Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
wollte er sich versichern, dass der immer noch dort hing.
    »Du gehst jetzt sicher zum Junggesellenabschied, oder?«
    »Oh nein. Das würde Sigrid nie zulassen.«
    Und so verließ ich Notto Fipp, in seiner, oder unserer besten Ausrüstung, und es ging heimwärts zu meiner Verlobten und baldigen Ehefrau, die auf mich im Skovveien wartete, was sie absolut nicht tat. Aber sie hatte ihre Spuren hinterlassen, alles stand, hing und lag am falschen Platz. Es war fast nicht auszuhalten. Ich musste mich durch die Räume räumen, Stück für Stück, eins nach dem anderen. Als ich endlich mit dem Wohnzimmer fertig war, fand ich eine Nachricht von Sigrid, und nicht nur das, sie hatte eine weiße Rose in eine Vase neben eine Flasche Champagner gestellt. Ich hielt es dennoch aus. Ich war ja verliebt. Ich setzte mich und las die Nachricht. Sigrid war zum Junggesellinnenabschied mit Tora und anderen Freundinnen. Die Nachricht endete folgendermaßen: Frage mich niemals, was wir getan haben, mein Stutenprinz. Zuerst war ich erleichtert. Dann wechselte ich schnell meine Meinung. Selbst auf meinen Wankelmut konnte man sich nicht verlassen. Glaubte sie vielleicht, dass ich nicht auch Junggesellenabschied feiern würde? Da irrte sie sich aber gewaltig. Sofort schickte ich eine Nachricht zum Rikshospital, Chirurgische Station A, dass der Test doch negativ war. Meine positive Antwort war natürlich nur ein Scherz unter Freunden gewesen. Das Telegramm wurde nach einer halben Stunde an der Tür abgeliefert: Operationsbeginn 19 Uhr. Bristol Bar.
    Ich duschte, zog mich um, wollte zunächst einen alten Anzug anziehen, den ich da hängen hatte, doch dann entschied ich mich für den Frack, die ganze Montur. Wenn schon, denn schon! Dann brach ich die Rose ab und steckte mir die Blüte ins Knopfloch. Anschließend trank ich in aller Ruhe ein Glas Champagner und fiel in Gedanken. War das mein letzter Tag als Junggeselle? Begann jetzt das Leben, das gewöhnliche Leben, nach dem ich mich so gesehnt hatte, die tägliche Routine, Pflichten, Termine, eine Tochter oder ein Sohn, vielleicht beides, Haushaltshilfe, Doktorgrad, insgesamt: Ansehen, ein guter Ruf, festes Einkommen und ein Sitzplatz im Himmel? Ein Saufgelage! Fröhlich konnte ich in eigenen Kreisen sein. Bereits jetzt vermisste ich Notto Fipp. Und bemühte mich, so schnell ich konnte, diesen Seitensprung hinter mich zu bringen. Das ging nicht nach fachlichen Regeln vor sich: Ich traf wie abgesprochen im Bristol ein, wo meine Freunde oder Kollegen bereits an der Bar standen und Champagner tranken. Es waren fünf oder sieben Stück, ich kann die Anzahl nicht genau wiedergeben, sie kamen und gingen, und es dauerte auch nicht lange, bis ich außerstande war zu zählen. Ich nenne sie Christian, Holger, Julius, William. Wir sprachen uns mit Vornamen an. Das Einzige, was ich mit Sicherheit sagen kann: Der Laborant war dort, und Direktor Lund war nicht dort, Gott sei Dank. Ich wurde mit offenen Armen empfangen. Die Korken knallten, die Gläser schäumten über, Applaus. Wir waren die hohen Herren der Stadt, unbesonnen, unerträglich und populär. An diesem Abend war fast alles erlaubt, und ich war der Mittelpunkt dieses Interregnums, doch jeder Macht beraubt. Im Gegenteil, ich musste gehorchen. Rattatam! Bald nahm das ganze Bristol an meinem Trinkgelage teil, alle wollten mit mir anstoßen, und ich musste in alle Richtungen trinken. Ich war leider Alkohol und andere Rauschmittel nicht mehr gewohnt, zumindest nicht in größeren Mengen. Als die Uhr acht schlug, brauchte ich etwas zu essen und rechnete damit, dass meine Freunde eine Tafel in der Maurischen Halle bestellt hatten. Doch da irrte ich mich. Sie hatten andere Pläne gehabt. Wir mussten weiter. Vorher jedoch musste Bernhard Hval tanzen. Tanz für uns, Bernhard Hval! Ich weigerte mich. Doch es hatte keinen Sinn, sich zu weigern. Ein Orchester tauchte auf und spielte eine dieser schnellen, unerträglichen Melodien aus Amerika. Charleston. Ich versuchte es noch einmal und meinte, gute Gründe zu haben. Doch die hatte ich anscheinend nicht.
    »Soweit ich weiß, ist es verboten, hier Charleston zu tanzen«, sagte ich.
    »Nur für die, die tanzen können!«
    Die Gäste bildeten einen Kreis um mich. Das Orchester fing mit demselben Stück noch einmal von vorne an. Alle klatschten im Takt, und ich glaube, sie riefen meinen Namen, Bernhard, Bernhard, Bernhard, Berny! Hatte Sigrid, diese Klatschtante, etwas mit dieser Idee zu tun? Ich tanzte. Ich löste

Weitere Kostenlose Bücher