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Die Unsterblichen

Die Unsterblichen

Titel: Die Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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zu verlieren«, murmelt er und kniet neben mir nieder. »Diesmal nicht. Nicht noch einmal.«
    Ich hebe den Blick zu ihm und habe keine Ahnung, was er meint, hoffe jedoch, er versucht nicht, es zu erklären. Ich habe so ziemlich alles gehört, was ich verkraften kann, und ich will einfach nur, dass es aufhört. Ich will, dass es ein Ende hat.
    Heftig schüttelt er den Kopf, ein schmerzlicher Ausdruck liegt auf seinem Gesicht. »Ever, bitte denk nicht so, bitte denk nicht -«
    »Du ... du entscheidest also einfach so, mich zurückzuholen, während meine ganze Familie stirbt?«, stoße ich hervor und schaue zu ihm auf. Eine zermalmende Wut verzehrt meinen Kummer. »Warum? Warum tust du so etwas? Ich meine, wenn es stimmt, was du sagst, wenn du so mächtig bist, dass du die Toten wieder zum Leben erwecken kannst, warum hast du sie dann nicht auch gerettet? Warum nur mich?«
    Die Feindseligkeit in meinem Blick lässt ihn zusammenzucken, kleine Hasspfeile, die auf ihn abgeschossen werden. Dann schließt er die Augen, während er antwortet: »So mächtig bin ich nicht. Und es war zu spät, sie waren schon weitergezogen. Aber du - du hast gezögert. Und ich dachte, das bedeutet, dass du leben wolltest.«
    Ich lehne mich gegen mein Auto, schließe die Augen und schnappe nach Luft. Dann ist es also wirklich meine Schuld, denke ich. Weil ich herumgetrödelt, weil ich gebummelt habe, durch diese blöde Wiese gewandert bin, abgelenkt von diesen blühenden Bäumen und Blumen, die gezittert haben. Während sie weitergezogen sind, die Grenze überschritten haben, und ich bin auf seinen Köder hereingefallen ...
    Er sieht mich kurz an, dann wendet er den Blick ab.
    Und, klarer Fall, das einzige Mal, dass ich so wütend bin, dass ich tatsächlich jemanden umbringen könnte, richtet sich meine Wut gegen den einzigen Menschen, der von sich behauptet, er wäre, nun ja unumbringbar.
    »Geh weg«, sage ich schließlich, reiße mir das kristallbesetzte Trensen-Armband vom Handgelenk und werfe es ihm vor die Füße. Ich will es vergessen, will alles vergessen. Ich habe mehr gesehen und gehört, als ich verkraften kann. »Geh ... einfach weg. Ich will dich nie wieder sehen.«
    »Ever, bitte sag das nicht, wenn du es nicht wirklich ernst meinst«, erwidert er, und seine Stimme klingt flehend, kummervoll, schwach.
    Ich lege den Kopf in die Hände, zu erschöpft, um zu weinen, zu vernichtet, um zu sprechen. Und da ich weiß, dass er die Gedanken in meinem Kopf hören kann, schließe ich die Augen und denke: Du sagst, du würdest mir niemals etwas zu Leide tun, aber sieh dir an, was du getan hast! Du hast alles kaputt gemacht, hast mein ganzes heben zerstört, und wofür? Damit ich allein sein kann? Damit ich den Rest meines Lebens als Freak verbringen kann? Ich hasse dich ...Ich hasse dich für das, was du mir angetan hast. Ich hasse dich für das, was du aus mir gemacht hast. Ich hasse dich dafür, dass du so egoistisch bist. Und ich will dich nie, nie wieder sehen!
    So bleibe ich hocken, den Kopf in den Händen, wiege mich gegen den Reifen meines Autos vor und zurück und lasse die Worte über mich hinwegströmen, wieder und wieder.
    Lass mich einfach nur wieder normal sein, bitte lass mich wieder normal sein. Geh einfach weg, lass mich in Ruhe. Denn ich hasse dich. Ich hasse dich. Ich hasse dich ...
    Als ich endlich aufblicke, bin ich von Tulpen umgeben -von tausenden von Tulpen, allesamt rot. Die weichen, wachsartigen Blütenblätter schimmern in der hellen Vormittagssonne, füllen den Parkplatz und bedecken sämtliche Autos. Mühsam komme ich auf die Beine und klopfe mich ab. Ohne hinzuschauen weiß ich: Der, der sie geschickt hat, ist fort.
     

SIEBENUNDZWANZIG
    Es ist komisch, Damen in Englisch nicht an meiner Seite zu haben. Damen, der meine Hand hält, mir ins Ohr flüstert und als mein AUS-Schalter fungiert. Wahrscheinlich habe ich mich so sehr daran gewöhnt, ihn um mich zu haben, dass ich ganz vergessen habe, wie eklig Stacia und Honor sein können. Doch als ich sie feixen sehe, während sie sich gegenseitig SMS schicken wie Dämliche Tussi, kein Wunder, dass er abgehauen ist, weiß ich, dass ich wieder auf meine Kapuze, meine Sonnenbrille und meinen iPod angewiesen bin.
    Es ist allerdings nicht so, als würde ich die Ironie in dem Ganzen nicht sehen. Es ist nicht etwa so, als würde ich den Witz nicht verstehen. Denn jemand, der auf einem Parkplatz Rotz und Wasser geheult und seinen unsterblichen Freund angefleht hat, zu

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