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Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)

Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)

Titel: Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Orringer
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versichern, dass es nicht härter ist als das, was sie mir antut, jetzt da sie über Paul Bescheid weiß.« Und so ließ sie ihn in den Tuileries mit Novaks Briefen zurück.
    Er ging nicht zur Arbeit. Stattdessen setzte er sich auf die Bank in jener düsteren Ecke des Parks und las die Briefe. Der älteste stammte von Januar 1927. Andras las von Klaras erstem Treffen mit Novak nach einer Tanzaufführung; er las von Novaks erfolglosem Kampf, seiner Frau treu zu blieben, und dann Novaks halb triumphierende Selbstkasteiung nach seinem ersten Stelldichein mit Klara. Es gab kryptische Anspielungen auf Orte, wo sie sich geliebt haben mussten – in einer Opernloge, im Häuschen eines Freundes in Montmartre, in einem fremden Ehebett auf einer Feier, in Novaks Büro im Sarah-Bernhardt; es gab kleine Zettel, auf denen Novak um ein Treffen bettelte, und andere, auf denen er Klara anflehte, ein Treffen mit ihm abzulehnen, wenn er sie das nächste Mal darum bat. Es gab Anspielungen auf Streitigkeiten wegen beiderseitiger Gewissensbisse, dann eine sechsmonatige Pause im regelmäßigen Briefwechsel – eine Zeit, als sie getrennt gewesen sein mussten und in der Klara offenbar jemand anderen traf, denn in den folgenden Briefen wurde abschätzig ein junger Tänzer namens Marcel erwähnt. (Ob das der Marcel war, fragte sich Andras, der Klara die Ansichtskarten aus Rom geschickt hatte?) Novak verlangte, dass sie das Verhältnis mit Marcel beendete; die Vorstellung sei absurd, schrieb er, dass die Gefühle dieses jungen Salamanders jemals seinen eigenen ebenbürtig sein könnten. Und Klara musste seinem Wunsch gefolgt sein, denn die Mitteilungen von Novak nahmen wieder ihren gleichmäßigen Rhythmus auf und waren wieder prall gefüllt mit zärtlichen Anspielungen auf Zeiten, die er mit Klara verbracht hatte. Es gab Briefe, in denen er über das Ballettstudio und das Apartment schrieb, das er für sie gefunden hatte, langweilige Briefe über die Abwicklung des Immobiliengeschäfts; verzweifelte Notizen, dass er seine Frau verlassen und mit Klara auf der Rue de Sévigné leben wolle – sie heiraten und Elisabet adoptieren –, dann wieder nüchterne Zettelchen, warum er das nicht tun könne. Erneut eine Pause mit nachfolgendem Brief über einen neuen Liebhaber von Klara, diesmal ein Schriftsteller, dessen Stücke im Sarah-Bernhardt aufgeführt worden waren; zuerst schwor Novak, diese Affäre bringe das Fass zum Überlaufen, er sei für immer fertig mit Klara, doch in der nächsten Woche flehte er sie an, zu ihm zurückzukehren, und wieder eine Woche später war klar, dass sie es getan hatte – welch süße Erleichterung, Dich wiederzuhaben, welche Erfüllung meiner zaghaftesten Hoffnung . Anfang 1937 schließlich schien seine Frau über ihren gemeinsamen Anwalt von einer Immobilie erfahren zu haben, von der sie nichts wusste; sie hatte Novak zur Rede gestellt, und er hatte gestanden. Seine Frau hatte ihn aufgefordert, sich zu entscheiden. Das war der Moment, als er nach Ungarn gefahren war – offiziell um wegen einer schwachen Form von Tuberkulose eine Kur zu machen, doch tatsächlich, um sich zwischen seiner Ehefrau und seiner Geliebten zu entscheiden. Und auf seiner Rückreise waren er und Andras sich zum ersten Mal begegnet. Novak war voller Reue zurückgekehrt, beschämt darüber, sowohl Edith als auch Klara wehgetan zu haben. Er hatte sein Verhältnis mit Klara beendet, und seine Frau war schwanger geworden. Diese Nachricht kam im Dezember. Doch der jüngste Brief war nur wenige Wochen alt und betraf Gerüchte, Klara träfe sich mit einem anderen – und zwar nicht mit irgendwem, sondern mit Andras Lévi , dem jungen Ungarn, den Zoltán im vergangenen Herbst im Sarah-Bernhardt eingestellt habe. Er forderte sie auf, sich zu erklären, und bat sie, das persönlich in einem bestimmten Hotel an einem bestimmten Nachmittag zu tun; er würde dort auf sie warten.
    Andras saß auf der Bank, den Stapel von Briefen neben sich. Dieser Nachmittag vor zwei Wochen – was hatte er da gemacht? War er auf der Arbeit gewesen? In der Schule? Er wusste es nicht mehr. Hatte sie ihren Unterricht abgesagt und Novak getroffen? War sie sogar in diesem Moment bei ihm? Andras verspürte den brennenden Wunsch, jemanden zu erwürgen. Jeder wäre ihm recht: die in Brokat gekleidete Matrone am Brunnen mit ihrem Bichon frisé, das traurig dreinblickende Mädchen unter den Linden, der Polizist in der Ecke, dessen Schnurrbart auf bizarre Weise dem von Novak

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