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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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den Wagen zu, bis er nicht mehr weiterkam, und begann zu bellen, wobei er sich selbst beinahe erwürgte, während er versuchte, weiter nach vorn zu kommen.
    Ich öffnete die Akte auf meinem WEPS, und eine alte Dame starrte mich an. Laut meinen Unterlagen hieß sie Virginia Smith. Sie trug eine Brille, deren Gläser etwa zweieinhalb Zentimeter dick waren, und um ihren Hals baumelte eine dünne Goldkette mit einem Anhänger, der die Silhouette eines kleinen Mädchens darstellte. Als ihr Geburtstag war der 1. März 1950 angeführt. Ihr Deaktivierungsalter betrug vierundsiebzig Jahre. Ich sah Ernie an. »Was ist das?«
    »Das ist die Akte«, sagte er.
    »Diese Frau hier ist doch keine Terroristin. Ist das hier eine sanfte Euthanasie? Matt hat uns heute die sanfte Tour verordnet?«
    »Nein, sie hat keinen Antrag gestellt.«
    »Was zum Teufel ist das hier dann? Ernie?«
    Ernie sah mich an, als hätte er gerade nach etwas gesucht und immer noch keine Ahnung, wo es sich befand. »Sie ist einfach alt, Kumpel.«
    Der Hund bellte und stellte sich auf die Hinterbeine, dann fiel er um und die Sache begann wieder von vorn. Virginia Smith öffnete ihre Haustür und warf einen Blick auf Big Bertha, dieses orangefarbene Ungetüm, das ihr perfektes kleines Häuschen verunstaltete. Sie starrte uns durch die Glaszwischentür an, und ich merkte, wie ich würgen musste. Sie öffnete die Tür und kam auf uns zu.
    »Warum hast du mir nichts gesagt?«, fragte ich Ernie.
    »Du wolltest es doch gar nicht hören, du warst mit deinen Gedanken doch irgendwo.«
    »Ich rufe Matt an.«
    »Es wird ihm egal sein.«
    Mrs. Smith klopfte an mein Fenster. Ich ließ es hinunter. Sie sah wie ein menschliches Andenken an längst vergangene Tage aus. Sie sah die Lizenzen, die von unseren Hälsen baumelten. »Kann ich Ihnen helfen, meine Herren?«, fragte sie.
    Ich log. »Es tut mir schrecklich leid, Ma’am. Mein Freund und ich haben die falsche Abzweigung erwischt und müssen unser Navigationsgerät neu programmieren.«
    »Oh, aber ich kann Ihnen doch auch helfen. Wo müssen Sie denn hin? Ich kenne die Straßen hier recht gut.«
    »Wissen Sie, ich habe nicht einmal die richtige Adresse«, sagte ich. »Ich muss meinen Freund anrufen und sie noch einmal kontrollieren.«
    »Kann ich euch Jungs ein wenig Wasser und ein Zucchinibrot bringen? Ich habe es gerade frisch gebacken.«
    »Nein danke, Ma’am. Wir lassen Sie gleich wieder in Ruhe.«
    »In Ordnung. Nun, ich hoffe, ihr Jungs findet Euer Ziel.«
    »Danke.«
    Sie wandte sich an den Hund. »Momo, hör auf zu bellen!« Der Hund ignorierte sie und versuchte weiterhin, sich auf uns zu stürzen. Sie blieb in ihrem Vorgarten stehen und beobachtete uns.
    Ich wählte hektisch Matts Nummer. Er strich gerade das Deck seines Bootes. »Rufst du an, weil China ‚versehentlich‘ Russland bombardiert hat?«, fragte er. »Das ist vielleicht eine verrückte Scheiße.«
    »Was zum Teufel soll das?«
    »Was?«
    »Virginia Smith«, sagte ich.
    »Ach so – das. Das ist unser erster Vorstoß ins Programm zur Regulierung des Altersdurchschnitts.«
    »Mein Gott!«
    »Warum flippst du deshalb so aus? Wir reden doch schon seit beinahe einem halben Jahrzehnt davon.«
    »Und ich habe gesagt, dass ich es nicht machen möchte. Und du hast gesagt, dass du es auch nicht machen willst.«
    »Das ist deshalb, weil alle zunächst einmal zu allem Nein sagen, so lange, bis sie Ja sagen müssen.«
    »Was meinst du damit?« Ich wandte mich an Ernie. »Was meint er damit?«
    »Er meint, dass es verpflichtend ist, an diesem Programm teilzunehmen«, sagte Ernie.
    »Wenn wir nicht mitmachen, verlieren wir unsere Lizenz«, erklärte Matt. »Wir alle. Wir verlieren die Zuschüsse. Wir verlieren den Schutz der Regierung. Und nicht nur das. Jeder, der Nein sagt, wandert sofort auf der Liste ganz nach oben. Ist das nicht toll? Ich bin einhundertundvier Jahre alt, John. Ich bin zu alt für so etwas. Und du bist es ebenfalls.«
    »Ich kann das nicht tun«, sagte ich.
    »Es wurde vom Kongress beschlossen. Was willst du von mir hören? Dass es nicht geschehen ist?«
    »Aber es sind doch bereits Millionen Menschen gestorben.«
    »Das ist nicht annähernd genug, und das weißt du auch. Du erschlägst einen Maulwurf, und ein Dutzend weitere kommen plötzlich hervor. Wie lange hast du heute Morgen im Auto gesessen, hmm? Komm schon, du wusstest, dass das kommen würde. Es ist der nächste logische Schritt.«
    Momo, der Hund, riss seinen Pfosten aus der Erde und

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