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Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks

Titel: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Skloot
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und hob ein paar davon auf, füllte meine Taschen mit allem, was von Henriettas Heimat noch übrig war. Ich muss Deborah etwas davon schicken , dachte ich. Sie wird nicht glauben, dass Clover weg ist .
    Als ich auf der Hauptstraße stand und auf das starrte, was vom Zentrum Clovers noch übrig war, hatte ich ein Gefühl, als würde sich auch alles, was mit Henriettas Geschichte zu
tun hatte, in Luft auflösen. Im Jahr 2002, nur ein Jahr nachdem Gary die Hände um Deborahs Kopf gelegt und die Last der Zellen an mich weitergegeben hatte, war er plötzlich mit 52 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Er war gerade zu Cooties Auto gegangen, seinen besten Anzug auf den Armen – er wollte ihn in den Kofferraum legen, damit er auf dem Weg zur Beerdigung von Cooties Mutter nicht knitterte. Ein paar Monate später rief Deborah an und erzählte mir, Cliffs Bruder Fred sei an Rachenkrebs gestorben. Der nächste war Day: Er starb im Kreis seiner Familie an einem Schlaganfall. Dann war Cootie an der Reihe, der sich mit einem Schuss in den Kopf das Leben nahm. Jedes Mal, wenn jemand starb, rief Deborah weinend an.
    Mir kam es vor, als würden die Anrufe nie aufhören.
    »Der Tod verfolgt uns und diese Geschichte überallhin«, sagte sie. »Aber ich bin noch da.«
     
    In den Jahren nach der Taufe änderte sich für die Familie Lacks nicht viel. Bobbette und Lawrence führten ihr gewohntes Leben weiter. Lawrence dachte kaum noch an die Zellen; nur hin und wieder spielten er und Zakariyya noch mit dem Gedanken, das Hopkins zu verklagen.
    Sonny erhielt 2003, mit 56 Jahren, einen fünffachen Bypass gelegt. Das Letzte, woran er sich erinnerte, bevor er das Bewusstsein verlor, war ein Arzt, der sich über ihn beugte und sagte, die Zellen seiner Mutter seien eines der wichtigsten Dinge der ganzen Medizingeschichte. Als er aufwachte, hatte er mehr als 125 000 Dollar Schulden, weil er nicht über eine Krankenversicherung verfügte, die den Eingriff bezahlt hätte.
    Zakariyya wurde aus seiner betreuten Wohneinrichtung rausgeworfen, dann auch aus einer Sozialwohnung, wo er einer Frau eine große Bierflasche auf dem Rücken zertrümmert und sie, die Frau, dann durch ein Glasfenster gestoßen hatte.

    Manchmal arbeitete er mit Sonny zusammen als Lastwagenfahrer.
    Deborah verließ 2004 ihren Mann und zog allein in eine betreute Wohnung. Das hatte sie schon seit Jahren vorgehabt – sie war es leid, sich ständig mit Pullum zu streiten, außerdem hatte ihr Reihenhaus zu viele Treppenstufen. Um ihre Rechnungen bezahlen zu können, arbeitete sie ganztags bei ihrer Tochter Tonya, die in ihrem Haus eine Einrichtung für betreutes Wohnen eröffnet hatte. Jeden Morgen verließ Deborah die Einrichtung, in der sie selbst lebte, und kochte und putzte den ganzen Tag für die fünf oder sechs Männer, die im Haus ihrer Tochter wohnten. Nach zwei Jahren gab sie die Tätigkeit auf, weil sie es körperlich einfach nicht mehr schaffte, stundenlang treppauf und treppab zu laufen.
    Als Deborah und Pullum 2006 offiziell geschieden waren, musste sie im Rahmen eines Antrags auf Prozesskostenhilfe ihr Einkommen offenlegen. Sie gab 732 Dollar im Monat Behinderten-Sozialhilfe und zehn Dollar für Lebensmittelgutscheine an. Ihr Bankkonto war leer.
    Als ich nach Clover fuhr und die dem Erdboden gleichgemachte Hauptstraße vorfand, waren seit meinem letzten Gespräch mit Deborah einige Monate vergangen. In diesem letzten Telefonat hatte ich ihr erzählt, dass das Buch fertig sei. Daraufhin hatte sie erklärt, ich solle nach Baltimore kommen und es ihr vorlesen, damit ich ihr die schwierigen Abschnitte erklären konnte. Danach hatte ich mich mehrmals bei ihr gemeldet, damit wir den Besuch planen konnten, aber sie hatte nie zurückgerufen. Ich hinterließ Nachrichten, bedrängte sie aber nicht. Sie braucht ein wenig Spielraum, um sich vorzubereiten , dachte ich. Sie wird sich schon melden, wenn sie so weit ist . Als ich von Clover nach Hause kam, rief ich wieder an und sagte: »Ich hab dir etwas mitgebracht – du wirst nicht glauben, was da unten passiert ist.« Aber auch dieses Mal rief sie nicht zurück.

    Am 21. Mai 2009, nachdem ich schon viele Nachrichten hinterlassen hatte, rief ich wieder einmal an. Ihre Mailbox war voll. Also wählte ich Sonnys Nummer und sagte etwas, das ich ihm im Laufe der Jahre schon viele Male gesagt hatte: »Würdest du bitte deiner Schwester ausrichten, sie soll mich nicht so hängen lassen, sondern zurückrufen? Ich muss wirklich mit ihr

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