Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman
das gut wäre für seinen moralischen Habitus, er hatte im wahrsten Sinne des Wortes etwas, dem er sich entgegenstrecken konnte, während er gleichzeitig langsam, aber sicher physisch Fortschritte machte. Seele und Fleisch! Kopf und Füße! Trotz allem hängen wir zusammen. Trotzdem gab ich ihm die Anweisung, sich noch eine Woche lang zu schonen, ganz gleich, wie ungeduldig er war, endlich loszukommen. Zu früh zu starten, das würde nicht wiedergutzumachende Schäden und heftige Rückschläge verursachen. Deshalb empfahl ich ihm lieber einige einfache Übungen, besonders im Hinblick auf die Wadenmuskeln und Knie, die Notto Fipp im Zimmer ausführen konnte, wann immer er wollte. Ich gab Frau Bye, der obersten Instanz des Hotels, Bescheid, dass jeden Morgen frische Milch und Bananen in Notto Fipps Zimmer gebracht wurden. Die Bananen hatte ich bereits bei Bananen-Matthiessen bestellt. Außerdem betonte ich, dass er hier inkognito wohnte und das Personal die notwendige Diskretion walten lassen musste, damit die Presse nichts von seinem Aufenthaltsort erfuhr. Frau Bye senkte die Stimme.
»Selbstverständlich. Unsere Gäste stehen immer an erster Stelle.«
Frau Bye war eine Frau nach meinem Geschmack.
Ich gab ihr einen Umschlag mit dem notwendigen Vorschuss, eine Sonderzulage für die Zimmermädchen und meine Telefonnummer.
»Und lassen Sie ihn nicht raus, bis ich es sage.«
Frau Bye hielt mich zurück.
»Darf ich fragen, wer er eigentlich ist? Nur dass wir wissen, mit welcher Größe wir es hier zu tun haben.«
»Das werden Sie bald erfahren«, sagte ich.
Ich eilte die Karl Johan hinauf und weiter den Drammensveien entlang. Es wäre natürlich schneller gewesen, durch den Schlosspark zu gehen, aber ich hatte mir geschworen, dass ich auf dieses erbärmliche Stück Erde nie wieder einen Fuß setzen würde, nachdem meine Mutter und ich mehrere Stunden dort hatten warten müssen, um den Orden zurückzugeben. So viel dazu. Der September war also gekommen. Die Luft war kühl und klar, zwölf Grad, es durfte nicht kälter werden, wenn Notto Fipp in Kristiansand startete, zumindest nicht weniger als zehn Grad. Die Hochzeit sollte in einem Monat stattfinden, und es war mein ausdrücklicher Wunsch, dass er seinen Lauf noch vorher ausführte, auch wenn ich so meine Zweifel hatte. So eine Hochzeit konnte ihn irritieren, und ganz besonders dachte ich an das Menü. Aber die Hochzeit zu verschieben, das kam nicht in Frage. Ich war ein Mann von Ehre. Bandwurm! Sollte es so schlimm kommen, dass Notto Fipp den großen Anstrengungen nicht gewachsen war, bevor ich Sigrid in Trondenes Kirche mein Jawort gab, dann musste ich zunächst versuchen, etwas an der Hochzeitsreise zu verändern. Außerdem sollte ich meine Stellung im Rikshospital eine Woche vor der Trauung antreten, und es waren auch noch Ringe zu kaufen, Notto Fipp einzukleiden und ihn so herzurichten, dass er einem Trauzeugen ähnelte, und außerdem hatte ich die Rede an die Braut noch nicht geschrieben, ja, die Braut, ja, sie hatte sicher auch so einiges zu bedenken, das Kleid, die Schuhe, die Frisur, die Maniküre und alles, was eine Braut sonst noch zu tun hatte und von dem ich wenig oder gar nichts verstand. Wir hatten uns in all der Aufregung kaum gesehen, aber ausgerechnet an diesem Abend saß sie im Skovveien im Wohnzimmer und wartete auf mich.
Meine Hände sprangen ebenso schnell in die Luft, wie ich sie auch sofort wieder in die Tasche steckte, vielleicht hatte sie es gar nicht bemerkt.
»Ist das Frau Hval, die zu Besuch gekommen ist«, sagte ich.
Doch Sigrid war nicht zu Späßen aufgelegt.
»Ich habe schon gefürchtet, du hättest mich vergessen«, sagte sie.
»Dich vergessen? Ich tue nichts anderes, als an dich zu denken.«
»Wirklich? Und was hast du sonst noch getan?«
Meine Hände zuckten und zerrten in meinen Hosentaschen.
Wenn sie nicht zu Späßen aufgelegt war, war es sicher das Beste, den Geheimnisvollen zu spielen.
»Dinge, die ich nicht verraten darf«, sagte ich.
Und damit sank ich auf die Knie und küsste ihre Knie.
Sofort wurde Sigrid sanfter.
»Wollen wir nicht schon vor der Trauung ein Kind zeugen?«, fragte sie.
»Du meinst, jeden Schutz beiseitelegen und es einfach drauf ankommen lassen?«
»So in der Art, ja. Was hältst du davon, mein Stutenprinz?«
»Ich werde dich verschmausen, bis die Schüssel leer ist!«
Sigrids Laune wurde besser, während sich meine verschlechterte, und auf diese Weise blieb die Summe der Laune zwischen
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