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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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sicher – hinaus.
    Hobnaj führte die von dieser Begegnung sichtlich beeindruckten Männer in einen Raum, dessen Fensterläden zwar nur wenig Tageslicht hereinließen, der dafür aber einigermaßen erträgliche Temperaturen hatte. Der Landessitte entsprechend nahm man auf dem Boden Platz, wo Teppiche und zahlreiche Kissen für Bequemlichkeit sorgten.
    »Dies ist ein Haus des freien Gedankenaustauschs«, eröffnete der Nubier die Beratung. »Ich muss zugeben, die meisten, denen ich hier Gastfreundschaft gewähre, sind auf das derzeitige Herrscherhaus Baqats nicht besonders gut zu sprechen, und manches, das in diesem Zimmer ausgeheckt wurde, erfüllt nach geltender Rechtslage den Tatbestand des Hochverrats. So muss man wohl auch einstufen, was wir jetzt vorhaben. Wenn es sich also irgendjemand noch anders überlegen will, dann sollte er jetzt reden.« Er ließ seinen Blick in die Runde schweifen. Zu Topras Verwunderung erhob Asfahan das Wort, jedoch nicht, um einen Rückzieher zu machen.
    »Wir Teguar werden unseren Seher nach Memphis begleiten.«
    Bei den Wüstenvölkern gehörte es zum guten Ton, stundenlang zu debattieren. Sämtliche Aspekte einer Angelegenheit mussten erwähnt werden – und zwar von jedem der Anwesenden. Es dauerte daher eine Weile, bis außer Frage stand, dass Asfahan und seine Männer an ihrer Loyalität gegenüber Topra festhalten würden, egal was sie in der Residenzstadt des Pharaos erwartete. Ein Teguar werde in Gefahr geboren, er lebe mit ihr und die meisten starben auch durch sie, erklärte der stolze Fürst.
    Nachdem das geklärt war, veranschlagte Hobnaj zur Vorbereitung des waghalsigen Unternehmens vier Tage. In seinem Kopf hatte sich bereits ein Plan entwickelt. »Wir machen aus der Not eine Tugend«, schlug er vor, was darauf hinauslief, dass Topra und fünf der Teguar zu Sklaven erklärt wurden. Unter diesem Vorwand sollte Asfahan ihn in die Hauptstadt hineinschmuggeln. Um die Tarnung glaubhaft erscheinen zu lassen, mussten die Teguar über Land ostwärts bis zur Nilmetropole ziehen. Hobnaj wollte sich indessen auf kürzestem Weg an die Küste begeben, von wo aus er ihnen mit einem Schiff vorauseilen und ihre Ankunft vorbereiten würde. Obwohl Topra sich noch eine Zeit lang dagegen sträubte, weil er sich zu Recht um seinen neuen Leibwächter und die anderen Gefährten sorgte, stimmte er der Operation schließlich zu.
    Am späten Nachmittag verabschiedeten sich die Teguar. Jetzt, nachdem ihnen niemand mehr den Zutritt zur Oase verwehrte, hatten sie beschlossen weiter bei ihren Pferden zu lagern, ein für das stolze Nomadenvolk typisches Verhalten. Nur Takuba, ihr Seher – den Beinamen war er seit dem Tag von Jeminas Rettung nicht mehr losgeworden –, gab dem Drängen Hobnajs nach und blieb. Fatima zeigte ihm sein Zimmer. Sie hatte es schon für ihn bereitgemacht. Obwohl der weiß getünchte Raum mit Teppichen und bunten Stoffen freundlich hergerichtet sowie mit Möbeln aus rotem Holz und einem gemütlichen Diwan ausgestattet war, fand Topra darin in den kommenden zwei Nächten wenig Schlaf. Unruhig warf er sich auf seinem Bett hin und her. Wenn man ein Dreivierteljahr in Zelten oder unter freiem Himmel gelebt hatte, dann musste man wohl feste Mauern als Bedrohung empfinden, redete er sich ein. Tagsüber streifte er mit Hobnaj durch die Oase, um die Teguar zu besuchen oder Besorgungen für die bevorstehende Reise zu machen, aber auch dabei entspannte er sich nicht.
    Als sich am Abend vor der Abreise die Sonne dem Horizont näherte, klopfte es an Topras Tür. Er zuckte zusammen, so schreckhaft war er inzwischen geworden.
    »Ja?«
    Die Antwort drang dumpf von draußen herein. »Ich bin es, Fatima.«
    Er öffnete ihr. Sie lächelte ihn an. Fast kam es ihm so vor, als könne sie ihn sehen. Hobnajs Mitbewohnerin war eine schöne Frau. Sie hatte eine schmale Nase, breite Wangenknochen und ein spitzes Kinn. In ihren langen schwarzen Haaren glitzerten einige Silberfäden. Die Vorhut des Alters ging gnädig mit ihr um.
    »Ist es schon Zeit zum Abendessen?«, fragte Topra.
    Die Frage amüsierte sie. »Ihr jungen Burschen seid immer nur hungrig. Zu essen gibt es erst später. Wir hatten noch gar keine Gelegenheit, richtig miteinander zu plaudern. Hobnaj und ich sind uns darin einig, dass du das Orakel sehen solltest. Wenn er es schafft, kommt er später nach.«
    »Aber…« Topra betrachtete irritiert die blinde Frau. »Ich kenne nicht den Weg dorthin.« In Gedanken fügte er hinzu: Und kann

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