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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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ich mich, als wollte eine Schlange gerade meine Eingeweide auffressen. Menschen liefen durch den Tunnel in beiden Richtungen an uns vorbei. Ich konnte nicht feststellen, ob es Mitglieder der Kirche der Menschheit waren oder normale Bürger, die irgendwo hinwollten.
    Ich hörte, wie eine Tür aufschwang, und sah, wie meine Füße in einen sauberen Flur geschleift wurden. Der Glanz des Bodens, der so hell und stark war wie die erste atomare Explosion, ließ meine Augen in ihren Höhlen nach hinten verschwinden. Die Arme, die mich festhielten, lockerten ihren Griff und ließen mich sanft zu Boden gleiten wie ein Kleinkind, das gewickelt werden sollte. Ich warf einen Blick zur Seite und sah Solara. Sie war noch immer da. Sie war noch immer am Leben. Ich begann zu beten. Nicht zu einem Gott oder zu den Menschen. Bloß zur Luft. Ich bat leise darum, dass wir beide noch ein wenig mehr Zeit bekämen. Bloß die Zeit, die wir brauchten.
    Ein ernst aussehender Mann mit roten Haaren, einer Khakihose und einem Baumwollshirt trat in mein Sichtfeld und kniete sich neben mich.
    »Sie sind John Farrell«, sagte er.
    »Ja.«
    »Ich bin Reverend Samuel Jeffs. Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass wir im Moment keine Ärzte hier bei uns haben.«
    »Sie ist schwanger.«
    Er hob eine Augenbraue. »Wirklich? Wie lange schon?«
    Solaras Körper verspannte sich. »John, nicht …«
    »Sie ist in der vierzehnten Woche«, erklärte ich ihm.
    Der Reverend lehnte sich zurück und kratzte sich am Kinn. Er gab zwei Männern, die gerade vorbeigingen, ein Zeichen. Er deutete auf Solara und rief einem von ihnen zu: »Chuck! Such einen Arzt für sie.«
    Ich hörte, wie Chuck davonlief, um irgendwo einen Arzt aufzutreiben. Solara streckte die Hand aus und fuhr damit an meiner Seite hinunter. Ich fühlte mich, als hätte mich jemand desinfiziert.
    »Es gibt etwas, das ich ihnen sagen möchte, Mr. Farrell«, sagte Jeffs. »Ihr Sohn hat Ihnen das Leben gerettet. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen. Wir beobachten Sie seit zwanzig Jahren. Wir überwachen Sie. Wir haben zugesehen, wie sie Unmengen von Menschen getötet, das menschliche Gefäß unzählige Male verletzt haben. Das sind Todsünden, und wir waren bereit, Sie dafür zu bestrafen. Reverend Steve Swanson hat mir erzählt, wie oft er kurz davor stand, sie an einen sehr tiefen und dunklen Ort zu bringen. Wussten Sie das?«
    »Nein.«
    »Aber er hat es nicht getan. Und wissen Sie, warum er es nicht getan hat?«
    »David.« Ich sagte seinen Namen, als wäre ich um vier Uhr morgens irgendwo im Nirgendwo in einem Hotelzimmer aufgewacht.
    »Ja, das ist richtig«, sagte er. »Ihr Sohn war ein Held. Er starb für seine Mitmenschen. Und die Erinnerung an ihn hat Ihnen die letzten zwanzig Jahre Ihres Lebens geschenkt. Sie hätten sonst nie so lange überlebt. Denken Sie an das Geschenk. Sie sind ein äußerst gesegneter Mann, und ich dachte, dass Sie das gern wissen würden. Sie haben einen wundervollen Jungen großgezogen.«
    Ich drehte mich voller Scham zur Seite und fort von dem Reverend. Er gab mir eine Flasche Wasser, und ich dankte ihm und nippte daran, obwohl ich wusste, dass ich es nicht wert war. Ich warf einen Blick auf Solara und sah, dass sie zitterte. Ich drehte mich schnell zu dem Reverend um und spie die Worte aus. »Trauen Sie uns.«
    »Wie bitte?«
    »Bitte trauen Sie uns.«
    Er sah uns beide zuerst überrascht und dann amüsiert an.
    »Natürlich.« Er stand auf und nahm eine formale Haltung an, als würde er hinter einem Altar stehen. »Kraft des mir vom Staat Virginia verliehenen Amtes und mit diesem Mann als meinem Zeugen, erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau. Herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke«, sagten wir beide zu ihm.
    Er kniete sich wieder neben mich. »Ich muss wieder hinauf und sicherstellen, dass diese Kirche nicht zerstört wird. Ich bin mir sicher, dass Sie das verstehen. Es wird sich bald ein Arzt um Ihre Frau kümmern. Ruhen Sie sich in der Zwischenzeit hier ein wenig aus. Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass Sie ungestört sein werden, doch ich hoffe, dass es die Zeit sein wird, die Sie brauchen.«
    Ich dankte ihm ein letztes Mal. Zwei Arme zogen mich zur Wand und lehnten mich dagegen. Ich legte meine Hand an meine Seite, und sie war klebrig von dem geronnenen Blut. Ich drückte die Finger meiner linken Hand zusammen und versuchte, sie wieder auseinanderzudrücken. Ich schaffte es nicht. Sie setzten Solara neben mich und verschränkten unsere Hände

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