Die unsterbliche Braut
wesentlich mutiger, als ich mich fühlte. „Ich will auch etwas tun.“
„Kate …“, setzte Henry an, doch ich ließ ihn nicht ausreden.
„Lass es. Du hast deine Entscheidung getroffen, jetzt lass mich meine treffen. Wenn du nicht am Kampf teilnimmst, müssen wir jemand anderen finden, der es tut.“
„Henry hat recht“, warnte Walter. „Du hast keinerlei Erfahrung im Umgang mit Titanen. Du bist hier, und ein falsches Wort …“
„Dann gib mir jemanden zur Begleitung.“
„Wir können auf niemanden verzichten“, entgegnete Walter angespannt. „Wenn du gehen möchtest …“
„Auf mich könnt ihr verzichten.“
Ava sprach leise und ohne große Überzeugung, doch ihre Stimme erhob sich über Walters, und er hielt inne. Sie tauschten Blicke, und noch etwas anderes schien zwischen ihnen zu passieren.
„Nun gut“, lenkte Walter ein, und in mir keimte ein Fünkchen Hoffnung auf. Endlich würde ich nicht mehr nutzlos sein. Selbst wenn Rhea nicht helfen wollte, hätte ich wenigstens die Chance, wiedergutzumachen, dass Henry sich meinetwegen zurückzog. Ich konnte nicht herumsitzen und keinen verfluchten Finger rühren, während die anderen in die Schlacht zogen.
Ein Schatten huschte über Henrys Gesicht. „Kate, bitte. Welche Befürchtungen du auch hast, die Schuld für all das auf dichnehmen zu müssen – was glaubst du, wie ich mich fühlen würde, wenn dir das Schlimmste zustoßen würde?“
In mir zerbrach etwas. Von allem, was er gegen mich hätte verwenden können, wählte er gerade diesen Weg? „Das ist das Problem, Henry. Ich weiß nicht, was du für mich fühlst. Jeder sonst scheint eine Meinung dazu zu haben, aber die einzige Person, von der ich etwas darüber hören möchte, bist du. Aber du willst es mir nicht sagen, egal wie sehr ich dich anflehe – alles, was du tust, ist, das Leben jedes Einzelnen zu riskieren, den ich liebe … nur um mich in Sicherheit zu wissen. Was glaubst du, wie ich mich da fühle?“
Einen Moment lang sah er verwirrt aus, doch schnell hatte er sich wieder unter Kontrolle. „Bevor ich dich kennengelernt habe, war ich bereit, zu vergehen. Für den Fall, dass dir etwas geschieht, haben sich meine Wünsche nicht geändert.“
Zuerst dachte ich, ich hätte mich verhört. Schon früher hatte er mich manipuliert – das hatte der gesamte Rat –, doch noch nie hatte er sein Leben gegen mich verwendet. Das war eine Grenze, von der ich gedacht hatte, er würde sie nicht überschreiten. Anscheinend hatte ich mich geirrt.
„Verzeih, dass mir das keine Sorgen bereitet“, erwiderte ich sarkastisch, während sich jeder kleine Schritt, den wir in den vergangenen Wochen aufeinander zugegangen waren, in Luft aufzulösen schien. „Jetzt, da Persephone wieder in dein Leben getreten ist, kann ich mir vorstellen, dass du noch ein wenig unter uns weilst, solange die Hoffnung besteht, dass sie dich noch mal küsst.“
Henry erstarrte, und hinter mir hörte ich meine Mutter rufen: „Noch mal? Persephone! “
Der schmerzhafte Knoten in meiner Brust machte sich erneut bemerkbar. „Ich weiß, ich bin nicht sie und werde es niemals sein, aber weißt du was, Henry? Das ist etwas Gutes, denn anders als sie werde ich dich nicht verraten. Ich werde mich nicht in jemand anders verlieben und beschließen, dass du die Mühe nicht wert bist, denn für mich bist du der Eine. Solange du michhierhaben willst, werde ich bleiben, aber egal wie sehr ich dich liebe, ich werde mich von dir nicht so manipulieren lassen. Das ist weder mir noch dem Rat gegenüber fair, und du musst damit aufhören, bevor es uns vollkommen zerstört. Leide, so viel du nur magst. Du willst mit ihr rummachen, obwohl sie dich nicht liebt? Obwohl du mir nicht mal einen Gutenachtkuss gegeben hast, seit ich hier angekommen bin? Meinetwegen. Von mir aus geh mir jahrelang aus dem Weg – zur Hölle, geh mir Äonen lang aus dem Weg. Aber wage es ja nicht, zu versuchen, mich von dem bisschen abzuhalten, das in meiner Macht steht, um die Welt vor dem Untergang zu bewahren.“
Während Henry mich immer noch mit leicht geöffnetem Mund anstarrte, wandte ich mich Walter zu. Dieses Mal hatte Henry nicht mitzureden bei dem, was ich tun würde. „Wenn es dir nichts ausmacht, werde ich mich jetzt vorbereiten. Je eher wir einen Titanen auf unserer Seite haben, desto größer sind unsere Chancen auf einen Sieg.“
Walter nickte knapp. Den Blick stur nach vorn gerichtet, stieg ich von der Plattform herab und schritt durch
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