Die Unseligen: Thriller (German Edition)
um Megan Clifford und diesen Mann freizubekommen. Falls es um Geld geht: Médecins Sans Frontières hat eine schwarze Kasse, Sie brauchen uns nur die Kontonummern mitzuteilen … «
»Es ist keine Frage des Geldes«, versetzte der Oberst.
Der Referent stand auf und streckte sich, ehe er eine Flasche Wasser auf einem Tablett holte.
»Umaru Atocha fordert Straffreiheit für seine Verbrechen. Außerdem will er eine neue Identität, die französische und die amerikanische Staatsbürgerschaft sowie eine monatliche Rente. Kurzum, er lässt seine Geiseln frei, wenn er dafür ein neues Leben bekommt.«
Der Arzt starrte die beiden Männer an und ahnte, was sie wirklich dachten.
»Und Sie haben nicht die Absicht, ihm dies zu gewähren … «
»Wir sind im 21. Jahrhundert, Doktor Dufrais«, mischte sich der Oberst ein. »Und Umaru Atocha ist nicht Arthur Rudolph.«
Benjamin zog eine Braue hoch, aber er hatte nicht die Zeit, zu fragen, wer Arthur Rudolph war.
»Sie müssen verstehen, dass der Schutz der französischen Interessen in Afrika eine unserer Prioritäten ist«, sagte der Referent, ehe er aus der Flasche trank.
»Sie wollen sagen, es geht um Gas und Erdöl? Nicht wahr?«
»So ist’s«, räumte er ein. Nachdenklich spielte er kurz an dem Verschluss herum.
»Sie wissen bestimmt, dass Umaru Atocha ein aktives Mitglied der MEND gewesen ist, die von der nigerianischen Regierung und unserem Land bekämpft wird.«
»Sie haben gerade gesagt: ›von unserem Land bekämpft wird‹. Inwieweit ist Frankreich darin verwickelt?«
»Genau das versuche ich Ihnen zu erklären. Es gibt Grundsatzabkommen zwischen Nigeria und Frankreich bezüglich des Umgangs mit terroristischen Gruppen, insbesondere der MEND «, erklärte der Referent. »Der nigerianischen Regierung hat es nicht gerade gefallen – und glauben Sie mir, das ist noch gelinde ausgedrückt – , dass Umaru Atocha den Auftrag, mit dem er betraut worden war, nicht erfüllt hat.«
»Naïs aufzuspüren … «
»Ganz genau. Noch weniger hat ihnen gefallen, dass er beschlossen hat, dieses Kind als Geisel zu behalten.«
»Ich erkenne noch immer keinen Zusammenhang zwischen der Vergangenheit dieses Mannes und der Tatsache, dass Frankreich ihm nicht das gewährt, was er verlangt.«
»Die diplomatischen Beziehungen, die wir zu Nigeria unterhalten, erlauben uns dies nicht.«
Benjamin schloss für etwa zehn Sekunden die Augen, um diese Informationen zu verarbeiten.
»Wenn ich Sie richtig verstehe … «, fuhr er langsam fort, »kann Frankreich nur innerhalb gewisser Grenzen frei mit Umaru Atocha verhandeln. Werden diese Grenzen durch die Abkommen zwischen unserer und der nigerianischen Regierung festgelegt?«
Es trat erneut Schweigen ein. Draußen fielen ein paar Regentropfen auf die Straßen, und manchmal brach ein dünner Sonnenstrahl durch die Wolkendecke, kaum ein weißer Strich auf einem grauen Ozean.
»Monsieur Dufrais … «
Benjamin hob die Hand, um den Referenten zu unterbrechen. Er räusperte sich und spürte, wie die Wut in ihm hochkochte.
»Nur um sicherzugehen, dass ich Sie richtig verstanden habe: Frankreich ist der Schutz der Interessen seiner Ölkonzerne in Afrika wichtiger als die Rettung von Geiseln? Sehe ich das richtig?«
»Das ist eine etwas verkürzte Sicht der Dinge … «
»Verkürzt?! Wir werden sehen, was die Presse darüber schreibt«, sagte er im Aufstehen. »Ich sehe schon Schlagzeilen wie Françafrique immer wieder oder Das Gespenst von Jacques Foccart hält Frankreich davon ab, Geiseln zu befreien. «
Der Oberst stand nun seinerseits auf.
»Es stehen hier Dinge auf dem Spiel, von denen Sie keine Ahnung haben, Doktor Dufrais. Und es wäre nicht besonders klug von Ihnen, wenn Sie mit den Medien darüber sprechen würden. Ich sage das im Interesse der Geiseln, aber auch im Interesse der Organisation, der Sie angehören. Einigen ihrer Förderer werden Ihre Unterstellungen gewiss nicht gefallen.«
»Ist das eine Drohung?«
»Nein, ich sage das nur, um sicherzugehen, dass Sie verstanden haben … «, fügte der Offizier hinzu, wobei er die Stimme des Arztes nachahmte.
126
»Weißt du, wer Arthur Rudolph ist? Oder Rodolph?«, rief Benjamin Richtung Küche.
Jacques, der eine Schürze trug, umfasste den Stiel des Topfes mit kochendem Wasser mit beiden Händen und ging vorsichtig zur Spüle. Er schüttete alles ins Sieb und fluchte, als ihm die heiße Dampfwolke ins Gesicht schlug.
»Rudolph«, korrigierte er ihn, als er die Hände
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