Die Unsterblichen
kommt ungefähr hin.«
»Hättest du nicht eine andere Möglichkeit finden können, dich in mein Leben einzuschmeicheln? Das ergibt doch einfach keinen Sinn.« Kopfschüttelnd verdrehe ich die Augen und rege mich schon wieder auf, ehe er mir mit dem Finger über die Wange streicht und mir in die Augen sieht.
»Liebe ergibt niemals einen Sinn.«
Ich schlucke heftig, empfinde gleichzeitig Scheu, Euphorie und Unsicherheit. Dann räuspere ich mich. »Du hast doch gesagt, du bist nicht gut in der Liebe.« Mit zusammengekniffenen Augen sehe ich ihn an, und mein Magen fühlt sich an wie eine kalte, bittere Murmel. Ich frage mich, warum ich nicht einfach glücklich sein kann, wenn der umwerfendste Mann auf dem ganzen Planeten mir seine Liebe gesteht. Warum bestehe ich darauf, alles ins Negative zu ziehen?
»Ich hatte gehofft, diesmal wäre es anders«, flüstert er.
Ich wende mich ab; mein Atem geht in kurzen, flachen Stößen, als ich antworte: »Ich weiß nicht, ob ich alldem gewachsen bin. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
Er zieht mich an seine Brust, die Arme fest um mich geschlungen. »Du kannst dir mit deiner Entscheidung ruhig Zeit lassen.« Und als ich mich umdrehe, liegt dieser Blick in seinen Augen, der weit in die Ferne geht.
»Was ist los?«, frage ich. »Warum schaust du mich so an?«
»Weil ich nicht gut im Abschiednehmen bin«, erwidert er und versucht ein Lächeln, das nicht weiter reicht als bis zu seinem Mund. »Siehst du, es gibt zwei Sachen, die ich nicht gut kann - Liebe und Abschiednehmen.«
»Vielleicht sind die ja miteinander verwandt.« Ich presse die Lippen aufeinander und ermahne mich streng, ja nicht zu heulen. »Und wo gehst du hin?« Mit aller Kraft bemühe ich mich, meine Stimme ruhig und neutral klingen zu lassen, obwohl mein Herz nicht schlagen und mein Atem nicht weiterströmen will und es sich anfühlt, als ob ich innerlich sterbe.
Er zuckt mit den Schultern und schaut weg. »Kommst du zurück?«
»Das liegt bei dir.« Dann sieht er mich an und fragt: »Ever, hasst du mich immer noch?«
Ich schüttele den Kopf, halte aber seinem Blick stand. »Liebst du mich?«
Ich drehe den Kopf weg. Ich weiß, dass ich ihn liebe, dass ich ihn mit jeder Haarsträhne, jeder Hautzelle, mit jedem Blutstropfen liebe, dass ich vor Liebe platze, überkoche, aber ich bringe es nicht über mich, es laut zu sagen. Aber wenn er wirklich meine Gedanken lesen kann, dann sollte ich es ja eigentlich nicht laut sagen müssen. Er sollte es einfach wissen.
»Es ist immer schöner, wenn es ausgesprochen wird«, meint er, streicht mir das Haar hinters Ohr und drückt die Lippen auf meine Wange. »Wenn du dich entschieden hast, meinetwegen und wegen der Unsterblichkeit, dann sag's einfach, und ich werde da sein. Ich habe die ganze Ewigkeit vor mir; du wirst sehen, dass ich ziemlich geduldig bin.« Er lächelt, dann greift er in die Tasche und zieht das Pferdetrensen-Armband mit den Kristallen hervor, das er mir auf der Rennbahn gekauft hat. Das ich ihm zurückgegeben habe, als ich es ihm damals auf dem Parkplatz vor die Füße geschmissen habe. »Darf ich?«
Ich nicke, meine Kehle ist zu eng, um zu sprechen, als er den Verschluss einschnappen lässt und dann mein Gesicht zwischen seine Hände nimmt. Er schiebt meinen Pony zur Seite, drückt die Lippen auf meine Narbe und erfüllt mich mit all der Liebe und der Vergebung, von der ich weiß, dass ich sie nicht verdiene. Doch als ich zurückweichen will, hält er mich nur noch fester und sagt: »Du musst dir verzeihen, Ever. Du bist für nichts von alldem verantwortlich.«
»Was weißt du schon?« Ich beiße mir auf die Lippe.
»Ich weiß, dass du dir selbst die Schuld für etwas gibst, für das du nichts kannst. Ich weiß, dass du deine kleine Schwester von ganzem Herzen liebst und dich jeden Tag fragst, ob du das Richtige tust, wenn du sie dazu ermunterst, dich zu besuchen. Ich kenne dich, Ever. Ich weiß alles über dich.«
Ich drehe mich weg, mein Gesicht ist tränennass, und ich will nicht, dass er es sieht. »Das stimmt doch alles nicht. Überhaupt nicht. Ich bin ein Freak, und jedem, der mir nahe kommt, passiert etwas Schlimmes, obwohl eigentlich ich diejenige bin, die es verdient hat.« Ich schüttelte den Kopf; ich weiß, dass ich es nicht verdiene, glücklich zu sein, dass ich diese Art von Liebe nicht verdiene.
Er zieht mich in seine Arme, und seine Berührung ist ruhig und tröstlich, doch sie kann die Wahrheit nicht auslöschen. »Ich muss
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