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Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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Entführung berichten, dass auch ein Mädchen gekidnappt wurde.«
    »Ein Mädchen?«
    »Laut unseren Quellen war es ein Zögling des Waisenhauses. Mehr weiß man nicht.«
    »Mir ist das alles schleierhaft«, seufzte der Minister. »Warum überfällt man ein Waisenhaus? Was soll das?« Er trommelte abermals mit den Fingern auf den Tisch. »Einer von Ihnen ruft bitte meinen nigerianischen Amtskollegen an, ich will mit ihm sprechen.«
    »Und was machen wir mit der Presse?«
    »Vorläufig bestätigen wir noch nichts.« Er stand auf und trat an eines der Fenster. »Wenn es sich tatsächlich um eine Geiselnahme handelt, haben wir noch Zeit genug, dies mitzuteilen.«
    »Glauben Sie, dass sie schon tot sind?«
    Der Minister hatte den Blick auf die Seine geheftet und antwortete nicht. Er konnte sich ohne Weiteres ausmalen, wie die Leichen der beiden Ärzte in der Strömung trieben.

17
    Um Umaru Atocha herum waren die Söldner der MEND , seine Gefährten im Diesseits, geschäftig zugange; Männer, mit denen er seine Nahrung, seine Kleidung, seinen Duschraum, seine Stunden teilte und mit denen er sich manchmal einen leidenschaftslosen nächtlichen Zweikampf lieferte, wenn sie sich unter dem Einfluss der Triebe in den Betten irrten. Männer, die, wie er, ihre Familien, ihre Freunde und ihre Dörfer verlassen hatten, um sich dem bewaffneten Kampf und einer Revolution anzuschließen, die sich in die Länge zog.
    Auf der Mauer aus Lehm und Stroh prangte der mit schwarzer Farbe gemalte Name der Gruppe wie eine Standarte, die die Truppen anfeuern soll.
    Movement for the Emancipation of the Niger Delta.
    Ein paar Worte, für die es sich wohl zu sterben lohnt, dachte Umaru Atocha, während er sich eine Zigarette anzündete.
    Auf dem Tisch, der in der Mitte der Hütte stand, waren Patronengürtel, Sturmgewehre, Handgranaten und Stichwaffen angehäuft. Das ganze Arsenal, das notwendig war, damit diese Julinacht in der Geschichte Nigerias Epoche machte.
    Und er, Umaru, »der Albino«, »der weiße Neger«, wie sie ihn manchmal nannten, Sohn von nichts und niemandem, wusste es besser als irgendjemand sonst: Das sah nicht nach einer siegreichen Nacht aus.
    Er erhob sich schwerfällig von der Matratze und griff sich eine Desert Eagle 44 Magnum, die er in sein Holster steckte. Er zog die Spanngurte so fest, dass sie seinen Brustkorb zusammenschnürten und die über zwei Kilogramm Metall ihm aufs Herz drückten. Er steckte drei Magazine in die Taschen seiner Jagdweste und überprüfte das Patronenlager einer AK -47.
    Die meisten Guerillakämpfer, die sich um die überall verstreute Munition drängten, waren Ijaw, Angehörige der größten ethnischen Gruppe im Nigerdelta. Diese Männer waren ausgezehrt von Malaria und high von Drogen und Alkohol, das Alter schwankte zwischen fünfzehn und dreißig Jahren, abhängig von den Fahnenfluchten und Todesfällen. Zwei von drei Kämpfern waren als Kinder von Bauern oder Viehzüchtern in der Gegend aufgewachsen. Dorfvorsteher, die sich die Gunst der MEND sichern wollten, drängten ihre jüngsten Söhne, sich der Bewegung anzuschließen und in den Untergrund abzutauchen. Das Ziel, das sie mit ihrer Revolte verfolgten, war denkbar einfach: Sie wollten die von den ausländischen Ölkonzernen ausgebeuteten Gebiete zurückerobern. Ihr Glaube an die Sache der MEND war unmittelbarer Ausfluss ihrer instinktiven, nicht sonderlich ausgetüftelten Auffassung vom Recht am Eigentum. Für sie ging es allein darum, die Eindringlinge umzubringen und das Land ihrer Vorfahren wieder in Besitz zu nehmen.
    Mit dem Absatz seines Armeestiefels drückte Umaru seine Zigarette aus, dann hängte er sich den Schulterriemen seiner Kalaschnikow quer über die Brust und ging durch die Tür nach draußen. Das Hemd klebte ihm sofort auf der Haut, durchnässt von seinem Schweiß und dem Dunst, der vom Delta aufstieg. Durch den Schlamm, der die Baracken umgab, watete er Richtung Ufer, wobei er bei jedem Schritt bis zu den Knöcheln einsank. Auf einem kleinen Hügel aus lockerem Erdreich blieb er stehen.
    Sie hatten eine Woche Dauerregen durchgestanden. Die Tage und die Nächte waren zu einer einzigen Waschküche ohne Licht verschmolzen. Der Niger und seine Zuflüsse waren schließlich über die Ufer getreten, das Hochwasser hatte sogar die Latrinen überflutet, sodass das Lager nur noch ein Sumpf inmitten eines anderen Sumpfes war, ein riesiges Feld aus Schlamm und Pfützen. Ölteppiche, die sich aus Lecks in den Pipelines speisten,

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