Die unsichtbare Pyramide
schwimmend erreichen können. Wie erst standen ihre Chancen, wenn man auf sie schoss?
Jobax sagte zu Sabri: »Achte auf mein Zeichen. Es bedeutet: Volle Kraft voraus! Dann hältst du genau auf den Strand zu. Alles klar?«
Der Steuermann nickte.
Hierauf wandte sich der Kapitän an seine Mannschaft. »Sobald die Tanhir wieder Fahrt aufnimmt, wird man das Feuer auf uns eröffnen. Deshalb müsst ihr unbedingt Deckung suchen! Sobald unser Schiff aufgelaufen ist, springt ihr mit den Füßen voran über Bord, versucht die Insel zu erreichen und euch in die Büsche zu schlagen. Möge der Segen des großen Schöpfers mit euch sein, Freunde.«
Die Männer hoben wie zum Gruß die Hand und wünschten sich gegenseitig Glück.
Topra stand an der Reling, die Hände fest um das Geländer geklammert, und starrte ins Meer. Die Sonne war untergegangen. Der Himmel schien feuerrot zu brennen. Schnell schwand das Tageslicht. Das Wasser sah nicht mehr grünlich aus wie eben noch, sondern wurde zunehmend grau.
Der baqatische Zerstörer drosselte nun ebenfalls seine Fahrt. Er war zu groß, um in der schmalen Fahrrinne längsseits zu gehen. Aber auf der Steuerbordseite tuckerte das wendigere Torpedoboot heran. Von dort tönten nun auch erste Anweisungen über ein Megafon herüber.
»Kapitän der Abjamah, befehlen Sie Ihren Männern, keinen Widerstand zu leisten, dann geschieht Ihnen nichts. Wir gehen jetzt längsseits und werden ein Enterkommando zu Ihnen an Bord schicken.«
Topras Blick sprang zwischen den beiden Kriegsschiffen hin und her. Hier wie da herrschte eine bedrohliche Betriebsamkeit. Männer in den Uniformen der baqatischen Seestreitkräfte starrten durch Ferngläser, andere hantierten mit Lichtkanonen, an Bord des Torpedobootes machte sich eine schwer bewaffnete Einheit zum Entern bereit.
»Nein! Hier werden alle sterben. Du darfst das nicht zulassen«, flüsterte Topra und schüttelte verbittert den Kopf. Das Denken fiel ihm unendlich schwer. Er sah nur einen Ausweg, um seinen Vater und die Gefährten zu retten, und sosehr er sich auch anstrengte, wollte ihm doch keine Alternative zu dem verzweifelten Plan einfallen. Allein die Vorstellung daran schien seine Beine in Blei zu verwandeln, aber das würde die Sache am Ende nur leichter machen.
Als Topra sich erneut umsah, bemerkte er viele aufgerissene Augen. Finger deuteten auf ihn, doch er beachtete sie nicht. Männer riefen Warnungen, aber er hörte es nicht. Stattdessen setzte er seinen Fuß auf die Reling. Erst jetzt fiel ihm das sonderbare Glühen seiner Arme und Beine auf. Aha! Da war er also wieder, der Glanz.
»Leider zu spät!«, flüsterte Topra und schwang sich über das Geländer.
Ein kollektiver Aufschrei hallte über das Deck. Auf den Kriegsschiffen hatte man ebenfalls die verzweifelte Tat des jungen Mannes verfolgt, ja sogar mit Videokameras aufgenommen.
Topra ging sofort unter. Er hatte nicht mehr an das Schwert gedacht. Es zog ihn mit Gewalt in die Tiefe. Früher als erwartet erreichte er den Meeresgrund – sein Vater hatte nicht von ungefähr diese Fahrrinne gewählt. Der Schiffsjunge blickte sich um. Nahe seiner blau strahlenden Hand machte sich gerade ein Seestern aus dem Staub. Dann sah Topra nach oben, wo fahl das Abendlicht auf dem unruhigen Wasser lag. Helle weißgelbe Lichter huschten darüber hinweg, vermutlich Suchscheinwerfer. Topra musste an seinen Vater denken.
Bald spürte er einen unangenehmen Druck in der Brust, der sich schnell in den Kopf fortpflanzte. Noch hatte er den Mund nicht geöffnet, um den Tod hereinzulassen. Er war auch nicht unbedingt erpicht darauf. Eigentlich hatte er den Häschern des Pharaos nur nicht als Rechtfertigung für ein Blutbad dienen mögen. Aber was, wenn sie in ihrer Enttäuschung die Tanhir trotzdem mit Mann und Maus versenkten?
Mit einem Mal bäumte sich der Überlebenswille des Jungen auf. Nein, er wollte noch nicht sterben. Was für einen Sinn sollte sein Tod auch haben, wenn sich dadurch nichts veränderte? Er stieß sich vom Meeresgrund ab und begann zu strampeln.
Wieder hatte er das Schwert vergessen, das ihm sein Vorhaben bald zur Qual machte. Trotzdem kämpfte er sich Faden für Faden an die Oberfläche zurück. Als sein Kopf aus dem Wasser schnellte, sog er keuchend die Luft ein. Dabei verschluckte er sich und begann zu husten. Wenigstens lebte er noch.
Erst nach einer Weile wurde er sich der Scheinwerfer bewusst. Von allen drei Schiffen waren sie jetzt auf ihn gerichtet. Neben ihm platschte
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