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Die unsichtbare Sonne

Die unsichtbare Sonne

Titel: Die unsichtbare Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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stärker als konzentrierte Schwefelsäure, schmeckte aber angenehm bitter. Adzel leerte den ersten halben Liter auf einen Zug. »Sie halten mich hoffentlich nicht für gierig«, sagte er dabei.
    »Trinken Sie nur, ich bezahle alles.« Padrick wies auf seinen prall gefüllten Leibgurt. »Unser Sold ist reichlich, das muß man dem Kaiser lassen.«
    »Leben eigentlich alle Ershoka in der Kaserne?« fragte Adzel neugierig.
    »Nein, nein. Dort befindet sich nur unser Hauptquartier, in dem die Unverheirateten leben. Aber die Familien wohnen irgendwo in der Stadt oder auf einem der Höfe, die unserem Klan gehören. Die Frauen leisten keinen Dienst mit der Waffe mehr, nachdem sie geheiratet haben. Ihre Männer machen jedes Jahr einen Auffrischungskurs mit und treten natürlich wieder in das Heer ein, wenn ein wichtiger Feldzug bevorsteht.«
    »Aber wie kommt es dann, daß Bobert Thorn und seine Leute rebelliert haben? Schließlich sind die Familien als Geiseln in der Hand des Kaisers zurückgeblieben!«
    »Keineswegs«, versicherte Padrick ihm. »Wenn der Kaiser ihnen ein Haar krümmen wollte, würden die Ershoka über ihn herfallen und kurzen Prozeß mit ihm machen. Das weiß er selbst nur zu gut. Außerdem sind die meisten Frauen und Kinder mitgezogen, wie es bei Belagerungen oder langen Feldzügen üblich ist. Die Frauen bewachen das Lager, sorgen für den Nachschub, machen…« Padrick zählte auf, wofür die Frauen verantwortlich waren.
    »Ich kann mir vorstellen, wie schwierig Ihre Lage im Augenblick ist«, meinte Adzel. »Sie und Ihre Freunde finden es bestimmt bedauerlich, gegen die eigenen Verwandten kämpfen zu müssen.«
    »Wer sagt denn, daß wir das tun?« wollte Padrick sofort wissen. »Etwa Smit, dieser alte Trottel? Der Klan hält heutzutage besser als in seiner Jugend zusammen. Ich möchte wetten, daß keiner meiner Altersgenossen bereit wäre, gegen Thorn zu marschieren.« Er trank seinen Becher aus und bestellte einen neuen. »Aber wahrscheinlich bleiben wir ohnehin einfach neutral.«
    Adzel wollte rasch das Thema wechseln und fragte Padrick deshalb, ob er Stepha Carls seit ihrer Rückkehr wiedergesehen habe. »Selbstverständlich habe ich das!« antwortete Padrick begeistert. »Ein tolles Mädchen!«
    »Eine angenehme, aber etwas impulsive Persönlichkeit«, stimmte Adzel zu.
    »Ich habe eigentlich weniger an die Persönlichkeit gedacht.
    Aber Stepha ist wirklich so zäh und intelligent wie jeder Mann. Trinken wir auf ihr Wohl!«
    Sie stießen an. Als die übrigen Gäste sahen, daß der Drache so umgänglich war, kamen einige von ihnen neugierig heran. Padrick lud alle ein, auf seine Kosten zu trinken, bestellte eine Runde nach der anderen und schien sich köstlich zu amüsieren. Der Schnaps war billig, aber gut, und Padrick hatte reichlich Geld bei sich. Daß die Party schließlich zu Ende ging, lag nicht etwa daran, daß das Geld ausgegangen wäre, sondern war darauf zurückzuführen, daß die meisten Gäste leblos unter den Tischen lagen.
    »Ich … muß … jetzt … gehen«, stellte Adzel fest. Seine Beine schienen aus Gummi zu bestehen, und sein Schwanz bewegte sich wie von selbst. Dadurch wurde die Einrichtung demoliert, aber der Wirt hatte nichts dagegen einzuwenden. Er lag ebenfalls bewußtlos unter einem Tisch.
    »Richtig«, stimmte Padrick zu. »Die Pflicht ruft.«
    Mit schriller Stimme ließ sich Adzel vernehmen: »Mein Freund, Sie haben eine ganz falsche Lebensauffassung. Wenn Sie … hicks!… mit dem Universum eins wären – aber dabei dürfen Sie nicht den Fehler machen … hicks! …« Adzel war keineswegs ein religiöser Fanatiker, hatte aber das Gefühl, daß dieser feine Kerl, der jetzt neben ihm nach draußen schwankte, zumindest wissen mußte, welche Vorteile der Buddhismus zu bieten hatte. Deshalb hielt er ihm einen langen Vortrag. Padrick sang mit lauter Stimme. Die Eingeborenen wichen ängstlich vor ihnen aus.
    »Sie sehen also hoffentlich«, murmelte Adzel, »daß die Reinkarnation nicht unbedingt …«
    »Warten Sie.« Padrick blieb stehen. Adzel beugte sich zu ihm hinunter. Sie hatten schon fast den Wall der Neuen Stadt erreicht.
    »Was ist denn?« fragte Adzel.
    »Mir ist eben eingefallen, daß ich noch etwas besorgen muß.« Der Ershokh schien wieder völlig nüchtern zu sein. Hatte er wirklich ebenso viel wie die anderen getrunken? Adzel hatte nicht darauf geachtet. »Sie müssen leider allein weitergehen.«
    »Aber jetzt kommt doch erst der interessante Teil!«

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