Die unsterbliche Braut
ein Kind, begann zu weinen.
Walter verlagerte sein Gewicht, als wollte er vortreten, doch im letzten Moment überlegte er es sich anders. „Wir bauen auf deine Hilfe“, sagte er langsam. „Gemeinsam und mit etwas Vorbereitungszeit haben wir eine Chance, aber ohne dich …“
„Mein Reich ist die Unterwelt, nicht die Welt dort oben. Ich werde sie versiegeln und sicherstellen, dass Kronos bis zur Wintersonnenwende gefangen bleibt, aber meine Entscheidung ist gefallen“, sagte Henry. „Ich bitte euch alle, anzuerkennen, dass ich sie nicht leichtfertig getroffen habe.“
Meine Mutter erhob sich, und auf ihrem Gesicht lag derselbe Ausdruck wie damals, als ich mit elf beschlossen hatte, mir die Haare lila zu färben, und mit vierzehn, mir ein Tattoo stechen zu lassen. Keins von beidem war je geschehen. „Henry, wir alle fürchten die Risiken, aber wenn du dich weigerst, uns zu helfen, werden wir verlieren. Das muss dir doch klar sein. Das Blut, das Kronos bereits vergossen hat …“
„… ist eine Schande, und diejenigen unter euch, die verletzt sind, haben mein tiefstes Mitgefühl“, fiel Henry ihr ins Wort. „Gerade du solltest verstehen, warum ich das tue, Diana. Kate ist Calliopes erklärtes Angriffsziel, und du kannst nicht abstreiten, dass es ein Wunder ist, dass ihr heute nichts geschehen ist. Zweimal habe ich sie bereits enttäuscht, und ich werde nicht zulassen, dass ich ein drittes Mal versage.“
Bevor ich überhaupt realisierte, was ich da tat, war ich schon auf den Füßen. Mit rasender Geschwindigkeit verdrängte Zorn Schuld und Trauer, die mich erfüllt hatten. „Wage es ja nicht, mich als Ausrede zu benutzen, um deine Familie im Stich zu lassen. Calliope hat es auf mich abgesehen, ob du neben ihnen kämpfst oder nicht. Ich werde nicht danebenstehen und zusehen, wie du nichts unternimmst, bloß damit mir nachher alle die Schuld in die Schuhe schieben können, wenn der Rat verliert.“
„Niemand würde dir die Schuld geben, Liebes“, widersprach Walter. „Henry, ohne dich ist unsere Niederlage unausweichlich. Niemand sonst ist in der Lage, Kronos aufzuhalten, und wenn Calliope nicht im Verlauf des kommenden Jahres ihre Fehler einsieht …“
„Es tut mir leid“, schnitt Henry auch ihm das Wort ab. „Ich werde meine Meinung nicht ändern. Du bist keine Ausrede, Kate. Wenn ich mich heraushalte und die Unterwelt versiegele, werde ich dich beschützen und gleichzeitig weiterhin meine Pflichten erfüllen und über die Toten wachen können – ganz egal, wie der Krieg ausgeht.“
„Warum kannst du nicht trotzdem kämpfen?“, wollte ich wissen. „Alle werden sterben, wenn du es nicht tust.“
„Und möglicherweise werden sie das auch dann, wenn ich es tue“, erwiderte er. „Ich werde nicht dein Leben riskieren. Wir haben bereits gesehen, wie weit Calliope bereit ist zu gehen, um dich zu vernichten. Bei dem Interesse, das Kronos an dir zeigt, ist das viel zu gefährlich.“
Bevor ich noch etwas antworten konnte, erhob sich Persephone. „Was ist mit den anderen Titanen? Wenn Henry …“
„Welche anderen Titanen?“, fragte ich mit klopfendem Herzen.
Eine Augenbraue hochgezogen, sah Persephone mich tadelnd an. „Würdest du mich ausreden lassen? Wenn Henry nicht mithelfen will, meinetwegen. Offensichtlich gibt es nichts, das irgendjemand von uns sagen könnte, um seine Meinung zu ändern.“ Aufgebracht funkelte sie Walter an. „Vater hat gesagt, niemandem würden Vorwürfe gemacht, wenn er einen Rückzieher macht. Und bevor du einen Anfall kriegst, Kate, wir sind nicht die Einzigen, die ihn bekämpfen können. Nicht alle Titanen wurden eingesperrt. Wenn wir Glück haben, könnten die anderen bereit sein, uns zu helfen.“
„Die Chance, dass die anderen Titanen sich bereit erklären, auf unserer Seite zu kämpfen, nachdem wir sie vom Thron gestoßen haben, ist verschwindend gering“, widersprach Walter, und sein Gesichtsausdruck wurde hart. „Und es wäre unklug, zu riskieren, Kronos Verbündete zuzuspielen.“
„Ist es nicht einen Versuch wert?“, ließ Persephone nicht locker.
„Rhea könnte uns helfen“, schaltete sich James ein, der bisher geschwiegen hatte. „Ich weiß, wo sie ist.“
„Wir haben nicht die Zeit, sie zu umwerben“, sagte Walter. „Wir müssen uns vorbereiten, und sie zu überzeugen, gegen ihren Partner anzutreten, wird zweifellos Zeit in Anspruch nehmen …“
„Dann lasst mich das übernehmen“, fiel ich ihm ins Wort und klang dabei
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