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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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sagst, dann werde ich dir nicht verzeihen.«
    »Was soll ich sagen? Ich bin überwältigt!«
    »Überwältigt? Was bedeutet das? Sag mir lieber, wie du es findest! Steht es mir?«
    »Dir steht alles, Sigrid.«
    »Rede dich nicht heraus. Steht es mir, oder steht es mir nicht?«
    »Hand aufs Herz, ich habe nie etwas Schöneres gesehen.«
    Einen Moment lang blieb Sigrid stehen, betrachtete mich.
    »Was ist mit dir?«, fragte sie.
    »Was soll mit mir sein?«
    »Zum einen liegst du vollständig angezogen auf dem Bett. Und dann redest du so albern. Bist du betrunken?«
    »Ich bin müde. Ich habe den Spaziergang in beide Richtungen gemacht.«
    »Was hast du da in der Hand?«
    Ich hob die Hand und sah zu meiner Verblüffung, dass ich den Pfirsich zerdrückt hatte. Ich hatte auch den frischen Pfirsich zerdrückt. Fruchtfleisch und Saft flossen aus dem Hemdsärmel, tropften auf das Laken.
    »Einen Pfirsich«, sagte ich. »Ich meine, das war ein Pfirsich.«
    »Hast du einen Pfirsich gekauft?«
    »Für dich. Er war so schön. Probier mal.«
    Und tatsächlich setzte Sigrid sich auf die Bettkante, nahm meine Hand und leckte meine Finger sauber, einen nach dem anderen.
    Das erregte mich auf eine ganz spezielle Art.
    »Meine ungezogene Brunhilde«, sagte ich.
    Doch als ich sie in den Arm nahm und mehr wollte, entwand sie sich mir, plötzlich wütend, und verließ das Bett.
    »Mach mein Kleid nicht kaputt!«
    »Kannst du es nicht einfach ausziehen?«
    Sigrid wandte sich dem Spiegel in der Schranktür zu und rückte den Hut zurecht.
    »Du musst dich zusammenreißen, bis die Zeit gekommen ist, Berny. Dann legen wir los.«
    Mir war klar, dass sie auf die Monatswelle anspielte. Und sie würde in genau fünf Tagen über mir zusammenbrechen, wenn ich richtig gerechnet hatte. Sie wollte also systematisch zu Werke gehen, um die Anzahl der Bevölkerung zu erhöhen und ihren Eltern ein Enkelkind zu verschaffen. Ich ging ins Bad, wusch mir die Hände, musterte mein Gesicht, der Wind und die Meeresluft hatten die Augen rot und die Wangen hager werden lassen.
    »Und was ist der Grund für all diese Extravaganz?«, fragte ich.
    Sigrid stellte sich in die Türöffnung.
    »Rate mal.«
    »Du weißt, dass ich es nicht leiden kann, raten zu müssen.«
    »Versuche es trotzdem.«
    »Essen bei Negresco?«
    »Falsch. Aber zieh dir auf jeden Fall das Beste an, was du hast.«
    »Wohin wollen wir, Siggen? Sind wir irgendwo eingeladen? Ich möchte es wissen.«
    »Wir gehen ins Casino, Berny.«
    Kann ich behaupten, dass mein Blut zu Permafrost erstarrte? Kann ich außerdem behaupten, dass ein neuer Anfall von Diplopie mich ereilte, dass ich mein Gesicht doppelt im Spiegel sah, den lächelnden, weltgewandten Bernhard Hval, einen savoir vivre, den Besten seines Jahrgangs, und daneben oder davor, wie eine Schicht auf der anderen, den gequälten, gefolterten und lächerlichen Bernhard Hval? Ja, das stimmt. Was habe ich gesagt: Außen hui, innen pfui. Mich auf ein Casino loszulassen, das bedeutete ganz einfach eine Katastrophe. Ich würde an den Spieltischen, vor den Kartenstapeln, den Jetons und dem Roulette, aller Wahrscheinlichkeit nach einen neuen Zwang entwickeln, größer und gewaltiger als je zuvor, einen Hunger, der alles überschatten würde und alle anderen im Vergleich nur als Grillen und Bagatellen erscheinen lassen würde. Ich würde in Stücke zerbrechen. Und nicht nur ich. Ich würde andere im Fall mit mir reißen. Ich stampfte mit beiden Füßen auf, schnaubte, ein Zucken meines Mundes zerriss mir fast die Lippen, und dann drehte ich mich zu Sigrid um, die immer noch in der Tür stand und auf eine Antwort wartete, als wenn nichts passiert wäre. Manchmal überlege ich, wie lange ein Augenblick dauern kann. Ich weiß nur, dass der kantige Augenblick schlimmstenfalls, so wie jetzt, die Zeit in sich aufsaugen kann, wie ein Magnet, der einen Raum in Sekunden leert.
    »Casino? Was sollen wir denn da?«
    Sigrid lachte.
    »Was glaubst du? Uns entweder noch reicher spielen oder um Kopf und Kragen. Ist das nicht spannend?«
    »Nein. Ich gehe dort nicht hin.«
    »Sei nicht dumm. Natürlich gehen wir ins Casino, wenn wir schon mal in Nizza sind.«
    Ich blieb bei meinem Standpunkt. Ich musste bei ihm bleiben. Ich stampfte weiterhin mit den Füßen auf.
    »Ich gehe nicht dorthin! Du kannst gern gehen, aber ich komme nicht mit!«
    »Jetzt bist du kindisch, Bernhard. Wie ein Esel.«
    Ich holte Luft und lehnte mich ans Waschbecken. Ein Bluttropfen fiel auf das

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