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Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks

Titel: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Skloot
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79, betrieb immer noch seine Forschungen und bildete junge Wissenschaftler aus. Er konnte sich nicht erinnern, woher er das Foto hatte, vermutete aber, Henriettas Angehörige müssten es Howard Jones oder einem anderen Arzt am Hopkins überlassen haben. McKusick wusste noch, dass er die Familie Lacks erforscht hatte, aber an das Zusammentreffen mit Deborah und daran, dass er ihr sein Buch geschenkt hatte, konnte er sich nicht erinnern. Nach seinen Angaben hatte er nie unmittelbaren Kontakt mit der Familie. Den hatte er Hsu überlassen.
    Als ich mit Susan Hsu sprach, die heute die Abteilung für medizinische Genetik des Amerikanischen Roten Kreuzes leitet, erzählte sie mir, die Arbeiten mit McKusick an den HeLa-Zellen seien ein Höhepunkt ihrer Karriere gewesen. »Ich bin sehr stolz darauf«, erklärte sie. »Wahrscheinlich werde ich diese Artikel kopieren und meinen Kindern erzählen, wie wichtig sie sind.« Als ich ihr aber erklärte, dass die Familie Lacks geglaubt habe, sie würde auf Krebs untersucht, und dass sie außerdem sehr verärgert sei, weil Wissenschaftler die Zellen ohne ihr Wissen verwendeten, war sie schockiert.

    »Das tut mir sehr leid«, sagte sie. »Man hätte es ihnen sagen müssen. Wissen Sie, damals haben wir nie gedacht, dass sie es nicht verstehen.«
    Außerdem gab sie mir eine Nachricht mit auf den Weg, die ich der Familie Lacks überbringen sollte, wenn ich das nächste Mal mit ihr sprach: »Sagen Sie ihnen einfach, dass ich wirklich dankbar bin«, sagte sie. »Sie sollten stolz auf ihre Mutter oder ihre Ehefrau sein – ich denke, wenn sie verärgert sind, ist ihnen vermutlich nicht klar, wie berühmt die Zellen heute auf der ganzen Welt sind. Was geschehen ist, ist unangenehm, aber sie sollten dennoch stolz sein. Solange es die medizinische Wissenschaft gibt, wird ihre Mutter niemals sterben, und sie wird immer eine Berühmtheit sein.«
    Gegen Ende unseres Gesprächs erwähnte Hsu, heute könne man viel mehr Erkenntnisse gewinnen, wenn man das Blut der Familie untersuchen würde, weil die DNA-Technik seit den Siebzigerjahren große Fortschritte gemacht habe. Dann bat sie mich, der Familie Lacks noch etwas von ihr auszurichten: »Wenn sie dazu bereit sind, würde es mir nichts ausmachen, noch einmal zu ihnen zu fahren und ihnen Blut abzunehmen.«

24
    »Das wäre das Mindeste«
    I n der Familie Lacks wusste man nichts von dem HeLa-Kontaminationsproblem, das McKusick und Hsu zu ihnen geführt hatte, aber eines Tages stand Michael Rogers bei ihnen vor dem Haus, ein junger Reporter mit langen Haaren und flippiger Kleidung, der für die Zeitschrift Rolling Stone arbeitete.
    Rogers war so etwas wie ein Wunderkind unter den Journalisten. Mit 19 hatte er ein Examen in Schriftstellerei und Physik abgelegt, und gleich im Anschluss hatte die Zeitschrift Esquire seinen ersten Artikel abgedruckt. Als er sich kurz nach seinem 20. Geburtstag mit der Geschichte der HeLa-Zellen beschäftigte, waren bereits zwei Bücher von ihm auf dem Markt, und er gehörte zum festen Autorenstamm vom Rolling Stone . Später wurde er Redakteur erst bei Newsweek und dann bei der Washington Post .
    Von den HeLa-Zellen erfuhr Rogers zum ersten Mal durch den Schriftzug »Helen Lane lebt!«, der auf der Toilette der medizinischen Fakultät über einem Urinal stand. Dann las er Zeitungsberichte über die HeLa-Zellen und das Verunreinigungsproblem. Dabei wurde ihm klar, dass das Thema eine großartige Story für den Rolling Stone abgeben würde – war es doch eine ideale Mischung aus Wissenschaft und »Geschichten, die das Leben schrieb«. Also machte sich Rogers auf die Suche nach der rätselhaften Helen Lane.
    Unter anderem rief er bei Margaret Gey an. Sie war so lange aufgeschlossen und redselig, bis Rogers sich nach Helen Lane erkundigte. Dann erklärte sie plötzlich, sie sollten sich lieber doch nicht treffen, und legte auf. Am Ende fand Rogers den
Weg zu Walter Nelson-Rees, und der erwähnte ganz nebenbei, dass die Frau hinter den Zellen in Wirklichkeit Henrietta Lacks hieß. Und als Rogers wenig später in Baltimore mit dem Blick auf die B-R-O-M-O-S-E-L-T-Z-E-R-Uhr auf seinem Hotelbett saß, fand er auch Lawrence Lacks im Telefonbuch. Es war im Winter 1975. Die Straßen waren vereist, und auf dem Weg zu Lawrences Haus stieß Rogers’ Taxi mitten auf einer Kreuzung mit einem anderen Auto zusammen. Das Taxi rotierte fünf- oder sechsmal um die eigene Achse, als hätte eine riesige Hand nach ihm gegriffen und

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