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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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einige zu nennen. Der letzte Zeitungsjunge lief den Bürgersteig entlang. Seine Schritte hallten von allen Seiten wider, bevor er um die Ecke des Grand Hotels verschwand. Vom Meer her waren die Fähren zu hören, die anlegten, genau nach Fahrplan, soweit ich feststellen konnte. Ein größeres Schiff lag ein Stück entfernt im Trockendock. Die Arbeiter wechselten sich Tag und Nacht auf der Werft ab. Die Möwen flogen in großen Kreisen über den Fischkuttern, während die elektrische Straßenbahn sich dem Stortinget näherte und der eine oder andere Bauer mit Pferd und Wagen noch Kurs auf die Buden auf dem Youngstorget nahm. Noch einmal stießen die neue und die alte Zeit zusammen, wie zwei Boxer im Ring, und es waren nicht viele, die ihr Geld auf den Älteren von beiden setzten. Aber es gab dennoch eine Art Ordnung in diesem Nähkasten. Die Welt bekam es hin. Ich war ziemlich optimistisch. Ich schlug vor, dass wir ums Bislet gehen könnten, statt das Auto zu nehmen, durch die ruhigen Gassen dort, um dann zu Franck im Bogstadveien zu gelangen.
    Notto Fipp wollte lieber durch den Schlosspark gehen.
    »Wir können gern am Sankthanshaugen abbiegen«, sagte ich. »Da gibt es einige saftige Hügel.«
    »Ich würde aber gern durch den Schlosspark gehen«, sagte Notto Fipp.
    Es war diese Sturheit, sie war seine Stärke, sie machte ihn zu dem, was er war. Mit anderen Worten war es eine vornehme Sturheit, sie adelte sein Wesen. Und es war meine Pflicht, nicht nur als sein Arzt, sondern auch als sein Freund, alle persönlichen Interessen fahren zu lassen, ganz gleich, wie ungern ich an den Gardesoldaten vor dem kleinen Häuschen dort oben auf dem Prachtgrundstück vorbeiging.
    »Dann machen wir es natürlich«, sagte ich.
    Königsflundern!
    Wir gingen auf den Schlosspark zu. Notto Fipp war zuerst unsicher, jeder Schritt war eine Probe, ja, eine Prüfung. Er wackelte wie ein Kind. Vielleicht lag es daran, dass er nicht seine übliche Montur trug, vielleicht lag es an seiner Verfassung, dass sie so schlecht war, dass sein Talent, das Gehen, das Notto Fipp ausmachte, ernsthaften Schaden genommen hatte. Das, im Zusammenhang mit seiner Sturheit, machte mir große Sorgen. Vielleicht lag es auch nur an diesem verdammten Kopfsteinpflaster, eine unmenschliche Unterlage, um sich darauf zu bewegen, und ich als Arzt würde vorschlagen, diese Klötze überall dort zu entfernen, wo sie hineingeschlagen worden waren. Aber eines war zweifellos sicher: Notto Fipp musste stark und geschmeidig genug werden, um jeden Untergrund meistern zu können, Kies, Asphalt, Sand, Matsch, Gras, Schotter und also auch Kopfsteinpflaster. Notto Fipp sollte nicht nur ein Kamel werden. Ich hätte ihn gern auch zu einem Kraftsportler gemacht, einem Akrobaten.
    Ich? Du Idiot! Notto Fipp war er selbst. Vielleicht war ich ja sein Arzt, im besten Fall sein Freund. Vielleicht wollte ich mich auch nur in seinem Licht sonnen. Sein Cicerone war ich auf jeden Fall nicht, denn ich folgte ihm nur, ja, das tat ich, der Mörder, und versuchte seinen Platz auszufüllen, als er tot war.
    Übrigens äußerte ich nichts hinsichtlich meiner Besorgnis. Stattdessen ermunterte ich ihn. Auch das ist die Pflicht des Arztes und Freundes.
    »Es wird besser auf den Fußwegen«, sagte ich.
    Doch bevor wir so weit kamen, geschah etwas Bemerkenswertes. Und lasst mich noch einmal betonen, dass ich nicht von Natur aus abergläubisch bin. Ich lese nicht in den Sternen. Das, was ich lese, das finde ich im Lexikon, in Almanachen und Wörterbüchern. Aber das hier war ein Omen, eindeutig, oder ganz einfach eine Gelegenheit. Gott oder wie auch immer er heißen mag, griff ein und berührte uns. Es kam nämlich ein Wikingerschiff die Karl Johan entlanggesegelt. Wir blieben stehen und ließen diesen fabelhaften Anblick auf uns wirken. Es war ein abgetakeltes Schiff, das jeden Moment sinken konnte, aber es schwamm in seiner schön geschwungenen Form, kurz und gut, es war das Gokstadschiff, das zum Seefahrtsmuseum auf Bygdøy transportiert wurde, gezogen von einem Trecker der Feldartillerie. So berührte Gott, oder wie immer er auch heißen mag, uns, damit wir die Hand ausstrecken und die Geschichte berühren konnten. Und in dem Moment dachte ich: Wir, Notto Fipp und ich, wir werden auch Geschichte schreiben.
    Dem Schiff folgte eine ganze Reihe Autos und neugierige Jungen auf Fahrrädern.
    Stimmt es etwa nicht, was ich sage: Vergangenheit und Zukunft auf derselben Straße, mehr sage ich nicht dazu.
    Dann

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