Die Unvergänglichen: Thriller (German Edition)
Xander.
»Aber Sie wurden nicht auserwählt«, fuhr ihn Carly an. »Sie waren nicht gut genug.
Sie
haben Sie nicht ausgewählt, sondern wir.«
»Das ist nicht ganz korrekt«, mischte sich Karl ein. »Andreas’ Gesundheitszustand ist schlechter, als wir normalerweise voraussetzen.«
»Die Therapie könnte ihn umbringen«, sagte Richard zu niemandem im Speziellen und dachte dabei an seine Tochter, die in Seegers Wohnmobil um ihr Leben kämpfte.
»Das ist gut möglich«, bestätigte Karl. »Sogar sehr wahrscheinlich.«
»Ich habe immer geglaubt, dass Menschen verrückt werden, wenn sie ewig leben«, meinte Carly. »Aber ich habe mich geirrt. Sie waren es vorher schon.«
Richard lachte auf.
»Halten Sie das für witzig?«, fuhr ihn Xander an, der offensichtlich erwartet hatte, dass sie kriecherisch und verängstigt vor ihm stehen würden.
»Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so einen Blödsinn gehört«, gestand Richard. »Erzählen Sie mir doch nicht diesen Mist über den Aufbau der Gesellschaft. Ihnen ist es doch scheißegal, wer was leistet – alles, was Sie wollen, ist, die nächsten fünfhundert Jahre Reichtum und Macht anzuhäufen. Wenn ich die Wahl hätte, dann wären Sie diejenigen, die ausgeschlossen wären. Ich hätte lieber zehn arme Mütter dabei als einen von Ihnen.«
»Dann haben wir ja Glück, dass Sie das nicht zu entscheiden haben, was?«, erwiderte Karl.
Xander hatte offenbar genug gehört und drückte einen Knopf auf der Armlehne seines Rollstuhls. Ein leises Summen war hinter der geschlossenen Tür zu hören. »Sie hätten sich nicht gegen mich stellen sollen, Richard. Sie haben gerade nicht nur Ihr eigenes Todesurteil unterschrieben, sondern auch das Ihrer Frau und Ihrer Tochter.«
»Netter Versuch, Andreas, aber ich bin nicht dumm. Wir wären so oder so gestorben.«
Die Tür hinter ihnen wurde geöffnet, und der Wachmann trat ein und hielt seine Waffe bereits in der Hand.
Xander deutete auf die Dramans. »Beseitigen Sie sie.«
67
In der Nähe von Madison, Wisconsin
27. Mai
Es war warm und windstill, als Burt Seeger mit dem zusammenklappbaren Rollstuhl in der Hand die Stufen des Wohnmobils hinunterging. Er stellte ihn neben einem Picknicktisch auf und machte hin und wieder eine Pause, um die Aktivitäten auf den angrenzenden Stellplätzen zu beobachten.
Er hatte so weit in der Mitte des Campingplatzes geparkt, wie er nur konnte, damit kein Überfallkommando an sie herankam, ohne dass nicht wenigstens ein paar ihrer neuen Nachbarn Wind davon bekamen, die ohnehin den Großteil der Nacht wach waren und sich betranken.
Susie lag noch im Wohnmobil auf dem Bett, zugedeckt mit zwei Schlafsäcken. Die von ihm improvisierte Infusion war erfolgreich gewesen, und inzwischen wachte sie mehrmals am Tag auf, wobei sie jedes Mal Hunger hatte und fror. Er kochte ihr ihr Lieblingsessen, Makkaroni und Käse, und schaffte es meist, ihr einige Löffel davon einzuverleiben, bevor sie wieder das Bewusstsein verlor. Sie schien ihn nicht mehr zu erkennen. Vielleicht war ihr Gehirn durch das, was er ihr gegeben hatte, zu stark beschädigt worden. Möglicherweise hatte er ihre Persönlichkeit dadurch zerstört.
Seeger stieg die Stufen wieder hinauf und zog die Schlafsäcke von ihrem Körper, nur um ihr sogleich einen Parka und eine Mütze über den Jogginganzug aus Fleece zu ziehen, der sie nicht warmhalten konnte. Sie schien so gut wie nichts zu wiegen, als er sie nach unten trug und vorsichtig in den Rollstuhl setzte. Die Sonne vertrieb die letzten Wolken am Horizont, und er schob sie einen Weg entlang, der in das Grasland führte, das den Campingplatz umgab. Er wusste, dass sie eigentlich im Bett bleiben sollte, aber er konnte es nicht ertragen, sie den ganzen Tag in dem muffigen alten Wagen zu lassen.
Als er hinter sich ein Geräusch hörte, wirbelte er herum und wollte schon nach seiner Waffe greifen, als er erkannte, dass es sich nur um ein junges, joggendes Paar handelte.
»Entschuldigung! Wir wollten Sie nicht erschrecken«, sagte die junge Frau, deren Lächeln traurig wurde, als sie auf Susie herabblickte.
Er beobachtete sie, während sie weiterliefen, und fluchte innerlich. Erst nach einigen Metern hatte er überhaupt bemerkt, dass sich das Paar hinter ihm aufhielt. Je älter er wurde, desto weniger hörte er und desto leichter verlor er sich in seinen Gedanken. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihn sein Glück verließ. Eines Tages würden sie ihn finden, und es würde vorbei
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