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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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dunkle Flecken vor seinen Augen.
    »Nicht wirklich«, widersprach Fatima. »Wenn du nur gründlich genug hinschaust, wirst du irgendwo einen Teil des Symbols finden.«
    Nachdem er sich wieder an das vom sechsarmigen Leuchter erschaffene Zwielicht gewöhnt hatte, entdeckte er tatsächlich den äußeren Umriss des Bandes. Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Und wohin ist der Rest gegangen?«
    »Gegangen?« Fatima musste erneut lachen. »Die beiden übrigen Teile des Symbols sind da, wo sie von Anbeginn waren. Der eine befindet sich auf der zweiten und ein anderer auf der dritten Welt. Nur wenn alle zusammenspielen, ergibt sich die vollkommene Harmonie.«
    »Was Jobax mir so oft erzählt hat – das war gar kein Märchen!«, murmelte Topra und biss sich auf die Unterlippe. Dann hatte er eben also nicht allein Lichtstrahlen verbogen, sondern das ganze Drillingsuniversum? Der Gedanke war einigermaßen beunruhigend für ihn.
    Fatima ahnte nichts von seinen Besorgnissen und antwortete: »Nennen wir es einfach eine wahre Geschichte.«
    »Welche Rolle ist mir in diesem… harmonischen Ganzen zugedacht?«
    Fatima bemerkte die sorgenvolle Unruhe in Topras Stimme. »Komm her, mein Junge! Ich möchte dich spüren, wenn ich dir deine Bestimmung offenbare«, sagte sie sanft.
    Er trat von der Wand zurück, ging zu ihr und erfasste ihre beiden Hände. Ihre Stimme war voller Wärme, als sie ihm nun die wahre Geschichte der Drei-Welten-Pyramide erzählte, die sie auch »Drillingsuniversum« nannte.
    »Alles begann vor etwa viertausendsechshundert Jahren. Der Überlieferung nach hatte unsere Welt damals noch einen anderen Namen. In Baqat – oder wie immer das Land zu dieser Zeit hieß – lebte ein weiser Mann, der leider seinem Ehrgeiz erlag. Er nannte sich Imhotep und wird immer noch als Gott verehrt. Ihm schreibt man den Entwurf der Kammer des Wissens zu, über die nicht nur Isfets heilige Männer wachen, sondern spätestens seit deiner Geburt auch die Armee des Pharaos. Die Hieroglyphen hier an den Wänden sind aus dem Gedächtnis von Priestern entstanden, die einst in der Totenstadt am Rande von Memphis dienten. Insofern ist dieser schwarze Raum also ein Schattenbild der Kammer des Wissens. Meine Fingerkuppen kennen alle seine Bilder, aber nicht ihre Bedeutung.«
    Topra spürte ein Frösteln. Der unheimliche Traum vor drei Nächten geisterte ihm durch den Sinn. »Was genau hat dieser Imhotep getan?«
    »Etwas Furchtbares. Etwas, das nie wieder geschehen darf. Etwas, das auf der Waage der Schrecklichkeit von keinem noch so großen Opfer aufgewogen werden kann. Es darf nie wieder geschehen!«
    »Ich verstehe nicht…« Topra schüttelte den Kopf.
    »Was so abscheulich sein kann? Imhotep muss ein Ritual geplant haben. Genaueres kann niemand sagen, weil weder er noch seine Helfer je wieder gesehen wurden. Einige der Männer, die später diese Schattenkammer erschaffen haben, erwähnten etwas von einer grauenvollen Freveltat, einem blutigen Opfer. Fast wäre unsere Welt darüber völlig zerstört worden. Doch aus irgendeinem Grund zerbrach sie in drei Teile.«
    »Dabei hätte aber doch der ganze Planet zerstört werden müssen.«
    »Nun, die Aufspaltung der alten Welt geschah anders, als wenn man einen Apfel zerteilt. Zwar quoll aus ihrem Herzen flüssiges Magma wie Blut hervor und das alte Siwa ist von ihrem Angesicht verschwunden, aber das bedeutete nicht ihr Ende. Nur ihr Wesen änderte sich. Stell dir vor – um bei dem Apfel zu bleiben –, du würdest seine Schale mit einem Messer spiralförmig ablösen, dann hättest du ein langes Band. Wenn du nun das Ende dieses gewundenen Streifens um eine halbe Drehung wendest und es anschließend mit dem Anfang zusammenfügst – was hast du dann?«
    »Eine verdrehte Apfelschalenspirale?«
    »Vergiss den Apfel und die Spirale. Du könntest genauso auch einen Sattelgurt oder irgendeinen Riemen nehmen und halb verschränkt zusammenfügen. Was dann?«
    Topra kam sich wegen seines Mangels an spiritueller Phantasie wie ein Dummkopf vor. Er zuckte die Achseln. »Entschuldige, aber ich fürchte, du musst es mir erklären.«
    Fatima stöhnte. »Schon gut. Du solltest es bei Gelegenheit ausprobieren, denn dein Muttermal ist nichts weiter als die idealisierte Form dieses Bandes. In simplen Worten ausgedrückt: Es hat nur eine Seite. Könntest du dich wie eine Ameise darauf entlangbewegen, dann würdest du glauben bald vorne zu krabbeln und bald hinten, aber es gibt trotzdem immer nur die eine

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