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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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verband sich damit notdürftig den Hals. Als die Strahlenwaffe des Generals von Hobnajs schwerem Rundsäbel in der Mitte durchtrennt worden war, lag in dem Schlag eine solche Gewalt, dass die Speerspitze an Topras Hals nur geringen Schaden angerichtet hatte und die ihm zuvor von Waris zugefügte Wunde war zum Glück auch nicht besonders tief. Noch während er die Enden der Binde verknotete, trat er vor die massive rechteckige Steinplatte, die den Eingang zur Kammer des Wissens versperrte. Er strich mit den Handflächen darüber und konzentrierte seinen Geist auf den Raum dahinter.
    »Inukith ist da drin«, stellte er flüsternd fest – unnötigerweise, denn wäre es anders, hätte er die Kammer ohnehin nicht gefunden. Aber wie sollte er zu dem Mädchen gelangen? Seine Finger zitterten; wenigstens glühten sie noch nicht. Er ballte die Hand zur Faust und zog seinem rastlosen Geist die Kandare an. Was nun? Die Tür war fest verschlossen. Sich dem Nubier zuwendend, raunte er: »Ich fürchte, jetzt komme ich nicht mehr drum herum, meine Gabe einzusetzen.«
    »Nicht so hastig, Junge!«, warnte ihn Hobnaj, erhob sich von dem inzwischen gut verschnürten General und lief zur Tür. Er musterte argwöhnisch die Führungsschienen in Boden und Decke sowie den Kasten mit der Tastatur an der Wand. Sich auf die Unterlippe beißend, schüttelte er den Kopf. »Das gefällt mir nicht.«
    »Was?«
    »Wenn du die Tür gewaltsam öffnest, könnte ein Alarm ausgelöst werden.«
    »Selbst wenn ein bewaffnetes Kommando zu Hilfe eilt, vergehen mehrere Minuten, bis es hier ist.«
    »Und wenn die Tür vermint ist?«
    »Isfet würde doch nicht seinen heiligsten Ort in die Luft jagen.«
    »Sprengladungen lassen sich sehr gezielt zünden, sodass sie ihre zerstörerische Wirkung nur in einem eng umgrenzten Gebiet entfalten; dein Bund ist das beste Beispiel dafür.«
    Topra stellte sich direkt vor die Tür und konzentrierte sich, wie er es unzählige Male im Millionenjahrhaus getan hatte. Schon nach wenigen Sekunden schüttelte er verzweifelt den Kopf und flüsterte: »Du hast Recht. In der Laibung befindet sich eine Kette von Sprengladungen.«
    Hobnaj hob die Augenbrauen. »Jetzt haben wir ein echtes Problem. Isfet weiß nichts vom Alleingang seines Generals. Selbst wenn wir höflich anklopfen, wird er uns wohl nicht öffnen.«
    »Und wenn wir uns in den Gang zurückziehen und ich die Tür von dort aus der Führung reiße?«
    »Das müsste klappen. Aber wir verlieren das Überraschungsmoment.«
    Topra starrte wortlos vor sich hin. Allein die Vorstellung, Inukith könnte hinter dieser Tür um ihr Leben kämpfen, wirkte lähmend auf seine Phantasie. Mit einem Mal ruckte sein Kopf nach oben. »Ich weiß, wie’s klappen könnte!«
    »Du marschierst einfach durch die Tür?«
    »Schön wär’s. Aber es geht auch anders. So wie bei dem Antilopenskelett.«
    »Was du nicht sagst!«
    In wenigen Sätzen berichtete Topra, wie er während seiner Karawanenreise im Geiste die Überreste eines Löwenmahls zum Leben erweckt hatte. Wenn er Bilder aus der Vergangenheit sehen könne, dann müsse es auch möglich sein, sich das vermutlich nur Minuten zurückliegende Eintippen der Zahlenkombination durch Isfet oder General Waris vor Augen zu rufen.
    »Auch auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole«, schärfte er seinem kampferprobten Freund ein, »ich gehe allein da rein. Wir können nicht wissen, ob Waris seine Leibgarde alarmiert hat, als er unser Kommen bemerkte. Du musst mir den Rücken freihalten. Bist du bereit?«
    »Ja.«
    Die beiden fassten sich noch einmal bei den Händen und sahen einander in die Augen. Es war ein stiller Abschied. Dann wandte sich Topra der Tastatur zu. Die Finger seiner rechten Hand schwebten über der Konsole, ohne sie zu berühren. Er hatte die Augen geschlossen.
    Nach kurzer Konzentration durchstieß sein Geist die Nebel des Jetzt und wanderte in der Zeit zurück. Die Tasten tauchten aus dem milchigen Einerlei auf. Dann sah er eine Hand, an der drei schwere Ringe prangten. Isfet hatte die Kombination also persönlich eingegeben.
    »Eins… acht… zwei… drei«, murmelte Topra.
    »Die Ziffern bilden auf der Tastatur den Umriss einer Pyramide«, merkte Hobnaj grimmig an. Er trat von der Tür zurück. »Tipp sie ein, mein Junge, damit wir endlich sehen, was hinter dieser Pforte vor sich geht.«
    Langsam drückte Topra die Tasten: Eins, acht, zwei… Er zögerte. Dann drückte er die Drei.
    Sofort setzte sich der verborgene Mechanismus

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