Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
ein Rettungsring ins Wasser, auf dem der Schriftzug Tanhir stand – ein verzeihliches Versäumnis des Kapitäns.
    Doch Topra zögerte. Obwohl es ihn ungeheure Anstrengung kostete, sich und das Schwert über Wasser zu halten, griff er nicht zu.
    »Nun pack ihn schon!«, rief Jobax vom Schiff und die anderen Männer feuerten Topra zusätzlich an.
    »Lass dich endlich bergen, Junge!«, ertönte eine blecherne Stimme vom Torpedoboot.
    Topra nahm einen tiefen Atemzug und begann zu kraulen. Sein Ziel war das kleinere Kriegsschiff. Er würde sich Pharao Isfets Schergen ausliefern, denn ihn allein wollten sie haben. Weil er in der Vergangenheit des Öfteren sowohl über als auch unter Wasser Reparaturen am Rumpf der Tanhir ausgeführt hatte und mit Jobax bisweilen auch einfach nur aus Spaß in den Korallenriffen rund um den Schwarzen Kontinent getaucht war, bewegte er sich im nassen Element fast so geschickt wie ein Fisch. Die Strecke zum Torpedoboot bewältigte er mit Leichtigkeit. Eine Anzahl Gesichter ragten über dem Schanzkleid hervor. Wieder warf jemand einen Rettungsring ins Wasser, den der junge Mann diesmal dankbar ergriff.
    »Ich bin bereit, zu Ihnen an Bord zu kommen«, rief er nach oben.
    »Als Kapitän dieses Schiffes befehle ich dir das sogar«, antwortete von dort ein rundes Gesicht.
    »Wie ist Ihr Name?«
    »Djedefre.«
    »Und ich heiße Topra. Es geht Ihnen doch um mich, Kapitän Djedefre. Deshalb fordere ich, dass Sie die Abjamah und ihre Besatzung ziehen lassen. Eher komme ich nicht an Bord.«
    »Du hast gar nichts zu fordern, Topra.«
    »Wenn Sie meinen.« Der Schiffsjunge schob den Rettungsring von sich und machte Anstalten erneut unterzugehen.
    Kapitän Djedefre mochte möglicherweise eine größere Belohnung erwarten, wenn er den Gesuchten lebend auslieferte, jedenfalls schrie er bestürzt: »Halt! Bleib da!«
    Topra trat wieder Wasser. »Schwören Sie, meinem Schiff freies Geleit zu geben.«
    »Das muss ich erst mit dem Oberkommandierenden des Verbands abklären.«
    »Tun Sie es. Aber schnell! Das Ding auf meinem Rücken wird allmählich schwer.« Das war nicht gelogen. Topra konnte sich kaum noch über Wasser halten.
    Da ein Offizier den Verlauf des Gespräches über Funk an den Zerstörer weitergemeldet hatte, ließ sich der strittige Punkt schnell klären. Kapitän Djedefre rief: »Wir sind einverstanden.«
    »Dann schwören Sie, meine Leute ziehen zu lassen?«, beharrte Topra.
    »Ich gebe mein Ehrenwort.«
    Der junge Mann schwamm zum Rettungsring und klammerte sich daran fest. Er fühlte sich völlig ausgelaugt. »Ich warte, bis das Segelschiff Sie passiert hat.«
    Zerknirscht gab der Schiffsführer entsprechende Anweisungen über das Megafon weiter. Topra konnte erregte Stimmen von der Tanhir hören: Man wollte ihn nicht im Stich lassen. Schließlich setzte sich Jobax durch. Sosehr er seinen Ziehsohn auch liebte, wollte er in dieser aussichtslosen Situation nicht noch das Leben seiner Männer opfern. Und wie Topra seinen Vater kannte, gab er die Hoffnung sowieso nicht auf- ein Kerker öffnete sich allemal leichter als die Pforten des Totenreichs.
    Mit langsamer Fahrt tuckerte die Tanhir an dem Kriegsschiff vorbei. Jobax stand an der Backbordreling und blickte mit schmerzvoller Miene zu seinem Sohn ins Wasser. Dann verschwand das schwarze Segelschiff hinter dem Rumpf des Torpedobootes. Topra atmete auf. Ein paar Minuten würde er noch warten, um Jobax Gelegenheit zu geben, zwischen den Inseln zu verschwinden. Danach konnten die Häscher des Pharaos mit ihm anstellen, was sie wollten.
    Die Minuten rannen zäh dahin. Djedefre versuchte den Schiffsjungen unterdessen mit freundlichen Worten zu ködern. Er fragte, was denn das für eine merkwürdige Lampe sei, die Topra wie ein Glühwürmchen blau erstrahlen lasse, bekam aber keine Antwort. Darauf verlegte sich der Kapitän auf einen rüderen Ton und drängte den Schwimmer zum Aufgeben, einmal, zweimal und als der Seemann es jetzt zum dritten Mal tat, klang er ziemlich erzürnt.
    »Was denkst du Grünschnabel dir eigentlich, wer wir sind? Wenn du dir nicht sofort an Bord helfen lässt, werde ich dir eine Harpune in den Leib jagen und dich daran herausziehen lassen.«
    Die Drohung in Verbindung mit dem harschen Ton blieb nicht ohne Wirkung. Einen Moment starrte Topra nur auf das vor Zorn glühende Vollmondgesicht über dem Schanzkleid und achtete nicht auf seine Umgebung. Plötzlich nahm er in der Nähe eine Bewegung wahr. Seine Augen sprangen nach

Weitere Kostenlose Bücher