Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)
würde ihm so viel sie könne zurückzahlen, sobald sie Zugang zu dem Geld hätte.
»Du schuldest mir nichts«, sagte György. »Was mein ist, ist auch dein. Das meiste davon stammte eh aus dem Vermögen unseres Vaters. Und es ist nicht gerade sinnvoll, mir ausgerechnet jetzt Geld in die Hände zu geben. Unsere Erpresser werden schnell einen Weg finden, es sich zu nehmen.«
»Aber was kann ich dann tun?«, fragte sie, den Tränen nahe. »Wie kann ich dich entschädigen?«
»Du kannst mir verzeihen, dass ich in deinem Namen, aber ohne dein Wissen gehandelt habe. Und vielleicht kannst du deinen Ehemann dazu bringen, mir zu verzeihen, dass ich ihn gezwungen habe, das vor dir geheim zu halten.«
»Natürlich kann ich das«, sagte Klara, und Andras pflichtete ihr bei. Alle waren sich einig, dass György in Klaras Interesse gehandelt hatte, und György gab der Hoffnung Ausdruck, auch sein Sohn würde sich bei Klara und Andras entschuldigen. Doch als er das sagte, zitterte seine Stimme und brach.
»Was ist?«, fragte Klara. »Was ist passiert?«
»Er hat einen neuen Einberufungsbefehl bekommen«, erklärte György. »Diesmal wird er gehen müssen. Wir können nichts mehr daran ändern. Wir haben einen Anteil des Erlöses vom Verkauf des Hauses angeboten, aber sie wollen das Geld nicht. Sie wollen ein Exempel an jungen Männern wie József statuieren.«
»Oh, György«, sagte Klara.
Andras war sprachlos. Er konnte sich József Hász ebenso wenig beim Munkaszolgálat vorstellen wie einen Miklós Horthy, der eines Morgens im Bus von Óbuda nach Szentendre auftauchte, einen verschlissenen Mantel über den Schultern, einen Henkelmann in der Hand. Seine spontane Reaktion war Genugtuung. Warum sollte nicht auch József dienen, wenn er, Andras, schon fast zweieinhalb Jahre abgeleistet hatte und immer noch dabei war? Doch Györgys gequältes Gesicht brachte ihn wieder zur Vernunft. Was auch immer József war, er war Györgys Kind.
»Ich habe meinen Sohn nicht besonders gut erzogen«, sagte György und blickte aus dem Fenster. »Ich habe ihm alles gegeben, was er wollte, und habe versucht, ihn vor allem zu schützen, das ihm schaden könnte. Aber ich habe ihm zu viel gegeben. Ich habe ihn zu sehr beschützt. Er ist der Ansicht, dass ihm die Welt zu Füßen liegen muss. Er hat es sich in Buda gut gehen lassen, während andere Männer an seiner Stelle im Munkaszolgálat schufteten. Jetzt muss er sich aus eigener Kraft und mit seinem eigenen Verstand durchsetzen, wie alle anderen auch. Ich hoffe, er hat genug von beidem.«
»Vielleicht kann er in einer der Kompanien in der Nähe stationiert werden«, sagte Andras.
»Das hat er nicht zu entscheiden«, sagte György. »Er geht dahin, wo er hingeschickt wird.«
»Ich kann General Martón schreiben.«
»Du schuldest József nichts«, sagte György.
»Er hat mir in Paris geholfen. Mehr als einmal.«
György nickte langsam. »Er kann großzügig sein, wenn er will.«
»Andras schreibt an den General«, erklärte Klara. »Und dann wandert József vielleicht mit uns allen nach Palästina aus.«
»Palästina?«, fragte György. »Ihr geht nicht nach Palästina.«
»Doch«, sagte Klara. »Wir haben keine andere Wahl.«
»Aber, meine Liebe, es gibt keine Möglichkeit, nach Palästina zu reisen.«
Klara erzählte ihm von Klein. Györgys Augen wurden dunkel.
»Versteht ihr das denn nicht?«, sagte er. »Aus ebendiesem Grund habe ich das Justizministerium bezahlt. Aus diesem Grund habe ich die Gemälde, die Teppiche und die Möbel verkauft. Aus diesem Grund verkaufe ich das Haus! Damit ihr nicht so ein wahnwitziges Risiko eingehen müsst!«
»Es wäre wahnwitzig, alles wegzugeben, was wir noch haben«, sagte Klara.
György schaute Andras an. »Bitte sag mir, dass du mit diesem verrückten Plan nicht einverstanden bist.«
»Mein Bruder hat das Massaker im Délvidék miterlebt. Er glaubt, dass so etwas auch hier geschehen kann, sogar noch Schlimmeres.«
György ließ sich auf seinen Stuhl fallen, sein Gesicht war blutleer. Von draußen hörten sie den Trommelschlag und die Blechbläser einer Militärkapelle; wahrscheinlich marschierte sie die Andrássy út zum Heldenplatz hinauf. »Was ist mit uns?«, sagte er schwach. »Was passiert, wenn sie herausfinden, dass du weg bist? Was glaubst du, wen sie dann befragen? Wem sie die Schuld daran geben, dass du verschwunden bist?«
»Du musst zu uns nach Palästina kommen«, sagte Klara.
György schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Ich
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