voix de ville = Stimme der [Vor-]Stadt) waren ab dem Beginn des 18. Jh. auch bei vielen Bourgeois sehr beliebt. Außer einigen Couplets und Gassenhauern, gerade richtig zum Mitgrölen, boten sie
wenig Musik. Viele V. wurden von der Zensur verboten, was ihrer Beliebtheit in den vorrevolutionären Zeiten natürlich nicht den geringsten Abbruch
tat. Selbst in Mozarts
Die Entführung aus dem Serail
gibt es ein V. benanntes Quartett. Später bürgerte sich der Begriff auch für eine bestimmte Art von revueartigen, nach wie vor deftigen
Stücken und Couplets ein, die im 19. Jh. in den Theatern ganz Europas bis Moskau viel aufgeführt wurden. Im Gegensatz zum süßlichen deutschen Singspiel verstand
sich das Vaudeville immer auch als spitze Satire.
Vorsetzen
werden seit mindestens 500 Jahren die zum Schutz der Uferböschung «vorgesetzten» Wände aus Eichenbohlen oder Weidenrutengeflecht genannt. Hier konnten
die Schiffe direkt festmachen. Eine Straße gleichen Namens am Hamb. Hafen erinnert noch an diese bis ins 20. Jh. verwandte Form der Kaianlage.
Wedde
Die Organisation der Hamburger Behörden und Verwaltungen im 18. Jh. unterschied sich stark von der heutigen. So ist auch die W. nicht mit der heutigen Polizei gleichzusetzen, aber auch zu
ihren Aufgaben gehörte die Aufsicht über «die allgemeine Ordnung» und die Jagd auf Spitzbuben aller Art, andererseits auch
die Registrierung von Eheschließungen und Begräbnissen. Kein Prediger durfte ohne Erlaubnisschein der W. für das Brautpaar
eine Trauung vornehmen. Die der W. vorgesetzteInstanz wurde
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