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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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soll leben.«
    Er startete Big Bertha, und wir fuhren zurück in den Morast. Wir ließen Virginia Smith mit ihrem kleinen Hund zurück, und sie würde sich wohl für immer fragen, warum zwei Euthanasie-Spezialisten so lange vor ihrem Haus geparkt hatten. Ich hoffe, dass sie nie die Wahrheit herausfinden wird. Sie ist einhundertneunundzwanzig Jahre alt.
    GEÄNDERT AM:
    28.06.2079, 17:03 Uhr

»Ein sehr dringendes Gefühl«

    Ich befand mich im hinteren Teil von Big Bertha, als Ernie Matt anrief, um ihm zu sagen, dass ich die Euthanasie nicht durchgezogen hatte. Matt zuckte bloß mit den Schultern. Ich lag auf dem Rücksitz und versuchte, mich mittels Telekinese zu Solara nach Hause zu beamen. Es funktionierte nicht.
    Auf der Umgehungsstraße kam das Elektroauto kaum vorwärts. Ich hörte die üblichen Klopfgeräusche, wenn jemand gegen das Auto schlug, und die Rufe der Verrückten, die zwischen den Autos herumlungerten und versuchten, Sachen zu verkaufen oder zu kaufen. Es war, als befände ich mich auf einem eingerosteten Fließband auf einem Autofriedhof. Ernie machte das Radio auf seinem WEPS an, und wir hörten weitere Meldungen darüber, wie Chabarowsk dem Erdboden gleichgemacht worden war. Dieselben Neuigkeiten jede halbe Stunde. Eine weitere riesige Tragödie, die im Anmarsch war. Ich war so daran gewöhnt, dass es sich genauso gut um einen Bericht über Zirkus-Robben hätte handeln können. Ernie wechselte den Sender, und wir hörten Allan Atkins, der verlangte, dass wir Russland bombardieren sollten, während es uns den Rücken zuwandte. Ernie wechselte zu einem liberaleren Sender, doch dort verlangten sie dasselbe. Sie waren einer Meinung, und das geschah nur unter äußerst seltsamen Umständen. Mein Verstand spielte mir Streiche. Ich hatte das Gefühl, dass sich das Auto vorwärtsbewegte, doch dann sah ich hoch und merkte, dass wir uns nicht vom Fleck gerührt hatten. Ich begann, stumm bis tausend zu zählen. Schließlich bewegten wir uns wieder vorwärts.
    Bei der Ausfahrt zur Route 50 gab Ernie mir ein Zeichen, dass er mich nun hinauswerfen würde. Ich kletterte auf den Beifahrersitz und schüttelte seine Hand. »Danke, Ernie.«
    »Trag weiter deine Lizenz um den Hals«, sagte er. »Es weiß ja niemand, dass sie wertlos ist.«
    »Das mache ich.«
    »Ich werde mit Matt sprechen, dass er deine Kündigung als Entlassung mit zweiwöchiger Kündigungsfrist weiterleitet. Du wirst zwar keine Abfindung bekommen, aber es verschafft dir einen kleinen Vorsprung.«
    »Glaubst du, dass Matt das tun wird?«
    »Ja. Es war heute Morgen nicht so leicht für ihn, wie es den Anschein hatte. Und jetzt geh. Rette, was du retten musst.«
    Ich schnappte mir zwei Pistolen und eine Schachtel mit Natriumfluoracetat-Spritzen. Dann stieß ich die Tür auf, sprang aus dem Wagen und lief die Ausfahrtsrampe hinunter. Langsam brach die Dämmerung herein. Das Reservat war etwa acht Kilometer entfernt. Ich lief die Route 50 hinunter und machte einen Bogen um die Obdachlosen- und Autosiedlungen. Die Sonne verschmolz mit dem Horizont, und alles, was ich tat, geschah mit dem Ziel, mich Solara näher zu bringen. Mein Hals schmerzte. Dann tauchte das Reservat auf, und ich lief noch schneller. Es war, als versuchte ich, meinen Körper zu überholen. Ich besiegte die Sonne und schaffte es gerade noch zum Tor, bevor die Nacht hereinbrach. Meine Wohnung befand sich etwa anderthalb Kilometer vom Eingang entfernt. Ich ging ein Stück, um mich auszuruhen, dann lief ich ein Stück, dann ging ich wieder ein Stück und lief schließlich den Rest der Strecke.
    Ich kam bei meinem Haus an, und als ich stehen blieb, begann ich heftig zu schwitzen. Kleine Bäche strömten über mein Gesicht und auf das leuchtend orangefarbene T-Shirt meiner Firma, das vom Kragen abwärts sofort durchtränkt war. Ich ging zum Wasserspender und gönnte mir eine zwanzig Dollar teure Flasche. Sie war leer, bevor ich das Wasser überhaupt auf meinen Lippen gespürt hatte. Ich nahm den Aufzug nach oben und blieb vor meiner Tür stehen. Ich sehnte mich danach, sie wiederzusehen, doch ich erinnerte mich selbst daran, dass sie genauso gut schon lange fort sein konnte – ich wappnete mich gegen die Enttäuschung.
    Ich öffnete ruhig die Tür, das Wohnzimmer war leer. Die Tür zum Badezimmer war geöffnet. Ich sah in die Küche. Niemand da. Ich ging ins Schlafzimmer, und da lag Solara in ihrem Jeansrock und einem billigen neuen Top auf dem Bett und richtete die Waffe auf die Tür.

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