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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Schleifstein zu.
    Der Vater schaute verblüfft seinem Sohn hinterher, Olga aber nicht, denn sie wusste es bereits.
    Er war eine Klasse für sich.
    Dieses Mal drehte Notto sich um und kam zu ihnen zurück.
    Am selben Tag öffnete Olga die kleinen Fenster und ließ den Wind, der eine Andeutung von Herbst mit sich führte, wie einen Besen durch das Haus fegen, und sie selbst scheuerte den Boden, die Wände und das Dach, wusch alles, was es an Kleidung und Bettwäsche gab, im Fluss, der direkt neben dem Haus entlangführte, und hing es zum Trocknen auf, bis eine bunte Flaggenparade auf dem Weg nach Senum zu sehen war. Hurra, du Satansfotze! Sei still, du Mundfäule!
    Dann tauchte die kleine Familie in demselben Fluss unter, nackt wie von Gott geschaffen, und dort blieben sie liegen, bis sie anfingen zu frieren.
    September.
    Die Birkenstämme leuchteten weißer und das Laub goldener als je zuvor.
    Sagte ich vorhin, es gäbe nur spärliche Informationen? Das mag wohl stimmen, aber einiges weiß ich, und einiges kann ich schlussfolgern, und den Rest kann ich behaupten, denn niemand, das wage ich zu behaupten, niemand kannte Notto besser als ich:
    Er ging weiter, ja, er wurde eine Sehenswürdigkeit im Tal, die Leute kamen von den umliegenden Höfen, um diese leichtfüßige Gestalt, die noch nicht einmal ihren ersten Geburtstag gefeiert hatte, selbst in Augenschein zu nehmen. Und seine Sehnsucht nach Milch gab sich auch nicht, er konnte nicht genug Milch bekommen, und wenn sich die Gelegenheit bot, dann stahl er sie sogar. Es wurde gescherzt: Der Junge hätte lieber eine Kuh werden sollen, dann hätte er seine eigene Milch produzieren und von sich selbst trinken können! Aber die Eltern waren zufrieden, und der Vater meinte, dass aus dem Jungen etwas werden könnte.
    Einige Jahre vergingen.
    Da zeigte sich, dass Notto für das meiste nicht zu gebrauchen war, nicht in unseren Augen, das bei weitem nicht, doch in den Augen der anderen und besonders in denen des Vaters, der lange glaubte, dass aus dem Jungen etwas nach seinen Vorstellungen werden könnte. Doch Notto konnte kein Gewehr still halten, um zu zielen, denn Notto konnte nicht still stehen. Notto war immer irgendwo anders. Wenn sie an einem der Seen fischten, war er eher mit den Bibern beschäftigt, die ihre Bauten an der Mündung bauten, und die Leine glitt ihm durch die Hände. Seine Arme waren zu schwach, um die Sense zu führen, denn all seine Kraft war in den Schenkeln, Beinen und Füßen gesammelt. Er konnte kein Blut sehen, wenn die Schafe geschlachtet wurden, und er fürchtete sich vor dem Dunkel in den Gruben, und am schlimmsten fand Notto das Bergwerk. Notto war kein Mann für alles Mögliche wie der Vater, ganz im Gegenteil, wir sind Spezialisten, wir verfeinern unser Talent, und niemand verfeinerte es mit mehr Fleiß und Ausdauer als Notto. Denn wie gesagt, in einem war er unübertroffen: im Gehen. Er ging den Fluss entlang, bis der Fluss umkehrte. Er ging durch den Wald, bis die Sterne herabfielen. Er ging hinunter ins Tal und wieder hinauf. Er ging über die Hügel, bis das Meer sich öffnete. Dann ging er nach Hause.
    Das machte keinen Eindruck auf den Vater. Das machte diesen wütend und verzweifelt.
    »Wohin willst du?«, fragte er.
    Notto verstand die Frage nicht.
    Der Vater ballte direkt vor dem Gesicht des Sohnes die Faust.
    »Antworte mir, Junge! Wohin willst du, wenn du gehst?«
    »Nirgendwohin«, antwortete Notto.
    Da holte der Vater das Gewehr und feuerte zwei Schüsse ab, einen in den Himmel und einen auf den Birkenhain, und dorthin schleppte er Notto, riss ihm den Pullover vom Leib und peitschte den mageren nackten Rücken mit dem Zweig, den er getroffen hatte, nicht, weil er böse war, sondern weil er nicht wusste, was er mit diesem unnützen und überflüssigen Sohn sonst hätte tun sollen. Und das geschah nicht nur einmal. Es geschah häufiger, und es geschah, wenn die Mutter nicht da war, wenn sie im Fluss Kleider wusch oder Nachbarhöfe besuchte. Doch schon bald kümmerte er sich gar nicht mehr darum, ob sie es nun sah oder nicht, ob sie schrie, ihn kratzte oder weinte. Er wollte seinem Sohn auf jeden Fall Vernunft einprügeln. Und war das etwa kein gerechtfertigter Zorn, ein überaus gerechtfertigter Zorn? Der Meinung war er. Das Schlimmste daran war, dass Notto es ertrug. Nie war ein Laut von dem Jungen zu hören. Notto dachte, während die festen Schläge des frischen Birkenreiser seine Haut trafen und sie aufrissen: Soll es so sein? Es

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