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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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Leben für meins gegeben. Ihr sterbliches Leben“, korrigierte ich mich. „Aber der Körper, in dem sie gelebt hat, war sowieso schon dem Tod geweiht.“
    „Das spielt keine Rolle“, erwiderte Persephone. „Er hätte das nicht tun sollen. Während unserer gemeinsamen Herrschaft haben wir nur sehr wenige Ausnahmen gemacht, und selbst in diesen Fällen gab es so viele Bedingungen, dass niemand es jemals wirklich bis zurück an die Oberfläche geschafft hat. Um dein Leben zu retten, hat er gegen alles verstoßen, wofür er seit den ersten Tagen der Menschheit gestanden hat.“
    Auf der anderen Seite des Feuers räusperte sich James. „Sie sagt die Wahrheit, Kate“, bestätigte er. „Er hätte dich nicht retten dürfen.“
    Und doch hatte er es getan. Lächelnd schlang ich die Arme um meine Knie, während sich die kühle Nachtluft auf uns herabsenkte. Ich wusste nicht, wo so etwas auf der Skala der romantischen Gesten rangierte, aber ich war mir ziemlich sicher, dass es mindestens so gut war wie, mir einen Hundewelpen zu schenken.
    „Kannst du mir erklären, wie man die Visionen kontrolliert?“, bat ich Persephone und fühlte mich irgendwie erleichtert. Selbst wenn es Henry nicht mehr als seine Regeln und seinen Stolz gekostet hatte, mich zu retten: Persephone hielt das für eine große Sache, und das bedeutete mir mehr, als es sollte. Für sie hätte er dasselbe getan, dessen war ich mir sicher, und doch hatte er es nicht gemacht. Mir blieb doch noch ein Teil von ihm, den sie nicht hatte.
    „Es ist ganz leicht“, erklärte sie schulterzuckend. „Du musst dich auf den Ort konzentrieren, an den du gehen willst, oder auf die Person, die du finden willst.“
    „Du kannst Leute finden?“, fragte ich staunend. Persephone nickte.
    „So machst du das wahrscheinlich – indem du an Henry denkst. Es braucht ein bisschen Übung, aber wenn du die Technik erst mal raushast, wird es mit jedem Mal leichter. Versuch’s“, ermutigte sie mich. „Denk an jemanden, den du sehen willst, und lass dich einfach darauf zutreiben.“
    So leicht Persephone das auch erscheinen mochte, ich hatte keine Ahnung, wie ich mich irgendwohin treiben lassen sollte. Immer noch erfüllt von der Wärme der Entdeckung, dass Henry für mich die Regeln gebrochen hatte, schloss ich die Lider und rief mir sein Gesicht vor Augen und …
    Nichts.
    „Es funktioniert nicht“, murrte ich.
    „Entspann dich“, sagte Persephone. „Es wird nicht sofort passieren.“
    Anscheinend würde es überhaupt nicht passieren. Wieder und wieder versuchte ich es, bis all die Zufriedenheit, die mich gerade noch erfüllt hatte, verschwunden war. In mir blieben nichts als Selbstzweifel zurück. Mir dröhnte der Kopf, weil ich mich so angestrengt konzentriert hatte, und je mehr Persephone auf mich einredete, desto unerreichbarer fühlten sich meine Kräfte an.
    „Es wird nicht leicht sein zu Anfang“, sagte sie einige Minuten später, was so ungefähr das Ermutigendste war, das sie bisher zu mir gesagt hatte. „Du hast noch nie solche Fähigkeiten besessen.“
    Warum das einen so großen Unterschied machen sollte, war mir nicht ganz klar, wohingegen offensichtlich war, dass ich es in dieser Nacht nicht mehr schaffen würde. „Ich geh spazieren“, erklärte ich und stand auf. Zusätzlich zu den mörderischen Kopfschmerzen tat auch mein Bein wieder weh, und ich schüttelte es aus. „Ich bring Zuckerwatte für alle mit.“
    Gegen die Kälte schlang ich mir die Arme um den Oberkörper und machte mich auf den Weg zum Eingang des Jahrmarkts. Natürlich konnte das alles nicht einfach sein – wenn es das wäre, hätten sie jedes Mädchen nehmen können, und die ganzen Prüfungen wären unnötig gewesen. Trotzdem fühlte ich mich wie die letzte Versagerin, die davonschlich, während die anderendrei sich zweifellos flüsternd darüber unterhielten, wie ich immer wieder daran scheiterte. Unmut flackerte in mir auf, und ich zwang mich, das Gefühl zu unterdrücken. Es war nicht ihre Schuld, und wenn Persephone die Wahrheit sagte, würde ich es irgendwann hinbekommen. Doch ich brauchte diese Fähigkeit jetzt, nicht in Tagen oder Wochen oder Monaten. Solange wir nicht wussten, was mit Calliope …
    Ein lautes Krachen hallte durch die Kaverne. Erschrocken blickte ich auf, in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war, und in mir breitete sich eine Übelkeit erregende Furcht aus.
    Vom Himmel regneten Sterne herab.

10. KAPITEL
    FISSUR
    „Kate!“
    James’ panische

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