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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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befördern.
    »Ab jetzt übernehme ich die Führung, hier kenne ich mich aus«, flüsterte er. »Wir müssen da rechts hinunter. Bald passieren wir eine Stelle, die zum Ausgang führt. Dort könnten Posten aufgestellt sein.«
    »In dem Fall bleibst du zurück und lässt mir den Vortritt, verstanden?«
    »Schon beim letzten Mal. Ich habe nämlich ein Gedächtnis wie ein Elefant.«
    »Ich will doch nur, dass dir nichts passiert, Hobnaj.«
    »Das gehört zum Berufsrisiko von Leibwächtern.«
    »Du bist unverbesserlich!«
    »Ich weiß.«
    Topra beendete die Diskussion, indem er seinen Freund einfach in die besagte Richtung schob.
    Nach kurzer Zeit erreichten sie den Abzweig, der zum Haupteingang des Labyrinths führte. In Kopfhöhe hingen golden schimmernde Leuchter an der Wand, die ein warmes Licht verströmten. Es war keine Menschenseele zu sehen.
    »Anscheinend hat Isfet die Gänge hier restaurieren lassen. An die Beleuchtung kann ich mich jedenfalls nicht erinnern«, raunte Hobnaj und deutete den Gang hinab. »Da geht’s lang.«
    Immer seltsamer kam Topra die Stille in den Tunneln vor. Ihm fielen nicht sehr viele Erklärungen dafür ein: Entweder wollte Isfet bei dem, was er hier plante, keine Zeugen haben oder er fühlte sich unangreifbar. Die letzte Möglichkeit verursachte Topra Beklemmungen. Hoffentlich kam er nicht zu spät.
    Sein schwarzer Freund blieb plötzlich stehen und drehte sich zu ihm um. Während er auf eine helle Stelle am Ende des Ganges deutete, flüsterte er direkt in Topras Ohr: »Siehst du das Licht da vorne? Scheint eine Art Vorraum zur Kammer des Wissens zu sein. Vor neunzehn Jahren gab es den jedenfalls noch nicht. Vielleicht sind all diese Veränderungen eine Konsequenz aus dem Vorfall mit deiner Mutter.«
    Topra zog die richtigen Schlüsse. »Wenn es hier unten Wachposten gibt, dann dort.«
    Hobnaj nickte.
    »Lass mich vorgehen«, sagte Topra ungeduldig und schob sich an dem Nubier vorbei. Bei einem Alkoven blieb er kurz stehen und warf seinen weiten Umhang und das Kopftuch hinein. Im Falle eines Kampfes wäre ihm das wallende Tuch nur hinderlich. Auch das Halsgespänge legte er ab. Anschließend schlich er weiter. Am Ende des Ganges stieß er auf einen rechteckigen Raum, dessen weiß getünchte Wände keinerlei Verzierungen aufwiesen. Noch aus dem Tunnel erkundeten Topras Augen die Kammer. An der gegenüberliegenden Wand befand sich eine verschlossene Tür, die aus massivem Fels zu bestehen schien – unweigerlich musste er an den Zugang zum geheimen Gefängnistrakt denken, in dem seine Mutter jämmerlich zugrunde gegangen war. Hier hatte sich niemand die Mühe gemacht, das steinerne Portal zu verstecken. Daneben war, gut sichtbar, eine Schaltkonsole mit einer numerischen Tastatur zu sehen, offenbar ein Zahlenschloss. Anscheinend hatte Isfet tatsächlich, wie von Hobnaj angenommen, zusätzliche Sicherungsmaßnahmen installieren lassen, nachdem seine Konkubine allzu leicht in die heilige Kammer eingedrungen war.
    Topra konnte vor der Felstür niemanden sehen. Um sich völlige Gewissheit zu verschaffen, würde er jedoch den Kopf in den Raum stecken und die toten Winkel beiderseits des Eingangs kontrollieren müssen. Er drückte sich unmittelbar davor mit dem Rücken an die Tunnelwand, blickte kurz zu Hobnaj, der weiter hinten im Gang wartete, dann wieder in die Kammer, holte tief Luft und beugte sich rasch vor.
    Im nächsten Moment spürte er eine kalte Lanzenspitze am Hals.
    »Ich dachte schon, Ihr würdet gar nicht mehr kommen.« Die tiefe Stimme klang ruhig, aber nicht besonders herzlich. Topra war ihrem Besitzer schon früher begegnet. Unvermittelt spürte er ein schmerzhaftes Ziehen nahe dem Kehlkopf, das wohl als Einladung zum Nähertreten zu verstehen war.
    »General Waris…!«, keuchte er. Mit hochgerecktem Kopf und auf den Zehenspitzen tänzelte er in den Vorraum. Dabei konnte er den Befehlshaber der Leibwache nur aus den Augenwinkeln sehen. Waris trug einen Kampfanzug in verschiedenen Ocker- und Brauntönen, keinen Helm, aber eine Kommunikationseinheit mit Ohrhörer und Bügelmikrofon, keine Handwaffe, sondern nur die bekannte Strahlenkanone in der Gestalt eines altertümlichen Speers.
    Auf Lanzenweite umschlich Waris seinen Gefangenen, neigte sich in der Hüfte zurück, damit er in den Gang spähen konnte, und sagte verwundert: »Da ist niemand!«
    »Erwartet Ihr außer mir etwa noch jemanden?«, ächzte Topra. Er fühlte, wie ihm das Blut am Hals herabrann.
    »Ich mag mich

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