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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Gebäude unterhalten, schon gar nicht, wenn es sich unter Wasser befindet.«
    Vicentes Stirn legte sich in Falten. »Was soll das heißen? Die Pyramide ist die Chance, die wir seit Monaten suchen. Ihr Entdecker, dieser Dr. Brown, glaubt, sie würde kosmische Kräfte anziehen, sammeln oder erzeugen. Wie Professor Kimura mir sagte, hätten einige Besucher in ihrer Nähe verschiedene paranormale Wahrnehmungen gehabt. Manche spürten einen ›ionischen Wind‹, andere hörten Stimmen…«
    »Stimmen?!«, platzte Francisco heraus. Seine Augen sprühten Funken des Zorns. Er warf die Hände in die Luft. »Herrgott, weißt du überhaupt, was du da redest, Vicente? Ich will nicht das Geringste mit Geistern zu tun haben, geschweige denn mich mit ihnen unterhalten. Ich bin Christ, kein ägyptischer Heidenpriester. Moses hat vor der Magie gewarnt und Jesus die Dämonen gescholten. Mein Gott heißt nicht Thot und meine heilige Schrift ist die Bibel, nicht das Corpus Hermeticum… « Francisco zog den Kopf ein und riss erschrocken die Augen auf. Doch es war zu spät. Vicente hatte den Braten gerochen.
    »Erst erwähnst du Hermes Trismegistos und jetzt sein Corpus Hermeticum. Hast du etwa…?« Argwöhnisch sah er zu seinem Aluminiumkoffer, der vor dem Bett stand.
    »Etwa was?«, fragte Francisco scheinheilig.
    »In meinen Sachen herumgestöbert?«
    »Wie soll das gehen? Du lässt den Koffer doch keinen Moment aus den Augen und abgeschlossen ist er außerdem.«
    Mit einem Mal klang Vicentes Stimme hart wie ein Kiesel. »Hast du Post für mich in Empfang genommen?«
    Francisco schwieg. Was hätte er antworten sollen? Er war ein schlechter Lügner. Nein, er war überhaupt kein Lügner.
    »Also ja«, folgerte Vicente. »Wo ist sie?«
    Es dauerte eine Weile, bis Francisco seine Sprache wiederfand. Er deutete nach unten. »Da, unter deinem Bett.«
    Vicente beugte sich, mit der Rechten auf die Matratze gestützt, nach unten und barg das Kuvert aus dem Versteck. Als er den erbarmungswürdigen Zustand des Umschlags sah, warf er Francisco einen eisigen Blick zu.
    »Ich habe es nicht geöffnet. Du kannst die Frau an der Rezeption fragen…«
    »Hast du es gelesen?«
    »Nur darin herumgeblättert.«
    »Und?«
    »Es ist Teufelszeug. Ich will nichts damit zu tun haben.«
    »Das hier ist eine Ausgabe, die bisher unveröffentlichte Teile des Corpus Hermeticum enthält. Sie könnten der Schlüssel zum Multiversum sein.«
    Trotzig schob Francisco das Kinn vor. »Etwa so, wie diese Kristallpyramide im Meer? In beiden Fällen taucht der Name des ägyptischen Mondgottes Thot auf. Allmählich fange ich an zu verstehen, was in deinem Kopf herumspukt, Vicente. Du redest dir ein, alles streng wissenschaftlich zu sehen: Die Übereinstimmungen müssen auf einen gemeinsamen Ursprung hindeuten – das denkst du doch, oder?«
    »Ja, das vermute ich, Bruderherz, und bei allem Respekt für deinen Glauben, solltest du dich nicht so töricht anstellen und deine Augen vor der Realität verschließen. Ich habe in einer englischen Übersetzung des Corpus Hermeticum eine bedeutsame Äußerung gelesen: ›Was hier unten ist, ist gleich dem, was oben ist‹, hat Hermes zu seinem Schüler gesagt. Über die Bedeutung dieser Worte haben Generationen von Denkern gerätselt, aber wir beide können sie zum ersten Mal erschließen. Hermes sagte: ›Wusstest du nicht, Asklepios, dass in Ägypten alles dem Himmel nachgebildet ist?‹ Siehst du nicht, was hinter diesen Worten steckt, Francisco? Hermes Trismegistos muss von den Parallelwelten des Multiversums gewusst haben. Vielleicht stammte er sogar aus einer von ihnen. Es heißt, er habe nie existiert. Trifft diese Beschreibung nicht auch auf einen zu, der in unserer Welt weder Anfang noch Ende hatte?«
    Francisco schüttelte ärgerlich den Kopf. »Du kannst gut mit Worten umgehen, Vicente, aber niemals lasse ich mir von dir Schwarz für Weiß verkaufen. Wenn du dich nicht von diesen magischen Künsten lossagst, dann trennen sich unserer Wege, und zwar hier und heute.«
    »Heißt das, du willst nicht mit mir auf die Bahamas fliegen?«
    »Nein!«, schrie Francisco und deutete zitternd auf den Umschlag in Vicentes Händen. »Und wenn du dieses teuflische Machwerk da nicht aus unserem Zimmer entfernst, dann ziehe ich sofort aus.«
    Eine kleine Stille trat ein. Vicente schien aufzugehen, dass seine Überredungskunst hier an unüberwindbare Grenzen stieß. Zuletzt seufzte er: »Also gut. Dann gehen wir zu Plan B über.«
    Francisco

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