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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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keuchendem Husten, Verbrennungen und so ziemlich allem, was man sich nur denken kann. Wir lagen gemeinsam in der tödlich feuchten Nachtluft und schmolzen und gingen auseinander wie Plätzchen in einem Ofen.
    »Ich lasse dich hier«, sagte Scott. »Ich bringe sie zusammen mit den Euthanasie-Unterlagen ins Leichenschauhaus, und dann komme ich wieder und melde dich an. Es dauert nicht lange.«
    »Danke.«
    Auf dem Rasen wurde es sehr eng, die Verletzten lagen immer näher und näher bei mir, bis sie sich schließlich beinahe an mich schmiegten. Von Zeit zu Zeit wanderte einer der Scheinwerfer auf dem Dach des Krankenhauses über den Rasen, und das Licht drang direkt durch meine geschlossenen Augenlider. Der Schmerz kam wieder, und es fühlte sich so an, als würde mein Herz von einem unsichtbaren Steinklotz platt gedrückt.
    Scott kam zurück und sah, dass ich noch immer auf dem Boden lag. Bevor er mich hochhob, sah er sich um, ob ihm vielleicht einer der gesunden Menschen um uns herum helfen würde. Niemand half. Sie ignorierten ihn, als wäre er ein Passagier, der zu spät in den Zug gestiegen war und nun nach einem freien Sitzplatz suchte. Er schlang seine Arme von hinten um mich und hob mich hoch, wobei er meinen Brustkorb nur noch mehr zusammendrückte. Ich fühlte, wie meine Rippen wie Zellophan zusammengeknüllt wurden.
    »Es tut mir leid, Kumpel«, sagte er. »Aber du musst persönlich zur Anmeldung mitkommen.«
    Er trug mich mitten in die Menschenmenge und stellte sich in die Schlange. Stunden vergingen. Ich lag auf dem Boden. Wenn sich die Schlange nach vorn bewegte, schubste mich Scott mit dem Fuß ein Stückchen nach vorn wie einen Koffer. Ich rief David an, um ihm zu sagen, dass ich ihn liebte. Er bot an, zu mir zu kommen, doch ich bestand darauf, dass er in New York blieb. Eine Stunde später kam ein sehr netter Kollektivist namens Ken auf uns zu und bot an, Scott abzulösen. Scott nahm das Angebot an und ging nach Hause, um zu schlafen. Ken öffnete seine Bauchtasche und gab mir ein paar Karotten und eine Diätlimonade. Er hatte saubere Kleider für mich mitgebracht (eine Khakihose und ein Baumwollshirt natürlich), und ich zog sie langsam an, während ich auf dem Boden liegen blieb. Er bot mir an, einen der Mediziner aus der Kirche zu rufen, damit dieser mir die Hand auflegen konnte, doch ich lehnte ab. Die Schlange bewegte sich langsam vorwärts. Eine sehr große, sehr strenge Krankenschwester wartete auf uns.
    »Name?«
    Ich stand auf und sagte ihr stockend und keuchend meinen Namen.
    »Symptome?«
    Ich sagte ihr, dass ich einen Herzinfarkt gehabt hatte.
    »Geburtstag?«
    Ich erklärte ihr, dass ich am 1. Oktober 2030 geboren worden war. Sie lächelte spöttisch.
    »Ein Herzinfarkt? Mit neunundzwanzig? Das glaube ich kaum. Warten Sie dort drüben.«
    Sie deutete auf einen riesigen Raum, über dessen Eingang TRIAGE-STATION / UNSTERBLICHE stand.
    Dort musste ich also hin. Mein eigener Herzinfarkt war ein Beweis dafür, dass mein Herzinfarkt nicht sofort behandelt werden sollte.
    Gerade als die Krankenschwester in unsere Richtung zeigte, kam meine Schwester panisch in die Notaufnahme gestürzt. Sie kam geradewegs aus New Jersey und boxte begeistert alle zur Seite, die ihr im Weg standen. Sie half Ken, mich in die Triage-Station zu tragen, und legte mich sanft auf den Teppichboden. Sie streichelte meine Haare. Mir wurde schwindelig, und ich kämpfte gegen den Drang an, ein zweites Mal ohnmächtig zu werden, während ich darauf wartete, trotz allem ohnmächtig zu werden. Also wurde ich ohnmächtig.
    Ich wachte auf. Der Schmerz hatte wieder nachgelassen. Ich konnte atmen. Zwar nicht sehr tief, aber mein Brustkorb war wieder in der Lage, sich auszudehnen. Ich befand mich noch immer auf der Triage-Station. Ein junger Schwarzer mit einer Schussverletzung in der Schulter saß gemeinsam mit seiner Mutter auf einer Bank in unserer Nähe. Er drückte ein Handtuch auf die Wunde. Das Blut auf dem Handtuch war vor Stunden eingetrocknet und mittlerweile braun geworden. Er sah, wie ich die Augen öffnete. »War das Nickerchen schön?«, fragte er. »Ich wünschte, ich könnte ebenfalls ein solches Nickerchen machen.«
    »Wir sind seit sechsundzwanzig Stunden hier«, sagte seine Mutter. »Ich war nicht einmal so lange im Krankenhaus, als ich ihn zur Welt gebracht habe.«
    Ich sah Polly und Ken an. Sie starrten auf einen Flatscreen hinauf, der Bilder aus China zeigte. Die Nachrichtenstationen hatten nach wie vor nur

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