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Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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Kesselstein und Scheiße beschmutzten Klosettbecken, weit weg von den angeschlagenen Fliesen, weit weg von diesem Haus, dieser Stadt, diesem Land.
    Aus der Kanalisation drangen Geräusche wie von einem abgesoffenen Motor, und der Duschkopf spuckte lehmbraune dünne Wasserstrahlen aus, sodass Megan den Wasserhahn zudrehen musste. Einen Moment lang verharrte sie reglos. Die heftigen, erregten Stimmen von der unteren Etage drangen bis zu ihr, durch die Rohrleitungen waren sie verzerrt und unverständlich.
    In den ersten Tagen hatte sie das Ohr so lange und so fest gegen das Drahtgitter unter dem Waschbecken gepresst, dass es ganz wund geworden war – nur um ihre Gespräche aufzuschnappen. Sie hatte versucht, ihre Absichten zu erraten, sich ihrer Überwachung zu entziehen und vielleicht sogar zu fliehen. Sie hatte weniger als eine Woche gebraucht, um einzusehen, dass ein Fluchtversuch aussichtslos wäre.
    Weder über ein Dachfenster noch über ein Oberlicht gelangte man auf das Dach. Das Erdgeschoss war auf Höhe der Treppe verriegelt, und die Fenster hatten keine Griffe. Sie hatte in Erwägung gezogen, eine Scheibe einzuschlagen und um Hilfe zu rufen oder zu springen. Sie hatte es sogar versucht. Einige Leute auf der Straße hatten aufgemerkt und sich umgesehen, um herauszufinden, von wo diese Schreie kamen, aber die Männer des Albinos waren schneller gewesen. Die Strafe, die sie ihr auferlegt hatten, nahm ihr ein für alle Mal jegliche Lust, ihr Glück ein weiteres Mal zu probieren. Der Knochen war wieder zusammengewachsen, aber aufgrund der Hammerschläge würde sie nie wieder normal gehen können. Die Möglichkeit, aus dem Fenster zu springen und davonzulaufen, war in dem Moment gestorben, als man ihr das Schienbein gebrochen hatte.
    Sie massierte ihre Wade, ehe sie ihre Hände unter den Oberschenkel schob und langsam ihr rechtes Bein anhob, um es aus der Duschwanne herauszubekommen. Als ihr Fuß den Boden berührte, durchzuckte sie der Schmerz bis zur Hüfte. Sie wickelte sich in ein Badehandtuch ein, machte die Glühbirne an der Decke aus und setzte sich auf den Rand des Waschbeckens.
    In der linken Ecke des Fensters war die Scheibe gesprungen, die frische Nachtluft drang durch den Spalt und strich über ihre Haut. Sie beugte sich vor und betrachtete die menschenleere Straße. Auf den am Gehsteig abgestellten Wagen wurden die Schatten länger; hin und wieder leuchteten auf den Etagen der Häuser Lichtvierecke auf; Phantome durchquerten sie und verschwanden. Am Ende der Straße drängten sich Gestalten, die in ein blasses Grau gehüllt waren, um eine Bar – den Babylone Club, wie sie entzifferte – , andere saßen auf der Motorhaube eines Pick-ups und ließen einen Joint von Hand zu Hand gehen. Gelächter und Kinderschreie hallten, näher bei ihr, von rechts wider.
    Megan entdeckte unterhalb ihres Fensters ein Schwimmbecken in dem verwilderten Garten eines kleinen Motels. Ein Drahtzaun umgab den nierenförmigen Swimmingpool, und verrostete Gartenstühle und Müllsäcke waren ins Wasser geworfen worden. Zwei Kinder badeten inmitten des Abfalls und bespritzten sich lachend. Ihre Lebensfreude und der kristallene Klang ihrer Stimmen rührten das Herz der jungen Frau an. Sie lächelte und legte ihre Hand auf die Scheibe.
    Da sie das Schauspiel des Lebens draußen ganz gefangen nahm, hörte sie nicht, wie die Tür einen Spaltbreit aufging. Sie bemerkte die Person hinter sich erst, als der Schatten von Billy Bob ins Badezimmer schlüpfte.
    Sie hatte keine Zeit zu schreien. Der junge Mann packte sie und zog sie an sich. Er drückte seinen Unterarm gegen ihren Mund und löste mit der freien Hand ihr Badehandtuch.

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    »Es bringt gar nichts, wenn du schreist … «, flüsterte ihr Billy ins Ohr. »Du weißt doch, dass die anderen Male auch niemand gekommen ist.« Megan versuchte, ihm zu entkommen; sie verrenkte sich, damit er sie losließ. Sie warf die auf dem Waschbecken stehenden Becher um, und es gelang ihr, sich aus seiner Umklammerung zu befreien und Luft zu holen.
    »Stopp!«
    Billy Bob biss ihr so fest ins Ohr, dass Megan glaubte, er hätte ihr die Ohrmuschel abgerissen. Tränen trübten ihre Sicht.
    »Auf die Knie!«, befahl er und stieß sie Richtung Klosett.
    »Nicht heute Abend … Nein … «
    »Ich hab jetzt Bock. Auf die Knie!«
    Er packte sie an den Haaren und drückte sie auf die Knie, sodass ihre Brust gegen das Klosettbecken gequetscht wurde. Mit den Füßen spreizte er ihre Beine. Sie bekam keine Luft

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