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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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und ist etwa fünfeinhalb Meter hoch. Sie besteht aus Stahl und Stahlbeton, und sie wirkt schalldämpfend nach innen und nach außen, wie die Lärmschutzwand entlang einer Autobahn. Wenn man auf der Route 30 auf die Mauer zufährt, nimmt man zunächst an, dass die Straße um das massive Bauwerk herumführen wird, doch stattdessen endet sie direkt vor der Mauer, und ein kleines Umleitungsschild führt den Besucher auf eine behelfsmäßige Schotterstraße, die um die Festung herumführt. Jemand, der noch nie hier war, wird sich wohl berechtigterweise fragen, was sich hinter dieser Mauer befindet. Er geht vielleicht davon aus, dass es sich um eine Militärbasis handelt, vielleicht um einen dieser extrem geheimen Orte, an denen entführte Außerirdische gefangen gehalten werden, falls er an solche Dinge glauben sollte. Es gibt kein Tor, um in die Stadt zu gelangen. Man kann entweder um die Mauer herumfahren, oder man muss über sie klettern.
    Und die Einwohner von Soda Springs, Idaho, hätten sicher keine Freude mit Ihnen, falls Sie sich für die zweite Möglichkeit entscheiden sollten.
    »Ich werde jeden erschießen, den ich dabei erwische, wie er über die Mauer klettert«, sagt Bill Haskell. Bill ist der Sheriff. Er lebt seit seiner Geburt vor 49 Jahren hier. Soda Springs ist seine Stadt. Zumindest war es seine Stadt. Mittlerweile ist es sein Land. »Ich werde alles tun, um unsere Leute zu schützen.«
    Soda Springs war früher ein Ort, über den man nicht weiter nachdachte. Es lag isoliert in einer ländlichen Gegend. Die einzigen Menschen, die durch die Stadt fuhren, waren vereinzelte Touristen, die sich für die natürlichen Thermalquellen und Geysire der Gegend interessierten. Die Stadt hat 4000 Einwohner, die alle einer mormonischen Sekte angehören. Im Gegensatz zu anderen unabhängigen mormonischen Sekten folgt diese jedoch den Vorgaben der Hauptkirche, weshalb Polygamie verboten ist. Es gibt jedoch noch eine Sache, die diese Sekte von den anderen unterscheidet: Die Verabreichung des Heilmittels gegen das Altern wird hier als Sünde angesehen.
    »Es ist eine Abscheulichkeit, jawohl, das ist es«, sagt Haskell. »Die Menschen versuchen, Gott zu spielen, und Gott wird sie furchtbar dafür bestrafen. Ich weiß, dass die Hauptkirche der Mormonen mit der Deaktivierung einverstanden ist, da sie sich davon steigende Mitgliederzahlen erhofft, doch meiner Meinung nach widerspricht dies der Grundlage unserer Kirche.«
    Auf Anweisung des Sektenführers Thomas Maskin verabschiedete die Stadt 2020 ein Gesetz, in dem die Verbreitung und die Anwendung des Heilmittels als strafbar deklariert werden. Maskin, den die Mitglieder seiner Kirche als Propheten bezeichnen, der in direktem und ständigem Kontakt zu Gott steht, erklärte, dass jeder, der sich deaktivieren ließe, aus der Kirche und damit auch aus Soda Springs geworfen würde. Darüber hinaus wären Personen von außerhalb, die sich hatten deaktivieren lassen, in der Stadt nicht mehr willkommen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Stadt nicht von anderen kleinen evangelikalen Orten im ganzen Land, die das Heilmittel als Teufelszeug verdammen und aus denen zahlreiche bekanntermaßen gewalttätige Pro-Todes-Terroristen hervorgegangen sind, darunter auch Mörder wie Eric Freeman (Mount Olive, Mississippi), Gary Logan (Midland, Texas) und Casey Jarrett (Ada, Oklahoma).
    Keiner dieser Terroristen stammt jedoch aus Soda Springs, weshalb das FBI bisher nicht auf die rasche Entwicklung der Gemeinde zu einer Pro-Todes-Zone aufmerksam wurde. Und so nutzten die Menschen in der Stadt das letzte Jahrzehnt den Vorteil der relativen Anonymität.
    Die Mauer war Maskins Idee und wurde zur Gänze aus seiner eigenen Tasche bezahlt. (Spenden an die Kirchengemeinde und direkte Spenden auf das Bankkonto des Propheten sind hier ein und dasselbe.) Der Erlass, den er gegen das Heilmittel veröffentlicht hatte, war zum Großteil zeremoniell. Derzeit ist das Heilmittel im Staat Idaho legal zu erwerben, und die Stadt hat keine Berechtigung, es zu verbieten. Damit konnten sich Maskin und Haskell, Maskins Schwager, nicht abfinden.
    »Es kam zu einem Zerwürfnis mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika«, sagt Haskell. »Wir hatten kein Interesse daran, noch länger Amerikaner zu sein, falls sich die Regierung weiter zurücklehnen und die Beleidigung unseres Herrn weiter mit ansehen wollte.«
    Also entwickelte Maskin einen Plan, um die Stadt abzuspalten. Die Menschen in Soda Springs

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