Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
Säbelklinge wirkungslos über Topras Kopf hinweg. Ihr ungebremster Schwung entriss dem überraschten Thronerben abermals die Waffe. Während er sich weiter auf dem Weg nach oben befand, fiel sie taumelnd zurück und Topra musste ihr ausweichen, um nicht doch noch getroffen zu werden. Beim Aufprall zersprang der Säbel in zwei Stücke.
    Obwohl die aufgeregten Hochzeitsgäste nicht verstanden, was da geschah, rechneten sie angesichts der monumentalen Höhe der Säulenhalle für Aabuwa indes mit keinem guten Ende. Ein solcher »Sturz« musste einfach tödlich enden. Doch auch der Kronprinz besaß die Instinkte eines Lenkers. Etwa zum gleichen Zeitpunkt, als der Rundsäbel auf den Steinplatten zerbrach, hatte er sein rasendes Tempo umgekehrt und landete weich, mit den Füßen voran, an der Decke. Kopfunter hielt er nach Topra Ausschau.
    Der fühlte sich unvermittelt entwurzelt und schrie auf. Nun fiel er himmelwärts. Im Herumwirbeln versuchte er den eigenen Schwerpunkt in den Griff zu bekommen. Es war, als wühle er im Sand nach einer vibrierenden Kugel. Kurz vor dem Aufprall fand er sie und brachte sie in seine Gewalt. Sein Sturz wurde zu einem langsamen Gleiten, er gelangte in eine stabile Lage und landete weich neben Aabuwa an der Decke.
    Das Publikum verstand die Welt nicht mehr. Es starrte nach oben, wo die beiden jungen Männer nun mit bloßen Händen aufeinander losgingen. Der Pharao erlangte als Erster seine Fassung zurück.
    »Macht den Kerl endlich kampfunfähig, aber bringt ihn nicht um!«, befahl er seinen Leibwächtern.
    »Dazu bewegen sich die beiden viel zu schnell. Außerdem könnten wir den Prinzen treffen«, sagte ein Gardist.
    »Sie werden wohl nicht ewig dort oben bleiben«, knurrte Isfet.
    Damit sollte er Recht behalten. Das Ringen über den Köpfen der Hochzeitsgemeinde geriet jäh außer Kontrolle, als die beiden Duellanten selbige verloren. Der Prinz besaß eine Nahkampfausbildung von der Kaiserlichen Marineakademie, Topra eine vom Großdeck der Tanhir und aus den Straßen mancher Hafenstadt. Als er Aabuwa die Luft abschnürte, versäumte der, auf sein Gleichgewicht zu achten, und fiel plötzlich von der Decke. Vor Schreck ließ sich auch Topra mitreißen. Das Publikum stöhnte auf. Ein gleißender Lichtstrahl zuckte durch die Halle, verfehlte jedoch den Bund-Träger. Isfet brüllte, weil der Schuss mit ein wenig Unglück sogar beide Kämpfer hätte töten können.
    Diesmal erlangte Topra schneller die Herrschaft über seinen Schwerpunkt zurück. Anstatt sich in den Kreis von Leibgardisten fallen zu lassen, die mit ihren Lichtkanonen auf ihn zielten, veränderte er abermals die Form des Raumes und rutschte zur Seite. Einen Augenblick später sah das verblüffte Publikum ihn auf halber Höhe zwischen Boden und Decke an einer Säule stehen. Sein Körper und der steinerne Pfeiler bildeten ziemlich genau einen rechten Winkel. Dutzende Lichtkanonen, die wie altertümliche Speere aussahen, wurden in Anschlag gebracht. Doch ehe die Schützen ihm Arme oder Beine abtrennen konnten, war er hinter der Säule in Deckung gegangen. Eine schwarze Brandspur im Stein markierte seinen Fluchtweg. Der Hohepriester und seine beiden Beisitzer heulten auf.
    Topras Rückzug war nur ein kurzzeitiges Ablenkungsmanöver, denn in der ganzen Halle gab es Scharfschützen mit Präzisionswaffen. Er griff in die Hosentasche, zog den Ehereif hervor und spähte vorsichtig um die Säule herum. Tief unter sich entdeckte er über Ibah-Ahitis Leiche Pharao Isfet, der Inukiths Handgelenk gepackt hatte, als wollte er sie am Fliehen hindern. Wenigstens im Augenblick schien die Braut aber ganz andere Sorgen zu haben. Sie hatte ihren Schleier gelüftet und sah verzagt zu Topra hinauf. Eine Hälfte ihres Gesichts war geschwollen und blaugrün verfärbt, wie die von Tränen verschmierte Schminke nicht länger verbergen konnte. Weniger als eine Sekunde trafen sich ihre Blicke, dann sprang der Gejagte aus seiner Deckung und schleuderte den goldenen Ring in die Formation der Speerträger.
    Selbst wenn ein Bund aus großer Höhe in die Tiefe fiel, war das Risiko einer Explosion sehr gering, solange er nicht stark verbogen wurde. Inukiths Ehereif musste ähnlich konstruiert sein, vermutete Topra. Er hoffte, die Leibgardisten würden auseinander spritzen, wenn sie erst bemerkten, was da auf sie zugeflogen kam. Doch wieder schlug der Zufall zu.
    Die Elitekämpfer ordneten das unbekannte Flugobjekt instinktiv in die Kategorie Bombe ein und

Weitere Kostenlose Bücher