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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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in den Laden gehen und eine holen, wenn du möchtest. Der beste Maissirup mit einem hohen Gehalt an Fruktose und Zitronengeschmack, den du jemals getrunken hast.«
    »Ich bleibe bei meinem Soda, aber danke.« Sie stürzte den Rest ihrer Flasche hinunter und öffnete eine weitere. »Als ich zwischen zwanzig und dreißig war, bin ich ständig mit älteren Männern ausgegangen. Randall gehörte natürlich auch dazu. Aber es gab noch andere. Nachdem ich mich von ihm getrennt hatte, zog ich nach L.A. und änderte meinen Namen. Dort ging ich mit einem Haufen älterer Kerle aus. Sie waren nicht nur alt, was ihr Alter betraf, sondern sie sahen auch alt aus. Wenn ein Typ vierzig war, sich jedoch bereits mit fünfundzwanzig hatte deaktivieren lassen, dann interessierte er mich nicht. Doch Typen mit einem Deaktivierungsalter von vierzig oder fünfundvierzig waren genau meine Liga. Ich bin mir sicher, dass es sich um einen Vaterkomplex handelte. Einer von ihnen war ein Produzent namens Bobby. Er war etwa fünfzig Jahre alt.«
    »Hat er dir einen Job verschafft?«
    »Er hat es angeboten«, sagte sie. »Aber ich wollte nicht erkannt werden. L.A. war damals … ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Jeder, der sich deaktivieren ließ, wollte plötzlich ein Filmstar werden und es auch für immer bleiben. Doch diese Jobs waren bereits vergeben. Die Schlangen zu den Vorsprechen verliefen drei- bis viermal um das Gebäude herum. Niemand hatte Geld, doch alle waren jung und gutaussehend. Die Leute trieben es in den Sitzecken der Restaurants oder einfach an der Straßenecke miteinander. Es war eine wilde, gewaltige Orgie mit Ablaufdatum, die einen zugleich abstieß und antörnte. Die ganze Stadt roch nach schalem Sex – nach Schweiß, feuchten Haaren und all dem Zeug. Das alles ödete mich so an, dass ich nicht mehr ausgehen wollte, selbst wenn Bobby eine Premiere hatte.«
    »Er war also ein richtig großes Tier?«
    »Ja. Ein richtig großes Tier. Er sagte immer: ‚Baby! Ich mache dich zum Star dieser Stadt!‘ Als hätten wir uns im Jahr neunzehnhundertzweiundvierzig befunden und ich wäre ein Mädchen aus der Kleinstadt gewesen. Er war ein Idiot. Aber er sah älter aus, daher hatte ich mehr Vertrauen zu ihm. Ich weiß nicht, ob das Sinn macht, aber so habe ich mich damals gefühlt. Bei dir ist es genauso, auch wenn du jung aussiehst. Du hast die Ausstrahlung eines alten Mannes. Aber du siehst nicht heruntergekommen aus, was sehr nett ist.«
    »Warum bist du nicht bei ihm geblieben? Warum bist du nicht in L.A. geblieben?«
    »Er konnte seine Hände nicht von anderen Frauen lassen. So sind die Männer. Selbst wenn sie genau das haben, was sie immer haben wollten, lassen sie es fallen, weil sie etwas anderes ausprobieren möchten. Und was L.A. betrifft …« Sie senkte den Kopf. »Meine Schwester und ich waren Zwillinge. Sind Zwillinge. Waren Zwillinge … es ist schwer zu erklären.«
    »Versuch es.«
    Sie saß stumm da, als müsste sie ihre Kräfte sammeln. »Sie hat sich nicht deaktivieren lassen, was witzig ist, da ich ja mittlerweile diejenige bin, die als Pro-Todes-Terroristin gesucht wird. Aber es war ihr Ding. Sie weigerte sich, sich deaktivieren zu lassen, und sie ließ sich mit einem knackigen Öko-Anwalt ein, den sie im Internet kennengelernt hatte. Jedes Mal, wenn ich sie traf, war es, als würde ich mein eigenes Bild betrachten, das ich weit hinten auf dem Dachboden versteckt hatte. Und sie legte es auch darauf an. Sie sah mich mit diesen vorwurfsvollen Augen an und fragte: ‚Wie fühlt sich das an?‘ Sie verspottete mich. Sie fragte mich, weshalb ich ewig leben wollte. Was tat ich der Welt Gutes? Welchem Zweck diente ich? Ich konnte ihr ihre Fragen nicht beantworten. Als ich sie zum letzten Mal sah, erklärte ich ihr, dass ich einfach nicht aufhören konnte zu leben. Das kann ich einfach nicht. Danach haben wir nie wieder miteinander gesprochen.«
    »Das tut mir leid.«
    »Es ist so seltsam. Als Kinder waren wir unzertrennlich. Wie es Zwillinge eben sind. Wir hatten unsere eigene Sprache. Wir wussten, was die andere wollte. Sie war mein Klon. Denn das sind Zwillinge: Klone. Ich war ihr näher als irgendjemandem sonst, denn sie war ich . Und als uns Dad verließ … mein Gott, sie war alles für mich. Ich hätte nie gedacht, dass es einmal anders sein würde. Ich dachte, dass sie die eine Konstante auf der Welt für mich sein würde – das Einzige, auf das ich würde zählen können. Dann veränderte sie sich, und

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